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Jan Tabak geht aufs Ganze

Jan Tabak geht aufs Ganze

Titel: Jan Tabak geht aufs Ganze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Schrader
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„Er wird schon wissen, was er macht. Ihr seid alle keine Engel.“
    „Das hat auch keiner behauptet“, entgegnete Tim, „aber wenn wir länger bei dem Waldheini bleiben, werden wir Teufel. Der erreicht nämlich mit seinen Schikanen genau das Gegenteil von dem, was er will, und soll sich nicht wundern, wenn wir eines Tages zum Gegenangriff übergehen.“ - Dieser Tag kam bald.
    Im Januar ging der ungeliebte Lehrer mit den Schülern seiner Klasse zum Schlittschuhlaufen. Der Bremer Eisverein hatte die Kleine Wümme, das Maschinenfleet und die überfluteten Weiden bei Kuhsiel für den Eissport freigegeben, und so verstand es sich von selbst, daß man dort laufen wollte. Mit dem Bus fuhr die Gruppe bis nach Burg-Lesum und marschierte dann zu Fuß bis zum Wasserhorster Schöpfwerk. Da betrat sie das Maschinenfleet.
    Der Lehrer, sportlich elegant gekleidet, drehte sofort mächtig auf, zog Kreise und Spiralen, lief rückwärts, machte Sprünge und zeigte allen, daß er ein ausgezeichneter Läufer war. Keiner der Jungen und keines der Mädchen konnte es ihm nachtun. Zwar liefen die meisten recht geschickt, vor allem schnell, aber ähnlich kunstvolle Figuren wie die ihres Lehrers gelangen ihnen nicht. Einige von ihnen waren so unsicher auf der glatten Fläche, daß sie dauernd stürzten, und drei konnten überhaupt noch nicht Schlittschuh laufen. Die lagen mehr auf dem Eis, als daß sie standen, glitten nicht darüber hin, sondern glitten darauf aus und waren so Zielscheibe für Witz und Spott. Das ertrugen sie. Es ist üblich unter Kindern, daß sie einander necken, wenn jemand eine Leistung nicht erbringt, eine Fertigkeit noch nicht besitzt.

    Als aber der Lehrer anfing, sich über sie lustig zu machen, reagierten sie sauer und fanden Verteidiger auch unter denen, die eben noch selber gespottet hatten. Und schon rotteten sie sich zusammen und beratschlagten, wie sie ihrem Lehrer die Schleifen und Achten verderben könnten.
    Tim kannte da ein gutes Mittel.
    Er brach einen langen Schilfhalm am Rand der Eisfläche ab und erklärte, als der Lehrer gerade nicht in der Nähe war: „Dieser braune Halm ist nicht nur ausgezeichnet geeignet zum Dachdecken, sondern leistet auch vorzügliche Dienste als Schnellbremse. Wenn er einem Schlittschuhläufer vor die Kufen kommt, legt der sich so blitzartig aufs Eis, daß man Mühe hat, es zu beobachten. Wir könnten uns ein paar davon abbrechen und dann wunderbar Indianer spielen und uns damit werfen. Dabei läßt es sich bestimmt nicht immer vermeiden, daß der eine oder andere unserm Obersportler dahinten vor die Füße fällt. Das gibt herrliche Niederfälle, die unser verzagtes Herz wieder aufrichten.“
    Wenige Minuten später tobte ein mörderischer Kampf zwischen den Sioux und den Schwarzfußindianern. Tomahawks sausten durch die Luft, Pfeile zischten von der einen zur andern Seite, und überall gingen die Getroffenen sterbend zu Boden. Keiner schien zu merken, daß auch das große Bleichgesicht verletzt war und auf dem Bauch viele Meter über die blutgetränkte Erde schlitterte. Es richtete sich jedoch bald wieder auf, erhob sich ächzend und versuchte, den Kriegshandlungen auszuweichen. Aber es kam nicht weit: ein verirrter Pfeil streckte es abermals zu Boden. Diesmal lag es röchelnd auf dem Rücken. Dabei wurde es von einigen hilfreichen Squaws entdeckt, die sich seiner annahmen und es wieder auf die Beine stellten.
    Allein, die waren recht wackelig geworden und taugten nicht mehr für schnelle Sprünge und kühne Bögen.
    Da hockten sich die Feinde nieder und rauchten die Friedenspfeife. Der Lehrer schielte zu ihnen hinüber und fragte sich, ob er zufällig oder absichtlich gefällt worden war. Um sich keine Blöße zu geben, nahm er sich zusammen und probierte die alten Kunststücke aufs neue.
    Die Krieger ruhten noch immer und sahen ihm zu.
    Nur einer von ihnen, der das Gebot der Friedenspfeife mißachtete, schleuderte heimtückisch seinen langen Wurfspeer über die verlassene Kampfbahn, wo der weiße Mann unbekannte Tänze vollführte, und traf ihn tödlich. Wie vom Blitz erschlagen, stürzte er zu Boden und rührte sich nicht mehr.
    Jetzt wußte der Lehrer, daß Absicht im Spiel war. Er brach das Schlittschuhlaufen ab und schickte seine Schüler nach Flause. Von den Mädchen versuchte er am nächsten Tag zu erfahren, wer ihm den letzten Schilfhalm vor die Schlittschuhe geworfen hatte. Aber die stellten sich dumm und verrieten nichts.
    Daraufhin wurde es in seinen Stunden

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