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Jan Fabel 05 - Walküre

Titel: Jan Fabel 05 - Walküre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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viel für ihn sein, sich nach dem Auftritt einfach noch mal sehen zu las­sen und ein paar Leute zu begrüßen. Aber sein Interesse galt nur der Reeperbahn.«
    »Wir werden sein Handy überprüfen«, sagte Fabel.
    »Oh, wusstest du das nicht? Sein Handy ist ihm weggenom­men worden. Genau wie seine Brieftasche. Und er hatte einen Terminkalender, eine Art Mini-Organizer, den er immer bei sich trug. Auch den hat sich die Mörderin gekrallt.«
    »Es könnte also ein Raubüberfall gewesen sein?«
    Martina lachte bitter. »Nein. Aber vielleicht hat die Mörde­rin versucht, einen Raubüberfall vorzutäuschen. Der Diebstahl war amateurhaft, die Tötung dagegen ein Meisterwerk.«
    Das Gespräch setzte sich noch eine Zeit lang fort, doch so professionell Martinas Bericht auch gewesen war, enthielt er trotzdem keine wesentlichen Anhaltspunkte.
    »Keine große Hilfe, oder?«, erriet Martina Fabels Gedanken.
    »Stimmt. Andererseits ist die ganze Sache vielleicht ge­nau das, was sie zu sein scheint: ein willkürlicher, sinnloser Überfall.«
    »Durch den Engel?«, fragte Martina. »Du glaubst doch wohl nicht, dass sie nach zehn Jahren zurückgekehrt ist?«
    »Wer weiß? Laut dem Mädchen, das Westland gefunden hat, war die ihm zugefügte Wunde sehr professionell. Ein ein­ziger Schnitt. Ein Einstich.«
    »Seit wann sind Nutten Expertinnen für Schnittwunden?«
    »Seit sie angefangen haben, an der Universität Hamburg Medizin zu studieren«, erwiderte Fabel nüchtern. »Du erinnerst dich sicher noch daran, dass der Engel eine Meisterin im Um­gang mit dem Messer war.«
    »Das werde ich bestimmt nicht vergessen«, nickte Martina. »Ich habe noch hier gearbeitet, als der vorletzte Mord geschah. Den Schauplatz werde ich immer im Gedächtnis behalten. Wir haben den Mann in der Seilerstraße tot in seinem Auto aufge­funden. Ohne seine Genitalien. Der Letzte wurde in einer Ecke des Heiligengeistfelds abgeladen. Ebenfalls ohne seine Ver­kehrsmittel. Darum glaube ich nicht, dass das hier das Werk des Engels ist. Keine Kastration, die tödliche Schnittwunde war im Bauch, nicht in der Kehle ... und es gibt eine Pause von fast zehn Jahren. Außerdem hat der Engel seinen Opfern nie etwas weggenommen. Abgesehen von ihrem Ehegeschirr. Und wie gesagt, ich habe die Arbeitsweise des Engels gesehen. Wenn das Mädchen Westlands letzte Worte nicht erwähnt hätte, wäre ich nie auf einen Zusammenhang gekommen.«
    »Vielleicht hat sie ihn missverstanden. Er hat doch Englisch gesprochen.«
    Sie wurden von Carsten Kaminski, dem Leiter der David­wache, unterbrochen. Er steckte den Kopf ins Konferenz­zimmer.
    »Also Jan, ob es der Engel war oder nicht, dies ist nun offi­ziell dein Fall. Ich bin gerade aus dem Krankenhaus St. Georg angerufen worden. Westland ist tot.«
     
    Es war ein trockener, bitterkalter Abend, und die Kälte schien beim Atmen in die Lunge zu schneiden. Fabel nahm Werner mit. Die beiden verließen die Davidwache durch den Hinter­ausgang und machten sich zum Tatort auf. Sie gingen durch die Davidstraße und kamen am Ende der Herbertstraße mit der rot angestrichenen Metallschutzwand vorbei.
    Während sie sich der Wand näherten, sah Fabel, wie ein großer grauhaariger Mann, der einen langen dunkelblauen Mantel trug, durch die Abschirmung schlüpfte. Alles an dem Mann deutete auf Wohlstand und Achtbarkeit hin. Fabel stellte sich das Leben dieses Fremden vor, dessen Frau möglicherweise arglos zu Hause saß und der vermutlich Kinder hatte. Wahr­scheinlich auch Enkel. Vielleicht war er sogar eine angesehene Person, jemand, zu dem andere aufschauten. Etwas an dem ver­stohlenen Schritt des Mannes in die Gosse deprimierte Fabel zutiefst.
    Sie gingen die Erichstraße entlang und ignorierten die hier und da erhellten Fenster mit Prostituierten, die an die Scheibe pochten und sie heranzuwinken versuchten.
    »Ah ...«, seufzte Werner sarkastisch. »Der Lockruf des zweiminütigen Quickies. Würdest du das je in Erwägung zie­hen?« Er deutete ruckartig mit dem Daumen in Richtung des letzten Fensters.
    »Soll das ein Witz sein?«, erwiderte Fabel.
    »Manche Männer ... eine Menge Männer ... stehen darauf. Sex ohne Komplikationen - wohl deshalb.«
    »Es sei denn, sich eine Krankheit zu holen wäre eine Kom­plikation. Ich hasse es, wie die Reeperbahn als >frech, aber nett< dargestellt wird. Als Touristenattraktion. In Wirklichkeit ist sie billig und hässlich und schäbig.«
    »Zugegeben. Aber sie ist hier. Und sie wird hier

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