Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition)

Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition)

Titel: Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Brontë
Vom Netzwerk:
nicht.
    »Sie haben Liebe in seinen Zügen gesehen, nicht wahr? Und in die Zukunft blickend, sahen Sie ihn verheiratet – und seine Gattin war ein glückliches Weib?«
    »Hm, das nun nicht gerade. Eure Hexenkunst irrt sich doch auch manchmal, wie ich sehe.«
    »Was zum Teufel sahen Sie denn?«
    »Das kümmert Euch nicht. Ich kam hierher, um zu fragen, nicht um zu beichten. Ist es allgemein bekannt, dass Mr. Rochester sich verheiraten wird?«
    »Ja. Und zwar mit der schönen Miss Ingram.«
    »In Kürze?«
    »Wie es scheint, ist man zu dieser Schlussfolgerung berechtigt. Und ohne Zweifel werden sie ein außergewöhnlich glückliches Paar sein, obgleich
Sie
mit einer Kühnheit daran zu zweifeln sich erlauben, dass man beinahe versucht wäre, Sie dafür zu strafen. Er muss eine so schöne, vornehme, kluge und hochgebildete Dame doch lieben! Und höchstwahrscheinlich liebt sie ihn auch, oder, wenn auch nicht seine Person, so doch seinen Geldbeutel. Ich weiß, dass sie das Familiengut der Rochesters für außerordentlich begehrenswert hält; obgleich ich ihr – Gott verzeihe mir diese Sünde! – vor einer Stunde Dinge darüber gesagt habe, die sie seltsam ernst gestimmt haben. Die Winkel ihres schönen Mundes fielen um einen halben Zoll herab. Ich würde ihrem dunkeläugigen Anbeter doch raten, tüchtig auf seiner Hut zu sein. Wenn ein anderer kommt, der ein größeres und gesicherteres Einkommen hat, so lässt sie ihn einfach laufen …«
    »Aber Mütterchen, Ihr wisst doch, dass ich nicht hierhergekommen bin, um Euch über Mr. Rochesters Schicksal zu befragen! Ich wollte von dem meinen hören, und Ihr habt mir noch nicht eine Silbe darüber gesagt.«
    »Ihr Schicksal ist noch ungewiss! Als ich Ihr Gesicht prüfte, widersprach ein Zug dem anderen. Das Geschick hatauch für Sie ein gewisses Maß von Glück bestimmt – so viel weiß ich. Ich wusste es bereits, bevor ich heute Abend hierherkam. Das Glück ist sorgsam für Sie auf die Seite gelegt worden, ich selbst habe dabei zugesehen. Es hängt von Ihnen ab, ob Sie die Hand ausstrecken und es nehmen. Ob Sie dies wollen, ist die Frage, welche ich gerade zu klären versuche. Knien Sie sich noch einmal dort auf jenen Teppich!«
    »Aber Mütterchen, lasst mich nicht lange knien. Die Flammen versengen mich fast.«
    Ich kniete nieder. Sie beugte sich nicht mehr zu mir herab, sondern blickte mich nur unverwandt an, indem sie sich auf dem Stuhl zurücklehnte. Dann begann sie zu murmeln:
    »Die Flamme zittert im Auge; das Auge erglänzt wie Tautropfen; es ist weich und sanft und voll Gefühl; es lächelt über mein Geschwätz; es ist empfänglich; ein Eindruck jagt den andern durch jene klare Sphäre; wenn es zu lächeln aufhört, wird es traurig; eine unbewusste Müdigkeit lagert schwer auf den Lidern: Das bedeutet Traurigkeit, welche aus der Einsamkeit entspringt. Es wendet sich von mir ab; es will die genaue Prüfung nicht länger über sich ergehen lassen; sein spöttischer Blick scheint die Wahrheit der Entdeckungen, welche ich gemacht habe, leugnen zu wollen – es will die Anklage auf Empfindlichkeit entkräften – und doch bestärken sein Stolz und seine Zurückhaltung mich nur in meiner Meinung. Das Auge verspricht Gutes.
    Was den Mund betrifft, so hat er zuweilen Freude am Lachen; er hat die Gewohnheit, alles auszusprechen, was das Hirn lenkt, obgleich ich überzeugt bin, dass er über alles, was das Herz empfindet, schweigt. Schmiegsam und beweglich, ist er gewiss nicht dazu bestimmt, in die ewige Schweigsamkeit des Alleinseins hineingezwängt zu werden; es ist ein Mund, der viel sprechen und oft lächeln sollte und eine warme Zuneigung für denjenigen hegen müsste, mit dem er spricht, dem er zulächelt. Jener Zug Ihres Gesichts ist ebenfalls günstig.
    Gegen einen glücklichen Ausgang sehe ich nur einen einzigen Feind, und das ist die Stirn. Sie scheint zu sagen: ›Ich vermag allein zu leben, wenn Selbstachtung und die Umstände von mir verlangen, dass es so sei. Ich brauche meine Seele nicht zu verkaufen, um Glück zu erkaufen. Ich besitze einen Schatz in meinem Innern, einen Schatz, der mit mir geboren wurde, der mich am Leben erhalten wird, wenn jedes fremde Glück mir fernbleiben sollte oder mir nur um einen Preis geboten wird, den ich nicht zu zahlen vermag.‹ Die Stirn erklärt weiter: ›Meine Vernunft sitzt fest und hält die Zügel und sie wird nicht gestatten, dass die Gefühle sie fortreißen und in einen Abgrund stürzen. Die Leidenschaften mögen

Weitere Kostenlose Bücher