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Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition)

Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition)

Titel: Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Brontë
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Schnell war mein Auge an der Öffnung: Célines Zofe trat ein, zündete eine Lampe an, stellte sie auf den Tisch und entfernte sich wieder. So konnte ich das Paar also deutlich sehen. Beide legten ihre Mäntel ab, und da stand sie, die Varens, strahlend in Atlas und Juwelen – meine Geschenke natürlich. Und da stand auch ihr Begleiter in der Uniform eines Offiziers.
    Ich erkannte in ihm einen jungen Vicomte – einen gehirnarmen, lasterhaften Wüstling, den ich zuweilen in der Gesellschaft getroffen und den ich niemals geglaubt hatte, hassen zu müssen, weil ich ihn so gründlich verachtete. Als ich ihn erkannte, war der Giftzahn der Schlange Eifersucht augenblicklich gebrochen, denn in demselben Augenblick sank meine Liebe für Céline unter den Gefrierpunkt. Es war nicht der Mühe wert, um ein Weib zu kämpfen, das mich um eines solchen Rivalen willen verraten konnte. Sie verdiente nichts als Verachtung – aber immer noch weniger als ich selbst verdiente, der ich mich von ihr hatte betrügen lassen.
    Sie begannen zu sprechen und ihre Unterhaltung beruhigte mich vollständig: Frivol, eigennützig, herzlos und dumm war sie nur dazu angetan, einen Lauscher zu ermüden, anstatt ihn zu empören. Meine Visitenkarte lag auf dem Tisch; als dies bemerkt wurde, war natürlich mein Name im Gespräch. Keiner von beiden besaß genug Witz oder Energie, um ihn gründlich zu bearbeiten; aber sie beleidigten mich so roh und gemein, wie es ihnen in ihrer kleinlichen Weise möglich war, besonders Céline, die beinahe geistreich wurde, als sie über meine äußeren Mängel und Fehler herfiel – Deformationen, wie sie es nannte. Nun war es stets ihre Gewohnheit gewesen, in wortreiche Bewunderung über das auszubrechen, was sie meine ›beauté mâle‹ nannte – worin sie sich übrigens diametral von Ihnen unterschied, die Sie mir bei unserer zweiten Begegnungschon erklärten, dass Sie mich durchaus nicht für schön halten. Der Kontrast frappierte mich damals sehr, und …«
    Hier kam Adèle wiederum gelaufen.
    »Monsieur, John ist eben da gewesen, um zu sagen, dass Ihr Verwalter angekommen ist und Sie zu sprechen wünscht.«
    »Ah! In diesem Falle muss ich mich kurz fassen: Ich öffnete die Balkontür und trat zu ihnen ins Zimmer, entließ Céline aus meiner Protektion, zeigte ihr an, dass sie das Haus zu verlassen habe und bot ihr eine gefüllte Börse für die augenblicklich dringendsten Ausgaben. Ich kümmerte mich nicht um Geschrei, hysterische Tränen, Bitten, Beteuerungen, Krämpfe und Zuckungen und traf mit dem Vicomte eine Verabredung für den folgenden Morgen im Bois de Boulogne. Am nächsten Morgen hatte ich das Vergnügen, ihm gegenüberzustehen, ließ eine Kugel in einem seiner jämmerlichen, kranken Arme zurück, die so schwach waren, wie die Flügel eines jungen Huhns, das den Pips hat, und glaubte dann, mit der ganzen Gesellschaft fertig zu sein. Unglücklicherweise hatte die Varens mir aber sechs Monate zuvor dieses Mädchen Adèle geschenkt, von welcher sie schwor, dass sie mein Kind sei, und vielleicht ist sie’s auch, obgleich ich in ihrem Gesicht keinen Zug ihres grausam hässlichen Vaters entdecken kann; Pilot hat mehr Ähnlichkeit mit mir als sie. Einige Jahre nachdem ich mit der Mutter gebrochen hatte, verließ sie ihr Kind und brannte nach Italien mit einem Musikanten oder einem Sänger durch. Ich erklärte, dass Adèle durchaus keine natürlichen, selbstverständlichen Ansprüche habe, von mir erhalten zu werden, und ebenso wenig erkenne ich jetzt solche Ansprüche an, denn ich bin nicht ihr Vater. Als ich aber hörte, dass das arme Geschöpf ganz verlassen sei, nahm ich es aus dem Schmutz und dem Elend und dem Schlamm von Paris und verpflanzte es hierher, um auf dem reinen und gesunden Boden eines englischen Landhauses aufzuwachsen. Dann fand Mrs. Fairfax Sie, die Sie die zarte Pflanze pflegenund erziehen wollen – aber jetzt, wo Sie wissen, dass sie der Sprössling einer französischen Sängerin ist, werden Sie vielleicht anders von Ihrer Stellung und Ihrem Schützling denken? Eines Tages werden Sie mir mit der Nachricht kommen, dass Sie eine andere Stelle gefunden haben und mich bitten, mich nach einer anderen Gouvernante umzusehen, nicht wahr?«
    »Nein. Adèle ist weder für die Sünden ihrer Mutter, noch für die Ihren verantwortlich. Ich hege eine Neigung für sie, und jetzt, wo ich weiß, dass sie in gewissem Sinne elternlos ist – verlassen von ihrer Mutter und verleugnet von Ihnen, Sir –,

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