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Jan Fabel 04 - Carneval

Titel: Jan Fabel 04 - Carneval Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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zudem geweigert, irgendwelche Fragen zu beantworten, und nur das Wort ergriffen, um sich über seine ungerechtfertigte Festnahme zu beschweren.
    »Ich brauche kein Hellseher zu sein, um zu wissen, dass uns gleich eine Menge Scheiße um die Ohren fliegen wird«, sagte Scholz nach dem Ende des Verhörs. »Er hat schon mit seinem Anwalt Kontakt aufgenommen, und wir dürfen wetten, dass der als Erstes beim Generalstaatsanwalt und beim Polizeipräsidenten angerufen hat. Wir müssen ihn schnell festnageln.«
    »Du bist also überzeugt, dass er unser Mann ist? Obwohl du ihn persönlich kennst?«
    Scholz schnaubte. »Besonders, weil ich ihn persönlich kenne.«
    »Du kannst ihn nicht leiden?«
    »Oliver Lüdeke sieht gut aus, ist charmant, reich, offensichtlich hochintelligent, hat einen gut bezahlten, respektierten Beruf und wird regelmäßig in Gesellschaft schöner Frauen gesehen. Natürlich hasse ich den Arsch. Aber daneben gibt es eine Menge anderer Gründe, warum ich Herrn Dr. Lüdeke noch nie ausstehen konnte. Er ist ein arroganter Hurensohn. Nein … mehr als das. Er hat etwas an sich … Ich weiß nicht, es ist schwer zu erklären. Er passt nicht nach Köln. Es klingt vielleicht nicht plausibel, aber die Klassenzugehörigkeit ist bei uns bedeutungslos. Karl Marx stammte aus Köln, doch von hier aus hätte er die internationale Revolution niemals anzetteln können. Sie hätte keine Chance in einer Stadt, in der Arbeiter und Fabrikleiter in derselben Kneipe sitzen. Nehmen wir die anderen Gerichtsmediziner: prima Kerle, mit denen man gut zusammenarbeiten und sich auch mal besaufen kann. Lüdeke dagegen rümpft die Nase, wenn man ihn anspricht.«
    »Also kommt er als Verdächtiger infrage, weil er ein Snob ist?«
    »Snobismus beschreibt es nicht, Jan. Für Lüdeke scheinen wir alle niedrigere Lebensformen zu sein. Ich kann mir mühelos vorstellen, dass er glaubt, alle anderen seien nur zu seinem persönlichen Vergnügen auf der Welt. Und das passt zu einem Sexualverbrecher, der sich den Teufel darum schert, ob er denen, die er für die Befriedigung seiner Bedürfnisse benutzt, Schmerzen zufügt. Oder ob er sie sogar tötet.«
    »Jedenfalls ist er bisher unser Hauptverdächtiger. Aber wenn er wirklich so gute Beziehungen hat, dann müssen wir rasch handeln, damit er uns nicht durch die Lappen geht. Wie sieht’s mit einem Antrag auf Abgabe einer DNA-Probe aus?«
    »Tansu macht bei der Generalstaatsanwaltschaft Druck«, erwiderte Scholz. »Wir müssten innerhalb von zwei oder drei Stunden eine richterliche Anordnung haben.«
    »Okay. Nehmen wir uns den Knaben noch einmal vor.«
    »Ach Scheiße …«, knurrte Scholz, der über Fabels Schulter hinwegblickte. Fabel drehte sich um und sah einen stämmigen Mann in den Fünfzigern, der sich ihnen auf dem Korridor näherte. Er strahlte Autorität aus. Als er sie erreicht hatte, machte Scholz den Hamburger Hauptkommissar mit Udo Kettner, dem Kölner Polizeipräsidenten, bekannt.
    »Das ist eine heikle Situation, Herr Scholz«, sagte Kettner. »Die Sache könnte sehr blamabel werden. Sie scheinen nicht viel Material zu haben.«
    »Er wollte Tansu angreifen«, protestierte Scholz.
    »Es wird Ihnen schwerfallen, das zu beweisen.«
    »Wir haben es auf Band«, schaltete sich Fabel ein.
    »Was Sie auf Band haben, Herr Fabel, könnte als völlig vereinbar mit dem Charakter seines Inserats ausgelegt werden. Er wird dagegenhalten, dass seine Verhaftung auf eine Provokation gegründet ist. Außerdem kann er argumentieren, er sei ein unverheirateter Mann und habe weiter nichts Schlimmeres getan, als sich mit einer jungen Frau zu treffen, um ein auf beiderseitigem Einvernehmen beruhendes sexuelles Interesse auszuloten.«
    »Das riecht nach Anwaltsfloskeln«, meinte Scholz.
    »Die Anwälte sind in der Tat schon unterwegs«, sagte Polizeipräsident Kettner müde. »Ich bin innerhalb von dreißig Minuten nach Lüdekes Verhaftung angerufen worden. Sie werden die Legitimität der Verhaftung anfechten.«
    »Was sollen wir tun?«, fragte Scholz.
    Kettner grinste. »Lüdekes Anwälte sind nicht die Einzigen, die ein Telefon benutzen können.« Er reichte Scholz ein Dokument. »Ich dachte, dass sich die Dinge durch verstärkte Bemühungen bei der Staatsanwaltschaft beschleunigen ließen. Hier ist Ihre Anordnung für die Abgabe einer DNA-Probe. Aber um Himmels willen, Herr Scholz, halten Sie sich unbedingt an die Vorschriften.«
    Fabel, Tansu und Scholz saßen im Büro des Oberkommissars. Der neueste

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