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Jan Fabel 04 - Carneval

Titel: Jan Fabel 04 - Carneval Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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versuchte, weniger aggressiv als Scholz zu klingen. »Es geht nicht um Sie oder um das, womit Sie Ihren Lebensunterhalt verdienen. Wir glauben, dass der Mann gefährlich ist.«
    »Das brauchen Sie mir nicht zu sagen.« Ihre Miene war immer noch hart und abweisend. »Alle hielten es für einen großen Witz. Dass ich in den sraka – ich habe das deutsche Wort vergessen – gebissen wurde …«
    »Den Arsch«, half Scholz aus.
    »Ja, wirklich zum Lachen. Ich habe einen großen Arsch, und er beißt rein. Sehr komisch. Aber er ist ein böser Mann. Ein gefährlicher Mann. Ich musste die Wunde nähen lassen. Er war wie ein Tier, nicht wie ein Mensch. Danach war sein Gesicht voller Blut.«
    »Eins nach dem anderen, Mila«, bat Fabel. »Beschreiben Sie den Mann bitte.«
    »Er war dreißig bis fünfunddreißig Jahre alt und etwas unter zwei Meter groß. Mittlerer Körperbau … Fit, als ob er oft trainiert. Dunkles Haar, blaue Augen. Er sah gut aus. Nicht der übliche Kunde.«
    »Was für eine Person war er? Ich meine reich, arm, gebildet oder nicht?«
    »Er war bestimmt gebildet und hatte Geld. Nach seiner Kleidung zu schließen.«
    »Er zahlte bar?«, fragte Scholz.
    »Ja. Und er hat mir ein bisschen mehr gegeben. Ich wusste von der Agentur, dass er spezielle Bedürfnisse hatte.«
    »Dass er gern zubiss?«
    »Dass er einen großen Hintern mochte. Wie meinen.«
    »Was ist passiert? Ich meine, im Hotel.«
    »Wir sind in sein Zimmer raufgegangen, und er wollte, dass ich mich ausziehe. Dann fing er an, meinen Hintern zu berühren.« Mila sprach ohne die geringste Spur von Verlegenheit, als würde sie ein alltägliches Ereignis beschreiben. »Danach hat er sich auch ausgezogen, und ich dachte, wir würden normalen Sex haben. Aber er hat mich aufs Bett gestoßen, sehr grob. Ich habe Angst gekriegt, aber er war ganz ruhig und hat mich gefragt, ob er mir in den Hintern beißen darf. Ich dachte natürlich nicht, dass er richtig zubeißen wollte. Aber dann hat er mich angegriffen wie ein Tier. Und er hat mich kräftig gebissen. Ich bin sicher, dass er ein Stück herausreißen wollte …«
    Die beiden Beamten tauschten einen Blick aus. »Erzählen Sie weiter, Mila«, forderte Fabel sie auf.
    »Ich fing an zu schreien, und er hat aufgehört, aber nur, um mich zu schlagen. Ich habe ihn weggestoßen und noch mehr geschrien. Er hatte die Tür abgeschlossen, aber ich konnte sie öffnen und bin durch den Korridor gerannt. Dann kamen das polnische Mädchen und andere vom Hotelpersonal, um mir zu helfen. Als wir ins Zimmer zurückgingen, war er schon weg.«
    »Warum haben Sie der Polizei nichts von alledem gesagt, als sie zum Hotel gerufen wurde?« fragte Fabel.
    »Der Geschäftsführer hat gesagt, dass er keinen Ärger will. Und die Agentur hat auch angerufen und mir befohlen, nichts zu sagen. Sie wollten nicht, dass Sie – ich meine, die Polizisten – ihnen Schwierigkeiten machen.«
    »Und deshalb haben Sie sich darauf eingelassen«, ergänzte Scholz.
    »Ich hatte keine Wahl. Aber ich wollte es nicht.« Mila schaute aus dem Fenster über den Rhein zum Kölner Dom, der sich dunkel vor dem Himmel abzeichnete. Als sie sich den Polizisten wieder zuwandte, war ihr Gesicht noch ernster geworden. »Alle dachten, es war eine Kleinigkeit. Dass er sich bloß – wie sagt man das? – ein bisschen hinreißen ließ. Aber keiner hatte ihn gesehen. Seine Augen und sein Gesicht nach dem Biss. Er war kein Mensch mehr, sondern etwas anderes … Ich weiß nicht, wie es auf Deutsch heißt. Wir nennen solche Tiere auf Ukrainisch wowkulaka . Das ist … ein Mann, der zum Wolf wird.«
    »Ein Werwolf«, sagte Fabel und sah Scholz an.
    3.

    Ansgar wusste, wo sie arbeitete, denn er war ihr am Montag vom Großhandel aus gefolgt. Er hatte auf dem Parkplatz in seinem Auto gesessen und auf sie gewartet. Dabei war er nicht von einem Plan geleitet, sondern von reinem Instinkt auf einen ziellosen Kurs gebracht worden. Vielleicht konnte er wirklich eine normale Beziehung zu Jekaterina haben. Vielleicht konnte er die Ordnung in seinem Alltagsleben aufrechterhalten, wenn er sich daneben ein kleines bisschen Chaos gestattete. Schließlich hatte er das alles schon einmal mit dieser Frau gemacht. Es schien ein Omen zu sein, dass er ihr nach so langer Zeit zufällig begegnet war. Offensichtlich arbeitete sie in einem Restaurant oder Hotel. Ihm war nie der Gedanke gekommen, dass er erneut auf die Frau treffen würde, weil sie in derselben Branche wie er arbeitete. Ansgar hatte

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