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Jan Fabel 01 - Blutadler

Titel: Jan Fabel 01 - Blutadler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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Rumpf des Bootes berührten, während sein endloser Körper sich unter ihnen vorbeischlängelte.
    MacSwain stellte die Lichter aus. »Ist es nicht herrlich?«, fragte er und deutete mit seinem Champagnerglas auf das ferne Ufer. In jeder anderen Situation wäre Anna fasziniert gewesen. Hamburg glitzerte in der Nacht, und die Elbe spiegelte die Schönheit der Stadt enthusiastisch wider.
    »Wunderbar«, sagte Anna. »Ich bin froh, dass wir rausgefahren sind.«
    »Ich liebe diese Stadt«, erklärte MacSwain. »Hierher gehöre ich. Hier möchte ich immer bleiben.«
    »Aber hast du nicht gesagt, dass du Brite bist? Dann vermisst du doch bestimmt ...« - sie versuchte, sich etwas Britisches einfallen zu lassen - »... den Regen?«
    Anna lachte, und MacSwain schloss sich ihr an. »Keine Sorge, Hamburg hat mehr als genug Regen zu bieten, um jedes Heimweh nach einem feuchten Klima zu beseitigen. Nein, ich vermisse nichts aus Großbritannien. Manchmal habe ich das Gefühl, hier im östlichsten Londoner Vorort zu leben. Es gibt auf der Welt keine andere Stadt wie Hamburg. Ich würde es um keinen Preis verlassen.«
    Anna hob die Schultern. »Für mich hat es nichts Besonderes an sich.«
    MacSwains Züge wurden lebhaft. »Das verstehe ich nicht. Du hast nur ein Leben. Unsere Zeit ist so kostbar, dass wir sie nicht verschwenden dürfen. Warum bleibst du an einem Ort, der dir gleichgültig ist?«
    »Wahrscheinlich aus Trägheit. Es kostet weniger Mühe, sich nicht von der Stelle zu bewegen. Vielleicht bringe ich nicht genug Energie auf, um die Fluchtgeschwindigkeit zu erreichen.« 
    »Also, ich freue mich darüber, Sara. Sonst wären wir nicht hier.«
    Er setzte sich neben sie. »Nichts wäre mir lieber, als dir deine Stadt zu zeigen - mit den Augen eines Außenseiters. Bestimmt könnte ich deine Einstellung ändern. Und dann hätte ich eine Chance, dich besser kennen zu lernen.«
    Er rückte näher. Anna roch den Anflug eines teuren Rasierwassers. Sie schaute in die funkelnden grünen Augen und musterte die perfekt geformten Gesichtszüge. Plötzlich hatte sie starke Zweifel daran, dass er etwas mit den Morden oder auch nur mit der Betäubung der Mädchen für rituellen Sex zu tun hatte. MacSwain war von klassischer Gestalt. Seine Kleidung konnte die perfekten Proportionen und die Muskeln seines Körpers nicht verbergen. Er war weltgewandt, intelligent und selbstbewusst. Alles an MacSwain hätte Anna erregen müssen. Aber als er den Mund über ihre Lippen legte, musste sie die Übelkeit in ihrer Brust überwinden.
    Die fünfzehn Meter lange, auf der Bartheiswerft gebaute WS-25 war das neueste, aber nicht das schnellste Streifenboot der Hamburger Wasserschutzpolizei. Kommissar Franz Kassel hatte befohlen, alle Lichter auszuschalten, womit er gegen jene Hafenvorschriften verstieß, die er täglich durchzusetzen hatte. Er hob seinen Feldstecher und betrachtete MacSwains Motorboot, während es vom Kai ablegte. Es war ein Chriscraft 308. Ideal für Kreuzfahrten und, wenn der Besitzer das Weite suchen wollte, viel schneller als die zwölf Seemeilen oder zweiundzwanzig Kilometer pro Stunde Spitzengeschwindigkeit der WS-25. Doch das Boot war nicht schneller als Funk- oder Radarwellen. Wenn es davonraste, konnte Kassel bis nach Cuxhaven Hilfe von jedem der WSP-Kommissariate am Fluss anfordern. Aber er wusste, dass eine Polizeibeamtin an Bord des Motorboots war. Und aus den Funkmitteilungen von Oberkommissarin Klee ließ sich schließen, dass bei einem Hilferuf schon Sekunden den Unterschied zwischen Leben und Tod bedeuten konnten.
    Kassel war eine fast gespenstische Erscheinung: unglaublich dünn und groß, mit rötlichem Haar und Sommersprossen, die nach zwanzig Jahren in der brackigen Hafenluft, in Sonne und Gischt miteinander verschmolzen waren. »So ein Lümmel«, murmelte er und streckte die Hand nach dem Funkgerät aus.
    Anna löste sich von MacSwain und stieß ihn mit dem Handballen energisch genug zurück, um keinen Zweifel an ihrer Absicht zu lassen. Während ihre Gesichter sich voneinander trennten, achtete Anna jedoch darauf, dass sie lächelte.
    »Was ist los, Sara?« MacSwains Stimme deutete ein Mitgefühl an, das sich in den kalten grünen Augen nicht widerspiegelte.
    »Nichts«, erwiderte Anna. Dann fuhr sie ein wenig kokett fort: »Ich möchte einfach nichts übereilen. Ich kenne dich ja kaum. Nein, ich kenne dich überhaupt nicht.«
    »Na und?« Er wollte sie erneut küssen, aber Anna wich zurück. Diesmal drückte sie ihm

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