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Jan Fabel 05 - Walküre

Titel: Jan Fabel 05 - Walküre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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Hamburg-Eppendorf. Er nickte dem Sicherheits­posten am Schreibtisch zu und stieg die Treppe zum ersten Stock hinauf. Dort klopfte er an eine Tür mit dem Namens­schild: »Dr. Eckhardt, Kriminalpsychologie.«
    »Hallo, Fremder ...« Die Frau hinter dem Schreibtisch war Ende dreißig und hatte dichte, dunkle, hochgesteckte Haare. Sie sprach mit einem weichen bayerischen Akzent. Fabel lächelte.
    »Hallo. Ich hoffe, ich habe dich gestern Nacht nicht ge­weckt.«
    »Du kennst mich doch«, erwiderte Susanne. »Ich schlafe wie ein Murmeltier. Wann bist du eingetroffen?«
    »Gegen vier Uhr. Aber dafür habe ich heute Morgen ausge­schlafen.« Er gähnte laut.
    »Es scheint dir nicht sehr gutgetan zu haben. Heute Abend arbeitest du hoffentlich nicht so lange?«
    »Nicht, wenn es von mir abhängt«, meinte Fabel. »Übrigens habe ich keine Zeit. Ich bin nur zufällig auf meinem Weg hier vorbeigekommen und möchte dir das hier geben ...«
    Er ließ einen schweren gelbbraunen Aktenordner auf Susan­nes Schreibtisch fallen. »Ich konnte dir nicht alles zumailen.«
    »Hat es mit dem Engel-Fall zu tun?«
    »Mit dem Fall der Engel-Nachahmerin, wenn mein Instinkt mich nicht trügt. Könntest du dir die Sache mal ansehen? Ich besorge die nötigen Formulare, damit dir deine Zeit bezahlt wird.« Fabel ging auf die Tür zu, blieb dann jedoch stirnrun­zelnd stehen. »Noch etwas Seltsames. Es ist gestern Nacht passiert.«
    »Was denn?«
    »Sylvie Achtenhagen - du weißt schon, die Fernsehmodera­torin und -reporterin von HanSat —, also, sie ist mir gefolgt. Ich habe sie von einem Streifenwagen anhalten lassen. Sie wollte mir ihre Hilfe bei diesem Fall anbieten. Unsinn, sicher, aber das Komische daran ist ...« Er brach mitten im Satz ab, lachte und schüttelte den Kopf. »Nein, ich bin wahrscheinlich zu müde ge­wesen ...«
    »Sprich weiter.«
    »Tja, sie wollte mich wirklich überreden, ihr eine Exklusiv­meldung über den Engel-Fall zukommen zu lassen. Ich hätte schwören können, dass sie mir Sex angeboten hat.«
    »Du machst Witze!«
    »Nein, sie wollte, dass ich mit in ihre Wohnung komme, da­mit wir >unter bequemeren Umständen< über die Sache reden können.«
    »Sie muss tatsächlich unbedingt eine Story benötigen.« Su­sanne hob die Augenbrauen.
    »Danke für das Kompliment. Aber du könntest recht haben. Gott weiß, dass sie bei dem ursprünglichen Engel-Fall mehr Schaden als Nutzen bewirkt hat. Es hat fast den Anschein, als wolle sie nun unbedingt die Mörderin finden.«
    Susanne lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und ließ einen Bleistift zwischen ihren perfekten Zähnen wippen. »Wenn ich mich nicht irre, ist Sylvie Achtenhagen eine ziemlich attraktive Frau.«
    »Bei mir ist ihr Charme völlig verschwendet«, beteuerte Fa­bel. »Ich kann sie nicht ausstehen.«
    »Auf dem Weg wohin?«, fragte Susanne.
    »Bitte?«
    »Du hast gesagt, du seist auf dem Weg irgendwohin ...«
    »Oh, ich muss einen dänischen Polizisten am Flughafen ab­holen.« Er sah auf seine Uhr. »Verdammt, ich muss mich be­eilen ... Guck dir das an, wenn du eine Möglichkeit hast, und wir sprechen später darüber.«
     

8.
     
    Fabel stand im Ankunftsbereich des Flughafens Hamburg-Fuhlsbüttel, hielt ein Klemmbrett mit dem Namen »Vestergaard« - in großen Druckbuchstaben, die er mit einem Filzstift geschrieben hatte - in die Höhe und kam sich ein wenig lächer­lich vor. Neben ihm waren andere, die das Gleiche taten — ent­weder mit Namen oder mit Firmenemblemen. Allerdings han­delte es sich bei den anderen um Chauffeure, die in Hamburg eintreffende Geschäftsreisende abholen sollten.
    Auch Fabel hätte einen Streifenwagen mit einem Schutz­polizisten entsenden können, doch er hielt es für diplomati­scher, den dänischen Kollegen selbst zu empfangen, nachdem ihn sein Vorgesetzter dazu gedrängt hatte. Und wahrscheinlich war es tatsächlich angemessen, wenn er seinen Gast persönlich vom Flughafen abholte, denn Vestergaard war schließlich ein hochrangiger Beamter, der einen seiner Männer in Hamburg verloren hatte. Aber mit seinem Klemmbrett kam Fabel sich nicht wie ein Diplomat, sondern eher wie ein Chauffeur und vor allem wie ein Trottel vor.
    Auf der Ankunftstafel wurde die Landung der Maschine aus Kopenhagen angezeigt, und ein paar Minuten später strömte eine Welle von Geschäftsleuten in Anzügen durch das Ankunftsgate. Fabel musterte die herauskommenden Gestalten und wettete mit sich selbst, dass er Vestergaard entdecken würde,

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