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Jan Fabel 04 - Carneval

Titel: Jan Fabel 04 - Carneval Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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kennen.«
    »Wie gesagt, Jan.« Seine Mutter lächelte genauso wie damals, als er »ein so ernster kleiner Junge« gewesen war und sie ihn hin und wieder beruhigen musste. »Wissen liefert nicht immer die beste Antwort.«
    3.

    Die Briten hatten Köln in Schutt und Asche gebombt. Am Ende des Krieges wurde sogar ernsthaft erwogen, die Stadt nicht wieder aufzubauen, sondern sie zu verlegen. Aber der Dom war stehen geblieben und erinnerte alle daran, dass eine der ältesten Städte Deutschlands ein neues Leben verdiente. Also baute man Köln wieder auf. Unglücklicherweise wurden große Teile der Stadt einer künstlichen und sterilen Architektur ausgeliefert. Chorweiler war ein perfektes Beispiel für eine Gegend, mit deren Gestaltung Architekten und Stadtplaner auf Dinnerpartys prahlen, in der sie selbst jedoch um keinen Preis wohnen würden.
    Maria dachte an Slawko und seine Landsleute, die statt im erhofften Paradies hier gelandet waren. Chorweiler lag weit im Norden der Stadt, und Maria nahm an, Viktor werde sein samstägliches Abkassieren hier beginnen und sich dann in Richtung Stadtzentrum vorarbeiten. Sie glaubte, recht sicher zu wissen, in welchem der Hochhäuser Slawko wohnte. In einiger Entfernung von dem Block stoppte sie den Saxo und schaltete den Motor aus. Im Gegensatz zu der Darstellung in amerikanischen Filmen ist es nicht unbedingt die beste Methode, jemanden aus einem Auto zu überwachen. In den meisten Fällen achten Passanten zwar nicht darauf, ob in einem parkenden Wagen jemand sitzt oder nicht, doch sobald sie auf einen Insassen aufmerksam werden, nehmen sie ihn jedes Mal beim Vorbeigehen zur Kenntnis. Dennoch blieb Maria in ihrer Warenhauskleidung in leicht zusammengesackter Position im Auto. Ihr Hauptnachteil war, dass sie kein Foto von ihrem Überwachungsobjekt hatte, und Slawkos Beschreibung von Viktor gab nicht viel her.
    Gegen 11.30 Uhr stoppte ein Audi, und ein stämmiger Mann von etwa vierzig Jahren betrat das Gebäude. Maria notierte sich die Zeit sowie die Marke, das Modell und die Zulassungsnummer des Autos. Sie hatte eine kleine Digitalkamera mit einem brauchbaren Zoomobjektiv dabei und machte eine Aufnahme des Mannes an der Haustür und ein zweites, als er das Haus mit einem jüngeren Begleiter verließ. Maria glaubte nicht, dass es sich um Viktor handelte, und verzichtete darauf, dem Audi zu folgen. Sie lehnte sich wieder zurück. Die Kleidung, die sie in Köln gekauft hatte, war zu groß für sie, doch warm und bequem. Wichtiger noch, der Körper, den sie hasste, verlor sich in dem weiten Stoff.
    Um ungefähr zwanzig Minuten nach zwölf hielt Viktor vor dem Haus an. Maria hatte keinen Zweifel an seiner Identität, denn er selbst, seine Kleidung und sein Auto schienen die Aufschrift »organisiertes Verbrechen, untere Befehlsebene« zu tragen. Manchmal hatte sie den Eindruck, dass Wassil Witrenko und seine Helfer gesichtslose Schemen waren. Erst am Ende langer und gründlicher Ermittlungen hatten Fabel und Maria dem Gangsterboss von Angesicht zu Angesicht gegenübergestanden, und auch da nur ein paar tödliche Minuten lang. Durch Männer wie Viktor erhielt Witrenkos Organisation eine gewisse Gestalt und Sichtbarkeit. Eine mächtige Gestalt, was Viktor anging, denn er war ein Riese von über zwei Metern. Sein langer schwarzer Ledermantel spannte sich über seinen breiten Schultern, und das Fahrzeug, das er in der zweiten Reihe vor dem Wohnblock parkte, war ein enormes amerikanisches Schlachtschiff aus den Sechzigerjahren. Er verschwand in dem Haus.
    Maria machte mehrere Aufnahmen und ein paar Notizen. Da sie vermutete, dass sich Viktor nicht lange in dem Gebäude aufhalten würde, drehte sie den Schlüssel in der Zündung und hielt sich bereit. Doch Viktor blieb fast eine halbe Stunde im Haus. Ein Lieferwagen kam nicht an Viktors Chrysler vorbei, und der Fahrer hupte mehrere Male ungeduldig. Als Viktor schließlich mit einem schwarzen, in Plastik gehüllten Päckchen in der Hand auftauchte, lehnte sich der Mann aus dem Fenster und beschimpfte den Ukrainer. Ohne ihn zu beachten, ging Viktor um den Chrysler herum, öffnete den Kofferraum und ließ das Päckchen hineinfallen. Dann stolzierte er genauso gemächlich zu dem Lieferwagen hinüber, riss den Schlag auf, zerrte den Fahrer heraus und versetzte ihm einen derart heftigen Kopfstoß, dass der Mann mit dem Schädel gegen den Wagen knallte und bewusstlos auf die Straße sackte. Viktor zog in aller Ruhe ein Taschentuch hervor, wischte

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