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Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition)

Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition)

Titel: Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Brontë
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Rochester zum Beispiel. Er ist doch sehr reich, nicht wahr?«
    »O ja! Aber sehen Sie, es ist ein beträchtlicher Unterschied im Alter. Mr. Rochester ist beinahe vierzig, und sie kann nicht älter als fünfundzwanzig sein.«
    »Was bedeutet das! Es werden täglich viel ungleichere Ehen geschlossen.«
    »Das ist wohl wahr, doch ich glaube kaum, dass Mr. Rochester einen solchen Gedanken hegen würde. Aber Sieessen ja gar nicht! Sie haben nichts gegessen, seit Sie sich an den Teetisch gesetzt haben.«
    »Nein, ich bin zu durstig, um zu essen. Würden Sie mir noch eine Tasse Tee reichen?«
    Ich war im Begriff, auf die Möglichkeit einer Verbindung zwischen Mr. Rochester und der schönen Blanche zurückzukommen, als Adèle ins Zimmer kam und die Unterhaltung in andere Bahnen gelenkt wurde.
    Als ich wieder allein war, dachte ich über die Mitteilungen nach, welche mir gemacht worden waren. Ich sah in mein eigenes Herz, prüfte seine Gedanken und Empfindungen und bemühte mich ernstlich, solche, welche durch die end- und pfadlose Wüste der Einbildungskraft geschweift waren, mit fester Hand in die enge Bahn der Vernunft zurückzuführen.
    Über mich selbst zu Gericht sitzend, ließ ich mein Gedächtnis Zeugnis ablegen von den Hoffnungen, Wünschen und Gefühlen, die seit der letzten Nacht in mir erstanden waren – von dem allgemeinen Gemütszustand, dem ich mich seit beinahe vierzehn Tagen hingegeben hatte. Dann trat die Vernunft vor und gab in ihrer eigenen, ruhigen Weise einen einfachen, ungeschminkten Bericht davon, wie ich die Wirklichkeit verworfen und das Ideal mit Heißhunger verschlungen hatte. Schließlich sprach ich mir folgendes Urteil:
    Es hat niemals eine größere Närrin als Jane Eyre auf diesem Erdenrund gelebt und auf so absurde Weise in süßen Lügen geschwelgt; und niemals hat ein denkendes Geschöpf mit größerer Begierde derart Gift verschlungen, als wenn es Nektar wäre.
    ›
Du
‹, sagte ich zu mir, ›wärest von Mr. Rochester wohl gelitten?
Du
mit der Macht begabt, ihm zu gefallen?
Du
von irgendeiner Bedeutung für ihn? Geh! Deine Torheit widert mich an. Du hast an zufälligen Zeichen der Bevorzugung Freude gefunden – sehr zweideutigen Zeichen, welche ein Gentleman von Familie, ein Mann von Welt einerUnerfahrenen, einer Untergebenen zuteil werden lässt. Wie konntest du nur? Arme, dumme Närrin! – Konnte nicht einmal dein eigenes Interesse dich weiser machen? Du hast dir heute Morgen die kurze Szene der letzten Nacht immer und immer wieder vor Augen geführt – verhülle dein Angesicht und schäme dich! Er sagte etwas zum Lob deiner Augen, ja? Du blinder Welpe! Öffne deine verblendeten Lider und erkenne deine verwünschte Bedeutungslosigkeit! Es tut keinem Weib gut, wenn es sich von einem Höherstehenden schmeicheln lässt, der unmöglich die Absicht hegen kann, sie zu heiraten. Jede Frau begeht eine Torheit, wenn sie eine heimliche Liebe in sich wachsen lässt, die, wenn sie unerwidert und unentdeckt bleibt, das Leben verzehren muss und die, wenn sie entdeckt und erwidert wird, sie wie ein Irrlicht in sumpfige Wildnis führen muss, aus der es keinen Ausweg mehr gibt.
    Jane Eyre, höre also deinen Urteilsspruch: Nimm morgen den Spiegel, stelle ihn vor dich und zeichne dann so getreu wie möglich dein eigenes Bild, ohne irgendeinen Mangel zu verdecken, ohne eine harte Linie fortzulassen. Gleiche keinen unliebsamen Schönheitsfehler aus, und schreib darunter: ›Porträt einer armen, alleinstehenden, hässlichen Gouvernante.‹
    Später nimm eine Platte weißen Elfenbeins – du hast eine solche in deinem Malkasten vorbereitet –, nimm die Palette, mische deine frischesten, schönsten und klarsten Farben, wähle deine zartesten Kamelhaarpinsel, zeichne mit Sorgfalt das schönste Gesicht, welches deine Einbildungskraft dir vorzaubern kann, male es in den weichsten Tönen und süßesten Farben nach der Beschreibung, welche Mrs. Fairfax dir von Blanche Ingram gemacht hat. Vergiss nicht die rabenschwarzen Locken und die orientalischen Augen. – Was, du willst dir diejenigen Mr. Rochesters zum Vorbild nehmen? – Ruhe! – Kein Schluchzen! – Keine Gefühle! – Kein Bedauern! – Ich werde nur Vernunft und feste Entschlossenheitgelten lassen. Rufe dir die majestätischen und doch harmonischen Linien, den griechischen Nacken, die antike Büste ins Gedächtnis zurück; lass den runden, strahlenden Arm sichtbar werden und die zarte Hand; vergiss weder das Armband noch den Diamantring. Male

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