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Jan Fabel 05 - Walküre

Titel: Jan Fabel 05 - Walküre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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treffe, Herr Gerdes«, erwiderte sie, ohne auf seine Frage zu antworten. »Wie Sie wissen, bin ich erst vor Kurzem hier eingezogen. Ich habe ein Problem mit dem Mietvertrag und wollte Sie bitten, mir einen oder zwei Punkte zu erklären.«
    Er runzelte die Stirn. »Sehr gern, aber im Moment ...«
    »O nein ... nicht sofort.« Sie machte eine entschuldigende Geste. »So kurzfristig würde ich Ihnen das nicht zumuten. Ich dachte ... also ... ich wollte Sie fragen, ob ich Sie am Samstag­abend zum Essen einladen dürfte.« Ein kurzes Schweigen, und sie fuhr eilig fort: »Ich habe nämlich keine Gelegenheit mehr, für jemanden zu kochen, und da ich ein paar Filets gekauft habe ...«
    Sein Lächeln wurde breiter, und er machte einen Schritt auf sie zu. »Frau Cranz, es wäre mir eine Freude.«
     

8.
     
    Es war ein anstrengender Tag gewesen. Zum Teil deshalb, weil er so viel Zeit mit Karin Vestergaard hatte verbringen müssen. Fabel hätte sich nie ausgemalt, dass die Gesellschaft einer schö­nen Frau so langweilig sein konnte. Und sie war doch schön, oder nicht? Er stellte immer noch fest, dass es fast unmöglich war, sich an ihr Gesicht zu erinnern, wenn er auch nur sekun­denlang nicht in ihrer Gegenwart war. Dabei hatte Fabel ein Talent dafür, sich an Gesichter zu erinnern - schließlich grün­dete sich seine Karriere auf diese Fähigkeit. Er rief Susanne aus seinem Büro an und erklärte ihr, dass er sich verpflichtet gefühlt habe, die Dänin für 20 Uhr zum Essen einzuladen.
    »Bitte, bitte komm mit«, flehte er. »Diese Frau ist unglaub­lich schwer zu verkraften, und ich brauche deine Hilfe.«
    »Aber ich will dem Steuerzahler nicht zur Last fallen. Ich nehme an, dass du die Sache auf Spesen laufen lässt, oder?«
    »Du bist an der St.-Pauli-Ermittlung beteiligt. Es ist eine legitime Ausgabe. Frau Vestergaard dürfte an deiner Zusam­menarbeit mit der Kommission interessiert sein. Und ich zahle das sogar privat.«
    »Mein Gott, sie muss wirklich schwer zu verkraften sein.«
    »Ich reserviere einen Tisch in dem Fischrestaurant in Neu­mühlen ... deinem Lieblingsrestaurant.«
    »Ich glaube nicht ...«
    »Habe ich erwähnt, dass diese nordische Eisjungfrau über die Maßen schön ist? Und wenn du nicht mitkommst, werden wir ganz unter uns sein.«
    »Na gut, ich komme mit, um deine Ehre zu schützen. Hol mich in der Wohnung ab.«
     
    Fabel merkte, dass er zu einem Objekt des Neides geworden war. Alle Männer im Restaurant drehten sich zu ihnen um, als Susanne, Karin Vestergaard und er eintrafen. Er musste zuge­ben, dass es ihm Spaß machte, in der Gesellschaft zwei so schö­ner Frauen gesehen zu werden. Fabel war verblüfft darüber, wie sehr sie sich voneinander unterschieden: Susannes Haare waren rabenschwarz, ihre Augen haselnussbraun, und ihre Haut hatte sogar in der Mitte des Hamburger Winters einen Hauch von Sommergold. In völligem Gegensatz dazu waren Karin Vestergaards Haare fast aschblond, ihre Augen von einem auffälligen Hellblau und ihr Teint eher blass. Die südliche Keltin und die Wikingermaid.
    Wieder hatte Karin Vestergaard ihr Make-up verändert, so­dass sie milder wirkte. Die beiden Frauen plauderten lebhaft miteinander, während sie sich an den Tisch am Fenster setzten. Die Beleuchtung des Restaurants war bewusst gedämpft, da­mit die Gäste das stille Ballett der riesigen Containerschiffe und der anderen Wasserfahrzeuge beobachten konnten, die an den enormen Panoramafenstern mit Blick auf die Elbe vorbeitrie­ben. Es war ungewohnt für Fabel, Susanne Englisch sprechen zu hören. Während ihrer gesamten Beziehung hatte sie nur sel­ten ein englisches Wort geäußert. Aber obwohl Susanne die Sprache gut beherrschte, war ihr bayerischer Akzent nun noch ausgeprägter.
    Susanne und Karin Vestergaard hatten sich sofort gut ver­standen, und Fabel war ein wenig verwirrt darüber, dass Vestergaards Persönlichkeit sich ganz und gar geändert zu haben schien. Wieder einmal fühlte er sich hilflos gegenüber der weib­lichen Komplexität. Wie schon oft erlebte er, dass Frauen völlig anders miteinander umgingen als mit ihm. Das hatte er nie ver­stehen können, und nun war es so, als hätte er Zugang zu einem exklusiven Club erhalten, allerdings nur für eine befristete Zeit.
    »Sie haben sich also den größten Teil des Tages mit Jan he­rumgeschlagen«, sagte Susanne. »Bestimmt brauchen Sie nun etwas zu trinken.« Sie winkte einen Kellner heran, und die bei­den bestellten eine Flasche

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