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Jan Fabel 04 - Carneval

Titel: Jan Fabel 04 - Carneval Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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Lichtpfützen auf die Steinplatten am Boden.
    »Atemberaubend, nicht wahr?«, fragte Wagner. »Wusstest du, dass der Kölner Dom bis Ende des neunzehnten Jahrhunderts das höchste Bauwerk der Welt war? Dann wurde er vom Eiffelturm abgelöst. Oder vielleicht vom Washington Monument.«
    Fabel nickte. »So viel Stein. Kein Wunder, dass der Bau dreihundert Jahre dauerte.«
    »Dies ist nicht bloß ein Ort der Andacht, sondern eine physische Aussage. Der große Gott und wir kleinen Wichte.«
    »Daraus schließe ich, dass du trotz deiner katholischen Erziehung nicht allzu religiös bist. Stimmt’s, Ulrich?«
    »Für jemanden, der das Witrenko-Dossier gelesen hat, ist es ziemlich leicht, weniger an Gott als an den Teufel zu glauben.«
    »Ich würde mir die Akte gern ansehen. Ist das möglich?«
    Ein Domführer im Mönchshabit ging vorbei. An seinen Gürtel waren eine Geldkassette und ein Broschürenspender geschnallt. Der Mann blieb stehen und forderte einen amerikanischen Touristen auf, seine Baseballmütze abzusetzen.
    »Dies ist immer noch ein Gotteshaus«, sagte er auf Englisch.
    »Der Zugang zur Akte ist strikt beschränkt«, sagte Wagner, nachdem der Amerikaner und der Domführer außer Hörweite waren. »Du musst einen Antrag stellen, wenn du auch nur einen Blick darauf werfen willst. Aber ich werde mich darum kümmern, Jan. Wenn du dich mit der Sache beschäftigen willst, dann allerdings bitte nur beruflich. Es reicht schon, dass eine außer Kontrolle geratene Hamburger Polizistin unsere Pläne durchkreuzt.«
    »In Ordnung. Hast du die Nachforschungen angestellt, um die ich dich gebeten hatte?«
    Wagners Miene deutete darauf hin, dass es keine leichte Aufgabe gewesen war. »Hotel Linden, nicht weit vom Konrad-Adenauer-Ufer. Sie hat sich vor drei Wochen dort angemeldet. Am 19. Januar. Blieb eine Woche und zog am 26. aus. Du weißt, dass diese Information aus nicht völlig legalen Quellen stammt?«
    »Du würdest einen guten Spion abgeben, Ulrich.« Fabel erinnerte sich daran, dass das Linden auf der Hotelliste stand, die Anna und er in Marias Wohnung gefunden hatten. »Könnte ich mir die Akte heute Abend vornehmen?«
    »Heute Abend?« Wagner schürzte die Lippen. »Ich werde tun, was ich kann. Eigentlich sollten alle Ausdrucke im Büro bleiben … Ich komme gegen acht zu dir ins Hotel.«
    »Danke. Das weiß ich wirklich zu schätzen.«
    »Keine Ursache, Jan. Aber vergiss nicht, was wir abgesprochen haben.«
    »Da kannst du sicher sein«, sagte Fabel. »Bis heute Abend.«
    Er sah hinter Wagner her, der zum Westportal der Kathedrale schritt, vorbei an dem mexikanischen Touristen, der sich immer noch Notizen machte und die Glasmalerei mit dem unerklärlichen Nashorn beäugte.
    4.

    Olga Sarapenko telefonierte per Handy mit Buslenko, während Maria unverwandt auf den Monitor starrte. Sie konzentrierte sich auf das undeutliche, körnige Bild der Haustür von Molokows Villa und wartete darauf, dass Witrenko wieder herauskam.
    »Taras sagt, wir sollen hierbleiben.« Olga hatte das Telefonat beendet. »Er fährt rüber nach Lindenthal und wird wenigstens zwanzig Minuten brauchen, bis er in Position ist. Wenn Witrenko nicht vor seinem Eintreffen verschwindet, wird Taras dem Lexus folgen.«
    »Allein. Taras geht das gleiche Risiko ein wie ich.«
    »Taras weiß, was er tut.« Olga machte eine entschuldigende Geste. »Tut mir leid. Ich verstehe dich. Aber er hat eine Spezialausbildung.«
    »Die Leute, die er verfolgt, haben auch eine.« Maria ließ den Bildschirm nicht aus den Augen.
    Olga zog einen Stuhl neben Maria, und beide beobachteten den Monitor, auf dem sich weiter nichts tat. Es gab zwei Wächter. Einen an der Tür, der andere patrouillierte im Innern. Eine Ewigkeit schien zu vergehen, bis Olgas Handy klingelte. Der Austausch war kurz.
    »Er ist in Position. Wir müssen ihn wissen lassen, in welche Richtung der Lexus abbiegt, wenn er durch das Tor kommt.«
    5.

    Fabel ging auf dem Rückweg zu seinem Hotel etwas essen. Er setzte sich an einen Ecktisch in einer Café-Bar. Sie lag im Parterre einer alten Brauerei unweit vom Dom. Fabel trank das traditionelle Kölsch, das in kleinen, schmalen Gläsern – Stange genannt – serviert wurde. Man brachte ihm unaufgefordert ein neues Glas, sobald er eines geleert hatte. Ihm fiel ein, dass es ein Kölner Brauch war, einen Gast unablässig mit neuem Kölsch zu versorgen, solange er nicht den Bierdeckel auf sein Glas legte. In seiner jetzigen Stimmung fand Fabel das Arrangement

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