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Jan Fabel 05 - Walküre

Titel: Jan Fabel 05 - Walküre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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und bedachte Anna mit einem finsteren Blick. Dann klappte er das Telefon auf und durch­suchte den Datenspeicher.
    » Nichts …«
    »Keine aus- und eingehenden Anrufe«, sagte Anna. »Keine gespeicherten Nummern. Kein Serviceverzeichnis. Ich ver­mute, man hat seine SIM-Karte ausgetauscht und gehofft, dass niemand sein Handy untersuchen würde.«
    »Verdammt. Hat sich die Spurensicherung hiermit beschäf­tigt?«
    »Nein. Der Notarzt, der zum Hotel gekommen war, hat einen Herzinfarkt diagnostiziert. Aber wie immer nach einem plötzlichen Tod ist die Leiche hierhergeschickt worden. Möller und sein Team werden sie untersuchen. Ich habe Möller vorge­schlagen, sie genau unter die Lupe zu nehmen.«
    »Was hat er geantwortet?«
    »Du kennst ihn ja. Als Gerichtsmediziner spitze und menschlich ein Arschloch von Weltformat. Er hat mir geraten, mich nicht in seine Arbeit einzumischen, doch du weißt, dass er das volle Programm durchziehen wird. Außerdem habe ich das Hotelzimmer versiegeln lassen und Holger Brauner mitgeteilt, dass wir seine Spurensicherer benötigen könnten. Aber ich wollte abwarten, bis du dir alles angesehen hast. Um meine Be­fugnis nicht zu überschreiten ...«
    Fabel warf ihr einen warnenden Blick zu, doch sie starrte mit ausdrucksloser Miene zurück. Das war einer ihrer Tricks.
    »Jedenfalls«, fuhr sie fort, »ist die Spurenlage von wer weiß wie vielen Leuten kontaminiert worden. Chef, die Sache könnte harmlos sein; wir haben kein Indiz, dass es sich nicht um einen natürlichen Tod handelt.«
    »Nein, Anna ... Du hattest recht. Hier stinkt etwas.«
    »Falls das Ganze nicht koscher ist, haben wir Probleme«, meinte Anna. »Wenn es ein vorsätzlicher Mord war, dann ist er professionell ausgeführt worden. Sehr professionell.«
     

11.
     
    In seinem Büro mit Blick über die Hamburger Altstadt runzelte Peter Claasens die Stirn und dachte über die Fragen nach, die ihm gerade gestellt worden waren. Er hatte den Hörer aufge­legt, doch seine Hand ruhte weiterhin auf dem Telefon. Aus­nahmsweise nahm er das rhythmische Pochen und Dröhnen nicht wahr, das im Gebäude widerhallte. Er hatte den Brief überarbeitet, den Emily ihn zu schreiben gebeten hatte, als das Telefon klingelte. Vielleicht weil seine Aufmerksamkeit noch auf den Brief konzentriert war, hatten die Fragen des Journalis­ten ihn völlig überrumpelt.
    Der Norweger hatte keine Anschuldigung geäußert, und seine Fragen waren sorgfältig formuliert gewesen, doch Claa­sens begriff, was er herausfinden wollte. Niemand sonst hätte so klare Schlussfolgerungen aus den Worten des Norwegers ziehen können, aber in Claasens hatten sie eine Saite berührt. Er hü­tete sich, einem Mitglied der Presse gegenüber irgendetwas zu bestätigen oder zu leugnen. Denn in seinem Berufsleben, wenn auch nicht in seiner Privatsphäre, war er äußerst diskret, viel­leicht sogar übervorsichtig.
    Warum hatte sich der Norweger ausdrücklich nach Norivon und Lieferungen nach China erkundigt? Die Frage hatte Claasens ins Mark getroffen, und er fürchtete, dass man es sei­ner Stimme hatte anmerken können. Zwei Monate vorher war Claasens auf eine Unregelmäßigkeit gestoßen: einen Wider­spruch zwischen zwei Lieferungen und den gesetzlich vorge­schriebenen Unterlagen. Beide Lieferungen waren nach China gegangen. Claasens hatte natürlich bei Norivon nachgefragt, doch Lensch, sein dortiger Kontaktmann, war zunächst ge­nauso verwirrt gewesen. Dann hatte Lensch sich innerhalb von vierundzwanzig Stunden mit einer plausiblen Erklärung und den erforderlichen Dokumenten gemeldet. Plausibel, aber nicht völlig überzeugend.
    Claasens klickte die Kontendatei auf seinem Computer an und betätigte die Sprechanlage ins Vorzimmer, um sich die Un­terlagen bringen zu lassen. Minna kam herein, legte den Ordner auf seinen Schreibtisch und stolzierte wieder hinaus. Mürrisch. Claasens verfluchte sich, weil er seine »Nicht-auf-meiner-Schwelle«-Regel gebrochen hatte. Er hatte Minna ein oder zwei Monate lang gebumst, war ihrer müde geworden und hatte dann erwartet, dass alles weitergehen würde wie früher. Davon konnte keine Rede sein. Minna verhielt sich seitdem wie ein Miststück, und er hatte keine Ahnung, wie er sie loswerden konnte, ohne sich in noch größere Schwierigkeiten zu bringen.
    Plötzlich wurde er sich des dröhnenden Hämmerns der Ar­beiter wieder bewusst. Peter Claasens' Büro lag in der obersten Etage eines Gebäudes in der Hamburger Altstadt, im

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