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Jan Fabel 04 - Carneval

Titel: Jan Fabel 04 - Carneval Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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Das ist ein Teil unserer primitivsten Psychologie. Wir begutachten die Figur anderer, um ihre Tauglichkeit als Sexualpartner einzuschätzen.«
    Nach dem Empfang nahmen Fabel und Susanne ein Taxi zu Susannes Wohnung.
    »Ich bin ziemlich sicher, dass er scharf auf mich war«, sagte sie lachend.
    »Mmm.«
    »Was ist los?« Susanne hakte sich bei ihm ein. »Bist du eifersüchtig? Er war wirklich nicht meine Kragenweite.«
    Fabel lächelte, aber in Gedanken war er dabei, sich das Bild einer Frau auszumalen. Er kannte den Typ ganz genau. Den Typ, den der Kölner Kannibale als Nächstes überfallen würde, es sei denn, Scholz erwischte ihn vorher.
    3.

    Das Paar in der Ecke lenkte Andrea von ihrer Buchführung ab. Jedes Mal, wenn sie die Einnahmen des Vormonats zusammenzählte, brachte eine erhobene Männerstimme sie durcheinander. Der letzte Monat war nicht so einträglich gewesen, wie sie sich erhofft hatte. Im Café wurde gute, doch einfache Kost serviert, und Andrea hatte im Dezember ein schlichtes Weihnachtsmenü mit traditionell beliebten Speisen angeboten. Sie hatte das Lokal auch weihnachtlich dekoriert, doch es lag ein bisschen zu weit vom Stadtzentrum entfernt, um die zum Kölner Weihnachtsmarkt strömenden Touristenmassen anzuziehen. Nicht einmal die Flachbildschirm-Computer, die an dem hohen Tresen im hinteren Teil des Cafés installiert worden waren, hatten sich bezahlt gemacht. Sie mühte sich ab, ihre Kosten zu decken, und es war ärgerlich, dass sie Extraeinnahmen benötigte, um die Einkünfte des Cafés zu ergänzen.
    Andrea unterbrach ihre Abrechnung und warf einen Blick auf ihr Handy. Die Agentur hatte eine Textnachricht hinterlassen: zwei Buchungen. Die für den folgenden Abend nervte sie wegen der lächerlich kurzen Frist, doch die zweite ließ Andrea erstarren. Es war ein besonderes Datum: Weiberfastnacht. Warum wollte jemand ein Treffen für diesen Tag buchen? Ausgerechnet für ein solches Datum? Sie schrieb der Agentur zurück, dass sie bereit sei, den Termin für den nächsten Tag wahrzunehmen, wenn ihr die Details geschickt würden. Die andere Buchung … darüber müsse sie nachdenken.
    Der Klang einer lauten Stimme holte sie zurück ins Café. Die Explosion hatte sich bei dem Paar angebahnt. Oder, besser gesagt, bei dem Mann. Die beiden hatten nur Kaffee bestellt, und die Szene ließ vermuten, dass sie nach einem Ort gesucht hatten, um sich hinzusetzen und die draußen begonnene einseitige Streiterei fortzuführen. Andrea musterte das Paar: Er war eine widerliche kleine Kröte, und sie sah überraschend hübsch für jemanden wie ihn aus. Doch sie war zu weich. Andrea hatte zunächst nur gelegentlich zu den beiden hinübergeschaut und beim Servieren den einen oder anderen Wortwechsel mitgehört. Nun jedoch wurde der Streit lauter und konnte nicht mehr ignoriert werden, weil er die anderen Gäste störte. Mit einem Seufzen schloss Andrea ihr Rechnungsbuch und durchquerte das Café.
    Sie legte ihre Hände auf den Tisch, beugte sich dicht zu den beiden vor und fragte sie in ruhigem, leisem Tonfall: »Gibt es ein Problem?« Die beiden waren so sehr in ihren hitzigen Wortwechsel vertieft gewesen, dass sie Andreas Nähe nicht bemerkt hatten. Der junge Mann wandte ihr sein Pickelgesicht zu, und seine Augen glitten über die Umrisse ihres Körpers. Andrea trug ein enges schwarzes T-Shirt mit dem Logo des Cafés. Ihr Bizeps wölbte sich unter den kurzen Ärmeln, und ihre Brüste waren auf den breiten, straffen Muskeln zu kleinen, strammen Erhebungen zusammengezogen. Auf seinen Lippen spielte die Spur eines Grinsens.
    »Was geht Sie das an?« Das Grinsen wurde höhnisch.
    »Sie fangen an, die anderen Gäste zu stören.« Andrea achtete darauf, dass ihre Stimme ruhig und leise blieb. »Deshalb geht es mich etwas an. Bitte verlassen Sie das Lokal. Sofort.«
    »Und unser Kaffee?«, fragte der Mann.
    Das Mädchen hatte den Kopf gesenkt, sodass ihr Haar wie ein Vorhang herunterfiel und ihr Gesicht vor den anderen Gästen verbarg.
    »Sie haben das meiste ausgetrunken«, erwiderte Andrea. »Lassen Sie den Rest stehen. Die Rechnung geht aufs Haus.«
    »Was zum Teufel sind Sie denn eigentlich?« Der picklige junge Mann schien sich nun seines Publikums bewusst zu werden. Er lehnte sich zurück, als wolle er sie abschätzen: die zu einem Pferdeschwanz zurückgebundene platinblonde Mähne, die roten Fingernägel, die dicke Schminke, den tiefroten Lippenstift, die Schultern einer Gewichtheberin. »Wir versuchen gerade

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