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Jan Fabel 02 - Wolfsfährte

Jan Fabel 02 - Wolfsfährte

Titel: Jan Fabel 02 - Wolfsfährte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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Also, es fällt mir einfach schwer, mich mit Pauls Tod abzufinden. Fabel hat dir wahrscheinlich davon erzählt?«
    Henk nickte.
    »Schön, ich weiß, dass wir jemanden benötigen, der seinen Platz einnimmt. Oder, besser gesagt, ihn nicht ganz einnimmt. Verstehst du?«
    »Ja, sehr gut«, sagte Henk. »Aber das ist, um ehrlich zu sein, nicht mein Problem. Mit dieser Vorgeschichte habe ich nichts zu tun. Du musst akzeptieren, dass ich ins Team gekommen bin und mein Bestes geben will. Ich habe Paul Lindemann nicht gekannt und war an der damaligen Fahndung nicht beteiligt.«
    Anna nahm einen weiteren Schluck von ihrem Drink und rümpfte die Nase, als ihr die Flüssigkeit durch die Kehle rann. »Nein. Du irrst dich. Du hast etwas mit der Vorgeschichte zu tun. Wenn du zum Team gehörst, bist du auch ein Teil seiner Geschichte. In der Nacht dort draußen im Alten Land haben wir uns alle verändert. Ich, Maria – Gott weiß, wie sehr sich Maria verändert hat –, sogar Werner und Fabel. Und wir haben einen unserer Kollegen verloren. Damit schlagen wir uns immer noch herum.«
    »Okay.« Henk beugte sich vor und stützte die Ellbogen auf den Tisch. »Erzähl mir davon.«

39.
    Hamburg-Eppendorf, Mittwoch, den 14. April, 21.30 Uhr
    Fabel brauchte Heinz Schnaubers Wohnung nicht lange zu suchen. Er kannte Eppendorf sehr gut, denn das Institut für Rechtsmedizin, das er so häufig aufsuchte, befand sich im dortigen Universitätsklinikum. Schnaubers Wohnung lag in einem der eleganten, im neunzehnten Jahrhundert gebauten Häuser an der noblen Eppendorfer Landstraße.
    Schnauber erwartete ihn, doch als er die Tür öffnete, hielt Fabel ihm trotzdem seine ovale Kripo-Dienstmarke und seinen Ausweis hin. Der Mann war Mitte fünfzig, nicht allzu groß und schlank, ohne schmächtig zu wirken. Er führte Fabel in einen stilvollen Salon. Das Mobiliar entsprach der Epoche, aus der das Gebäude stammte, war jedoch weitaus bequemer als das in Vera Schillers Villa in Hausbruch.
    Fabel wusste nie so recht, wie er auf schwule Männer reagieren sollte. Er betrachtete sich als weltgewandt, modern und rational, und er hatte nichts gegen Schwule, doch seine protestantische friesische Erziehung ließ ihn in ihrer Gesellschaftunsicher und verlegen werden. Er war zutiefst verärgert über seinen eigenen Provinzialismus, besonders als er sich seiner milden Überraschung darüber bewusst wurde, dass Schnauber eine sehr maskuline Sprechweise und ein ebensolches Verhalten an den Tag legte. Allerdings übersah Fabel den intensiven Schmerz in Schnaubers Augen nicht, wenn er sich über Laura von Klosterstadt äußerte. Ob Schnauber schwul war oder nicht, jedenfalls hatte er Laura geliebt. Es musste eine geradezu väterliche Liebe gewesen sein.
    »Sie war meine Prinzessin«, erklärte Schnauber. »So nannte ich sie: ›meine kleine zerbrochene Prinzessin‹. Ich kann wirklich sagen, dass sie wie eine Tochter für mich war.«
    »Wieso ›zerbrochen‹?«
    Schnauber lächelte bitter. »Ich bin sicher, dass Sie auf alle möglichen gestörten Familien stoßen, Herr Kriminalhauptkommissar. Bei Ihrer Arbeit, meine ich. Eltern, die Junkies sind, kriminelle Kinder, Missbrauch und so weiter. Aber es gibt Familien, in denen man sich darauf versteht, die Probleme zu vertuschen. Ihre Leichen bleiben für immer im Keller. Na ja, wenn man so viel Geld und Einfluss hat wie die von Klosterstadts, kann man sich einen großen Keller leisten.«
    Schnauber setzte sich auf das Sofa und lud Fabel mit einer Geste ein, auf einem großen Ledersessel mit hoher Rückenlehne Platz zu nehmen.
    »Ich wollte Sie nach der Party fragen«, sagte Fabel. »Nach Laura von Klosterstadts Geburtstagsparty, meine ich. Ist es dort zu irgendwelchen außergewöhnlichen Vorfällen gekommen? Gab es beispielsweise ungebetene Gäste?«
    Schnauber lachte. »Es gibt keine ungebetenen Gäste auf einem meiner Events, Herr Fabel.« Er betonte das gibt . »Nein, soweit ich weiß, hat sich nichts Ungewöhnliches oder Unangenehmes ereignet. Zwischen Laura und ihrer Mutter herrschte die übliche eisige Distanz. Und Hubert war wie immer ein hochnäsiger kleiner Drecksack. Aber davon abgesehen verliefdie Party traumhaft. Auch ein paar Amerikaner waren gekommen, von einem exklusiven Segelbekleidungs-Hersteller aus New England. Sie wollten Laura als ›ihr Gesicht‹ unter Vertrag nehmen. Die Amis lieben ihr aristokratisches, europäisches Aussehen.« Seine Miene umwölkte sich noch mehr. »Arme Laura. Jede

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