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Jan Fabel 01 - Blutadler

Titel: Jan Fabel 01 - Blutadler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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erwähnt. Wir hatten auch den Verdacht, dass ein gut platzierter Polizei- oder Sicherheitsbeamter das organisierte Verbrechertum in Kiew lenkte, aber Witrenko wurde damit nie direkt in Verbindung gebracht. Dann, vor ungefähr drei Jahren, tauchte er unter. Danach verschwanden zwölf seiner früheren Untergebenen von der Bildfläche. Besser gesagt, sie desertierten von ihren Militärposten in Russland, Belorussland und der Ukraine.«
    Fabel lachte bitter. »Und dann sind sie nach Hamburg gezogen, wo sich eine reichere Ernte einbringen lässt. Das also sind die Leute, die unser BND als ›Top-Team‹ bezeichnet.«
    Der Ukrainer zuckte die Achseln. »Wie er auch heißen mag, Witrenkos Verband hat systematisch die Kontrolle über die wichtigsten Unterweltaktivitäten in Ihrer Stadt übernommen. Für diese Männer ist Ihr kostbares Hamburg nichts anderes als Afghanistan oder Tschetschenien oder ein sonstiger Kriegsschauplatz. Es ist einfach nur eine weitere Landschaft. Die Loyalität untereinander und ihrem Anführer gegenüber, ihr voller Einsatz zum Erreichen ihres Zieles - nichts anderes spielt für sie eine Rolle.«
    »Aber Witrenko ist wahnsinnig«, protestierte Fabel und wurde sich der Schwäche seiner eigenen Worte bewusst. 
    »Das ist zweitrangig. Auch ich halte ihn für wahnsinnig. Für einen Psychopathen. Aber sein Wahnsinn ist zu seiner größten Stärke geworden. Er ist so frei von moralischen Hemmungen, dass er alle, die er unterjochen will, dem Terror aussetzt. Gleichzeitig hypnotisiert er diejenigen, die ihm als Instrumente dienen sollen.«
    »Iwan der Schreckliche«, murmelte Fabel.
    »Bitte?«
    »Nur etwas, das ich vor kurzem von jemandem gehört habe«, sagte Fabel. »Warum erzählen Sie mir das alles?«
    Die grünen Augen schienen trüber zu werden und ließen so etwas wie Trauer erkennen. Die blonde Frau wusste einen stummen Befehl des Ukrainers erneut zu deuten und reichte ihm einen Ordner vom Schreibtisch. Er holte ein weiteres Foto hervor und gab es Fabel. Es war das Militärfoto eines Mannes zwischen vierzig und fünfzig Jahren. Der Ukrainer lachte leise über Fabels Verwirrung, als der das Bild musterte. Das Gesicht auf dem Foto hatte genau die gleichen Züge und die gleichen grünen Augen wie der alte Mann, doch der Kiefer war breiter und kräftiger, und dichtes semmelblondes Haar fiel in die ausladende Stirn des Soldaten. Einen Moment lang überlegte Fabel, ob es ein Bild des Ukrainers in jüngeren Jahren war, aber trotz aller Ähnlichkeit gab es grundlegende Unterschiede zwischen den Gesichtern. Innerhalb von ein, zwei Sekunden machte Fabel größere Fortschritte als im Lauf der gesamten Ermittlung. Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und betrachtete den alten Mann mitfühlend.
    »Sie heißen Witrenko?« Der Slawe nickte. Fabel musterte das Gesicht auf dem Foto noch einmal. »Ihr Bruder?«
    Der Mann schüttelte den Kopf, als wäre er aus Blei. »Mein Sohn. Ich bin Wassyl Witrenkos Vater.«
     

 
    Niederhafen, Hamburg,
    Freitag, den 20. Juni, 22.00 Uhr
      Die Schiebetür des Mercedes-Lieferwagens, der als Befehlszentrale diente, war geöffnet worden, da man jetzt nicht befürchten musste, von MacSwain entdeckt zu werden. Die MEK-Männer waren ausgestiegen und rauchten. Im Innern herrschte weiterhin eine elektrisierte Atmosphäre. Alle lauschten dem Gespräch, das in dem verdunkelten Boot irgendwo auf dem schwarzen Wasser geführt wurde. Annas Stimme klang gelöst und selbstsicher. Paul Lindemann legte die Hände auf die Knie, fuhr mit den Handballen über den Hosenstoff und atmete langsam durch, bevor er sich entschlossen aufrichtete.
    »Sag der Wasserschutzpolizei, sie soll abwarten. Wenn Anna Hilfe gewollt hätte, hätte sie uns das Signal gegeben.«
    Maria hob das Mikrofon, schaltete es jedoch nicht ein. »Bist du sicher, Paul?«
    »Sag ihnen, sie sollen abwarten. Aber sie müssen in Sichtweite bleiben, auch wenn das Risiko besteht, dass er aufmerksam wird. Anna darf nicht außer Reichweite gelangen.«
    »Ich finde, du hast Recht, Paul. Das Boot war eine üble Überraschung, aber nun haben wir die Wasserschutzpolizei dort draußen und sitzen wieder am längeren Hebel.« Maria überlegte. »Wenn du willst, können wir selbst auf den Fluss hinausfahren.«
    Paul schüttelte den Kopf. »Nein. Sie werden irgendwann wieder an Land kommen. Und er wird bestimmt zu seiner Anlegestelle zurückkehren. Sobald er wieder hier ist, möchte ich ihm auf die Pelle rücken.«
    MacSwain drückte auf

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