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Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition)

Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition)

Titel: Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Brontë
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Lächeln.
    »So reden Sie doch«, drängte er.
    »Worüber denn, Sir?«
    »Worüber Sie wollen. Das Gesprächsthema und die Art und Weise seiner Behandlung überlasse ich Ihnen; wählen Sie selbst!«
    Ich sagte gar nichts. ›Wenn er erwartet, dass ich sprechen soll, nur um zu sprechen und mich zu zeigen, so mag er sehen, dass er an die falsche Person gekommen ist‹, dachte ich.
    »Sie sind stumm, Miss Eyre?«
    Ich war noch immer stumm. Er neigte den Kopf zu mir und schien mit einem einzigen hastigen Blick in die tiefste Tiefe meiner Seele tauchen zu wollen.
    »Starrköpfig?«, fragte er, »und beleidigt? Ah, das habe ich auch verdient. Ich habe meine Bitte in einer albernen, beinahe unverschämten Form vorgebracht. Miss Eyre, ich bitte Sie um Verzeihung. Ein für alle Mal möchte ich Ihnen hier sagen, dass ich Sie nicht wie eine Untergebene behandeln möchte. Das heißt …«, verbesserte er sich, »… ich nehme nur jene Überlegenheit für mich in Anspruch, welche diezwanzig Jahre Unterschied im Alter und die hundert Jahre in Erfahrung mir geben. Das ist nur gerecht,
et j’y tiens
, wie Adèle sagen würde. Und kraft dieser Überlegenheit und nur wegen dieser allein wünschte ich, dass Sie die Güte haben möchten, jetzt ein wenig mit mir zu plaudern und meine Gedanken zu zerstreuen, die durch das Verweilen bei einer einzigen Sache ganz gallig geworden sind und angefressen wie ein rostiger Nagel.«
    Er hatte mich einer Erklärung gewürdigt, beinahe einer Entschuldigung; ich war nicht unempfindlich dafür, aber ich wollte es mir nicht anmerken lassen.
    »Ich will Sie gern unterhalten, Sir, sehr gern. Aber ich kann kein Gesprächsthema wählen, weil ich nicht weiß, was Sie interessieren könnte. Fragen Sie mich nur, und ich will mein Bestes tun, um Ihnen zu antworten.«
    »Also zum Ersten: Stimmen Sie mit mir überein, dass ich das Recht habe, ein wenig herrisch und seltsam, zuweilen vielleicht auch ein wenig rechthaberisch zu sein, fußend auf den Gründen, die ich Ihnen angeführt habe? Nämlich, dass ich alt genug bin, um Ihr Vater zu sein, und dass ich mit vielen Menschen und vielen Nationen die verschiedensten Erfahrungen gemacht und mehr als die Hälfte des Erdballs durchstreift habe, während Sie ruhig mit denselben Menschen in demselben Hause gelebt haben.«
    »Ganz wie Sie meinen, Sir.«
    »Das ist keine Antwort, oder vielmehr eine sehr ärgerliche, weil es eine ausweichende ist. Bitte antworten Sie klar.«
    »Ich glaube nicht, Sir, dass Sie ein Recht haben, mir zu befehlen, nur weil Sie älter sind oder weil Sie mehr von der Welt gesehen haben als ich. Ihr Anspruch auf Überlegenheit entspringt dem Gebrauch, welchen Sie von Ihrer Zeit und Ihren Erfahrungen gemacht haben.«
    »Hm, das ist sehr gut gesprochen. Aber ich werde das nicht zugeben, weil ich sehe, dass es meiner Sache nichtnützen würde. Ich habe von beiden genannten Vorteilen nur einen mittelmäßigen, um nicht zu sagen schlechten Gebrauch gemacht. Wenn wir die ›Überlegenheit‹ nun auch ganz aus dem Spiel lassen, so müssen Sie aber einwilligen, hin und wieder Befehle von mir entgegenzunehmen, ohne sich durch den herrischen Ton, in welchem ich sie gebe, verletzt zu fühlen – wollen Sie das?«
    Ich lächelte. Ich dachte bei mir: Mr. Rochester
ist
ein seltsamer Mann, er scheint zu vergessen, dass er mir dreißig Pfund jährlich zahlt, damit ich seine Befehle ausführe.
    »Lächeln ist sehr schön«, sagte er, denn er hatte meinen flüchtigen Gesichtsausdruck augenblicklich bemerkt, »aber Sie müssen nun auch sprechen.«
    »Ich dachte darüber nach, dass sehr wenige Herren sich darum kümmern würden, ob ihre bezahlten Untergebenen durch ihre Befehle verletzt und beleidigt wären oder nicht.«
    »Bezahlte Untergebene, sind Sie meine bezahlte Untergebene? Ach ja, ich hatte das Gehalt vergessen. Gut also! Wollen Sie mir also auf diesen feilen Grund hin erlauben, ein wenig anmaßend zu sein?«
    »Nein Sir, auf diesen Grund hin nicht. Aber auf den Grund hin, dass Sie ihn vergessen konnten und dass Sie sich darum kümmern, ob eine Untergebene in ihrer Abhängigkeit glücklich ist oder nicht, willige ich von Herzen gern ein.«
    »Und wollen Sie auch einwilligen, mich von einer ganzen Menge konventioneller Formen und Phrasen zu dispensieren, ohne zu glauben, dass diese Unterlassung der Unverschämtheit entspringt?«
    »Ich bin überzeugt, Sir, dass ich Zwanglosigkeit niemals mit Unverschämtheit verwechseln würde; für das eine habe ich eine

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