Jan Fabel 05 - Walküre
Sprache ich spreche. Frauen verstehen mich sowieso nicht. Ich kümmere mich um die Aufnahmen. Wann bist du wieder hier?«
»In ein oder zwei Stunden. Irgendwann nach dem Mittagessen.« Fabel drehte Karin Vestergaard den Kopf zu, um ein Anzeichen dafür zu finden, dass sie Werners Spöttelei mitbekommen hatte. Offenbar nicht.
»Okay, zurück zu Jespersen. Wohin fahren Sie jetzt?«
Sie runzelte die Stirn. »Zu irgendeiner Stelle, wo ich mir Material über die Stasi verschaffen kann.«
»Wir sind in der falschen Stadt. Dafür wäre Berlin die beste Wahl gewesen. Die Bundesbehörde, die für die Stasi-Unterlagen zuständig ist, hat dort ihre Zentrale. Zwar gibt es auch Außenstellen, aber alle sind im Osten. Hatte er Pläne, von hier aus weiterzureisen?«
»Nicht dass ich wüsste.«
»Trotzdem plante er vielleicht, nach Berlin zu fahren. Mit der Intercityverbindung hätte er innerhalb eines Tages hin- und zurückreisen können.«
Fabel erreichte Karin Vestergaards Hotel am Alten Wall.
»Na schön«, sagte er. »Jespersen hat ebenfalls hier gewohnt. Er checkt ein und verlässt das Hotel wieder. Warum?«
»Um die Zeit totzuschlagen. Oder vielleicht, um sich die Stadt anzusehen.«
»Oder um sich mit jemandem zu treffen, von dem wir noch nichts wissen.«
»Möglich. Oder er könnte einfach ein Lokal zum Mittagessen aufgesucht haben.«
»Also nehmen wir an, er hat Appetit. Restaurants, die von hier zu Fuß zu erreichen sind ...« Fabel dachte nach und schüttelte den Kopf. »Hamburger Innenstadt - es könnte eines von hundert Lokalen sein. Wenn wir nur eine Möglichkeit hätten, die Suche einzugrenzen.«
»Ist es wirklich so wichtig, dass wir erfahren, wo er gegessen hat?«
»Ich glaube schon. Wir haben festgestellt, dass ihm wahrscheinlich jemand vom Flughafen gefolgt ist. Er hat vergeblich versucht, mit mir zu sprechen. Ich vermute, dass sein Verfolger ihn zum Schweigen bringen wollte, bevor er mich erreichen konnte. Sobald er sein Material mit anderen erörtert hätte, wären so viele Personen eingeweiht gewesen, dass man es nicht mehr unter Kontrolle halten konnte. Man folgt ihm hierher und dann zu einem Restaurant. Dort wird der Kontakt hergestellt. Jemand schafft es irgendwie, sein Vertrauen zu gewinnen. Eine Frau. Vielleicht unsere sogenannte Walküre.«
»Aber wenn er gegen eine Berufsmörderin ermittelt ...«
»Er ahnt ja nicht, dass man über ihn Bescheid weiß. Eine attraktive Frau stößt mit ihm zusammen, knüpft eine Unterhaltung an, und er hat nicht den geringsten Verdacht.«
»Jens war nicht gerade gesprächig.« Sie lachte bitter. »Schon gar nicht in Deutschland.«
»Wir haben es mit echten Expertinnen zu tun. Bestens vorbereitet und unterrichtet. Irgendwie ist er geködert worden. Und vielleicht hat sie behauptet, Ausländerin zu sein. Möglicherweise Dänin. Nur, um ihn zu überrumpeln.«
»Aber wir wissen nicht, wo er Mittag gegessen hat.«
Fabel sah aus, als hätte er gerade einen leichten Stromschlag erlitten. »Das Spielzeug!«
»Welches Spielzeug?«
»Wir haben einen der Hamburger Souvenir-Teddybären gefunden. Er war mit seinen übrigen Sachen im Hotelzimmer.« Fabel schüttelte ungeduldig den Kopf. »Einen Moment.« Wieder drückte er auf den Knopf seines Autotelefons, und jemand meldete sich in der Mordkommission. Er ließ sich zu Anna Wolff durchstellen.
»Anna, ich werde dich etwas fragen, und es dürfte trivial klingen. Aber glaub mir, das ist nicht der Fall. Erinnerst du dich an den Teddybären, den wir am Jespersen-Tatort gefunden haben? Er müsste in der Asservatenkammer sein.«
»Müsste er«, sagte Anna, »ist er aber nicht. Er sitzt auf meinem Schreibtisch. Ich habe ihn Käpt'n Goldig getauft.«
»Herrje, Anna, das ist ein Beweisstück. Du kannst nicht einfach ...« Fabel atmete durch. »Egal. Bitte lies das Herstellerkennzeichen und setz dich mit der Firma in Verbindung. Ich möchte wissen, wen sie in Hamburg beliefert. In ungefähr einem Drei-Kilometer-Radius um Jespersens Hotel. Wie gesagt, Anna, es ist dringend. Und sehr wichtig.«
»Ich glaube, das kann ich schaffen«, erwiderte Anna trocken.
Fabel legte auf und wandte sich an Karin Vestergaard. »Wenn wir das Geschäft finden, könnten Überwachungskameras vorhanden sein. Oder vielleicht liegt es in einem Einkaufszentrum mit CCTV. Dann würden wir seine Mörderin endlich zu Gesicht bekommen.«
3.
Sylvie Achtenhagen beschloss, nicht mit dem Auto nach Berlin
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