Jane True 02 - Meeresblitzen
mich die ganze Zeit über im Auge behielt und mit zuckender Nase seine Kräfte in meinen Schild leitete.
Vermutlich konnte er meine Angst riechen. So viel zu meinem meisterlichen Auftritt als Actionheldin.
Schließlich hatte ich mich bis ans Ende des Stegs vorgepirscht und lugte vorsichtig über die Kante ins Wasser. Auch da war nichts: keine Leichen, kein Conleth, kein gar nichts. Nur ein auf Abwege geratener, halb aufgeblasener Schwimmflügel.
»Gut machst du das, Jane«, brummte Anyan plötzlich direkt hinter mir und ließ mich vor Schreck zusammenzucken. Ich fasste mir mit der Hand an mein wild pochendes Herz, dann drehte ich mich um und sah, dass er angestrengt ein Lachen unterdrückte.
» Mach so was nicht!«, zischte ich ihn an. »Ich hätte beinahe eine Herzattacke bekommen!«
Der Barghest konnte nicht länger an sich halten und gluckste los. »Tut mir leid, ich kann nichts dagegen tun. Bin es einfach gewohnt, leise zu gehen.«
»Okay, Mister Oberschleicher, wir pirschen uns nicht an Jane ran. Sonst macht sich Jane noch vor Schreck in die Hosen.«
»Warum redest du denn in der dritten Person von dir? Das ist ja komisch.«
»Selber komisch.«
Wir hielten inne, und dann grinsten wir uns an, amüsiert über unseren kleinen Wortwechsel. Ich mochte es, wie sich kleine Fältchen um seine Augen bildeten, wenn er lachte.
»Der Trampelpfad geht noch weiter«, sagte Anyan und riss mich damit aus meinen Tagträumen.
»Hm?«
»Da geht der Trampelpfad weiter«, wiederholte er und machte eine Kopfbewegung zum anderen Ufer des kleinen Teichs.
»Mist«, sagte ich, während ich mir einen Weg zurück auf festen Boden bahnte. Doch bevor ich dort anlangte, hielt Anyan mich am Arm fest.
»Jane, ich wollte dir nur sagen, dass ich es ernst meine. Du machst das wirklich toll. Ich weiß, dass du Angst hast, aber du kämpfst dagegen an. Mehr könnte keiner von uns tun.«
Ich lief rot an und zog den Kopf ein. »Danke, Anyan«, erwiderte ich, als wir um den Teich herumgingen. Aber ich hatte wenig Zeit, mich in seiner Gunst zu sonnen, denn sobald wir uns dem anderen Ufer näherten, wurde der Barghest nervös.
»Hinter mich, Jane«, raunte er. Sein Schild, der mich schon vorher umhüllt hatte, wurde, als wir den Pfad weiter verfolgten, zu einer fast physisch spürbaren Last auf meinen Schultern. Wir kamen zu einer weiteren kleinen Spur, die von unserem Pfad abzweigte. Anyan drehte sich zur Seite und spähte in die Richtung, in die sie führte, seine Nase zuckte wie wild. Schließlich ging er weiter, und ich folgte ihm praktisch auf den Fersen, wobei ich mich darauf konzentrierte, auch meine eigenen Schutzmechanismen aufrechtzuhalten, um seine zu ergänzen. Als er plötzlich abrupt stehen blieb, war ich so nah hinter ihm, dass ich mit einem »Uff« gegen ihn prallte. Er griff hinter sich und hielt mich fest. Meine Nase drückte gegen seine Lederjacke, meine Brüste gegen seinen Rücken. Plötzlich erinnerte ich mich daran, dass ein ziemlich knackiger Hintern in dieser abgewetzten Jeans steckte. Netter Knackarsch , dachte ich und verspürte den starken – und völlig unangebrachten – Drang, ihm einen Klaps zu versetzen. Dann fiel mir wieder
ein, dass ich vor Monaten in dasselbe Hinterteil gebissen hatte, und meine Wangen liefen rot an.
Wir gingen weiter, wobei Anyans Hand noch immer an meiner Taille war und mich weiter an ihn drückte. Meine Wangen fingen an, noch heißer zu glühen, und ich konnte nicht glauben, dass ich unter den gegebenen Umständen so reagierte. Ich wusste nicht, was Anyan gewittert hatte, was los war, aber es war sicher nichts Gutes. Und doch konnte ich an nichts anderes denken als an das Gefühl von Anyans Körper an meinem.
»Was ist los?«, flüsterte ich und versuchte, meine Energie wieder zu fokussieren, wie er es mir beigebracht hatte.
»Blut«, flüsterte er zurück, und meine Libido verpuffte genauso schnell wie sie erwacht war.
»Scheiße«, bemerkte ich. »Das auch«, murmelte er, abgelenkt von allen Gerüchen, die der Wind ihm zutrug.
Wir blieben wieder stehen. Ich lugte hinter seinem breiten Rücken hervor und sah, dass wir vor einem kleinen Häuschen standen. Es sah aus wie ein zu groß geratenes Kinderspielhaus oder ein kleines Künstleratelier. Oder der Rückzugsort eines Schriftstellers , kam es mir in den Sinn, und mein Herz rutschte mir bis in die Stiefel.
»Bleib hier, Jane«, murmelte Anyan, aber ich blieb ihm dennoch dicht auf den Fersen. Was auch immer uns darin
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