Jane Blond 01 - Jane Blond - Die Super-Agentin
wollen wir?«
Vollkommen verwirrt sah Janey zu, wie Frau Aron ihren Onkel über die mit Menschen gefüllte Tanzfläche führte. Sie versuchte angestrengt, ihre Gedanken zu ordnen. Es machte alles keinen Sinn! Wenn Frau Aron die Einladungskarten geschrieben hatte, war klar, warum ihr die Handschrift bekannt vorgekommen war. Sie hatte sie zum Beispiel in ihren Arbeitsheften gesehen. Aber ganz sicher auch noch woanders, doch wo? Und warum, um alles in der Welt, hatte William ihre Lehrerin »Frau Roan« genannt? Janey fühlte sich plötzlich sehr klein und allein, viel zu jung, um auf einem festlichen Ball sich selbst überlassen zu sein. Und noch dazu auf einer SPIon-Mission.
»Los, Blond, reiß dich zusammen«, befahl sie sich selbst.
Sie verzog sich in eine stille Ecke und griff nach dem SPIV, wobei sie sich nach allen Seiten umschaute, um keinen Verdacht zu erregen.
»Big Rosie«, zischte sie eindringlich in das Medaillon. »Bitte kommen, Big Rosie. Ich kann nicht nach unten schauen, um nicht aufzufallen. Aber irgendetwas ist hier gewaltig faul. Meine Lehrerin, Frau Aron, ist auch hier, und der Bekannte von Onkel James hat sie Frau Roan genannt. Das gefällt mir überhaupt nicht. Ich lasse das SPIV eingeschaltet, dann kannst du auch mitgucken - warne mich, wenn du Gefahr erkennst! Over.«
Janey sah sich um und wünschte sich insgeheim, dass Big Rosie plötzlich in einem regenbogenfarbenen Ballkleid in der Menge auftauchen würde. Selbstbewusst lief sie durch die Menschenansammlung in Richtung des gewaltigen Büfetts im hinteren Teil des Saales.
Sie hatte noch niemals zuvor ein Büfett in solch gigantischem Ausmaß gesehen. Die Tische bogen sich unter der Last der riesigen Bratenstücke. Dazwischen fanden sich Salate jeder erdenklichen Art, neben Brot und Kuchen, Oliven und Früchten, Puddings und anderen Leckereien. Die in regelmäßigen Abständen platzierten Kerzenhalter waren sogar größer als Janey. Während sie das Büfett betrachtete, wurde die Hauptattraktion hereingetragen und von zwei Männern in weißen Kitteln und Kochmützen in Position gebracht. Der eine Mann war wesentlich kleiner als der andere, und offensichtlich stritten sie sich. Als der kleinere fast losgelassen hätte, schrie der andere: »Pass doch auf!«, und schubste ihn aus dem Weg. Er schaffte es tatsächlich auch alleine, die Kreation auf den Tisch zu hieven. Janey konnte sehen, warum er so Angst gehabt hatte, es fallen zu lassen. Es war ein prächtiger, glänzender Schwan, fast so groß wie ein Kleinwagen, ausgehöhlt und mit Ananas gefüllt, und das alles aus einem riesigen Eisblock geschnitzt. Der Schwan war lebensecht bis ins Detail, ausgenommen die Augen, die eigenartig blau gefärbt waren.
Die weiß gekleideten Männer eilten davon, bevor die Party offiziell begann. Janey bemerkte Edna, die Haushälterin von Onkel James, wie sie fröhlich im Hintergrund agierte, Kellner herumkommandierte und noch mehr Speisen aus Holzkisten auspackte. Sie winkte Janey und nickte anerkennend zu ihrem Aussehen, doch kurz bevor sie zurückwinken konnte, erstarrte Janey vor Schreck.
»Janey. Vertraue ... niemandem, bis ... ich ... es dir sage.«
Janey stand wie angewurzelt da und atmete tief ein. Obwohl die Stimme nur leise war und aus großer Ferne zu kommen schien, war Janey sich doch sicher, dass es dieselbe Stimme wie aus dem Schwimmbad vom Sol-Eis-Hauptquartier war. Sie versuchte, ihr wild klopfendes Herz unter Kontrolle zu bekommen, stellte sicher, dass niemand ihr zuschaute, und flüsterte dann in das SPIV: »Hallo?« Der kleine Bildschirm blieb schwarz.
»Nein ... dort nicht. Sei ... vorsichtig, Janey.« Die Stimme war eindringlich und leise, aber Janey war sicher, dass sie ganz aus der Nähe kam.
Sie nahm sich eine Handvoll Oliven vom Büfett und ließ eine davon absichtlich fallen. Janey bückte sich, um sie aufzuheben, und konnte dabei unter die Büfetttische blicken. Außer der Olive fand sie nichts.
»Onkel Sol?«, flüsterte sie. »Bist du das?«
Die Stimme klang, als hätte sie einen langen Weg hinter sich, mal war sie lauter, mal leiser. »Ja. Ich bin ... hier. Pass auf.«
Janey war fassungslos, doch sie musste cool bleiben. Sie schlenderte zu einem Stehtisch an der Seite und beobachtete die Sitzordnung.
»Onkel Sol, was soll ich tun?«
Keine Antwort. Janey ging noch einen Schritt zurück, tiefer in den Schatten, und sah sich im Ballsaal um. Weder Onkel James noch Frau Aron oder William waren zu sehen. Sie bemerkte Billy,
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