Jane True 02 - Meeresblitzen
nicht, aber ich ließ nicht locker.
»Du musst nicht darüber sprechen, wenn du nicht willst. Aber ich würde es gern wissen. Wenn wir Freunde werden wollen, dann sollten wir über so etwas reden können…«
Er schüttelte den Kopf, ließ sich zurück auf den Hintern sinken und setzte sich im Schneidersitz hin. Er wirkte so jung, wie er da vor mir saß, so verletzlich. Ich fragte mich, welcher Schalter sich bei ihm umlegte, wenn er mordete.
»Okay, okay. Du hast Recht.«
Ich wartete darauf, dass er zu erzählen anfing, froh darüber, dass er sein Gefummel unterbrochen hatte, aber voller Angst darüber, was ich nun zu hören bekäme.
»Es war gar nicht so schlimm, wirklich. Zumindest eine ganze Weile.«
Ich neigte den Kopf und zeigte dem Ifrit mein bestes »Zuhör«-Gesicht.
»Ich meine, ich kannte es ja nicht anders. Ich bin zwar nicht im Labor geboren worden, aber das machte kaum einen Unterschied. Ich war noch sehr klein, als ich dorthin kam.« Er legte eine Pause ein und starrte gedankenverloren auf seine Füße.
»Wie bist du überhaupt dort gelandet? Im Labor?« Ich gab ihm Stichworte, obwohl ich die Fakten im Grunde schon kannte.
Con fing an zu zittern und nervös seine Hände zu kneten. »Das ist ziemlich dumm gelaufen…«, sagte er.
»Schon okay, Con«, erwiderte ich. »Was ist passiert?«
»Ich war doch noch ein Baby. Wahrscheinlich erst ein paar Monate alt. Meine Mutter war ein Mensch. Die Schlampe hat mich einfach vor einem Kloster abgelegt. Ich weiß, dass eine der Nonnen um Mitternacht herum bei der Polizei anrief und ihnen mitteilte, dass ein Kind vor ihrer Tür ausgesetzt worden war. Sie meinte, sie sei aufgewacht, weil sie schlecht geträumt habe. Aber bei der Polizei waren
sie gerade zu beschäftigt und konnten nicht sofort kommen. Und die Nonne meinte, sie würde sich gern um mich kümmern. Dann hörte der Polizist Weinen im Hintergrund, und plötzlich fing die Nonne zu schreien an. Irgendetwas musste mich aus der Fassung gebracht haben, also setzte ich das Kloster in Brand. Alle darin kamen um.«
»Mein Gott!«, hauchte ich.
»Ich denke, ich wurde als Mörder geboren«, sagte er. Scham schwang in seiner Stimme mit, zusammen mit erbittertem Stolz. Conleth war wirklich total durchgeknallt.
»Wie kommt es, dass du dich noch daran erinnern kannst, was passiert ist? Und was die Nonnen gesagt haben?«
Con schüttelte den Kopf. »Nein, mir wurde einmal von jemandem der aufgezeichnete Notruf vorgespielt. Von jemandem … der später kam.«
»Später?«
»Ja, als das Labor … sich veränderte.«
»Oh«, sagte ich. Und dann saßen wir eine Weile schweigend da. Er dachte vermutlich daran, was ihm unter der neuen Laborleitung angetan worden war, aber ich fragte mich, wie viel er wohl über die Machtstrukturen dahinter wusste. Und wie ich ihn dazu bringen konnte, mir zu verraten, was ich wissen wollte.
»Vorher war es ganz okay«, sagte er schließlich.
»Im Labor?«
»Ja, wie schon gesagt, ich kannte es ja nicht anders. Und sie haben mich ganz okay behandelt. Ich meine, manche der Tests taten schon weh oder machten mir Angst, aber die Schwestern waren nett, und den Ärzten, vor allem Dr. Silver, schien ich nicht völlig gleichgültig zu sein.«
»Bestimmt warst du ihnen nicht gleichgültig, Con. Schließlich haben sie dich aufwachsen sehen.«
Er schnaubte verächtlich, aber anders als mein Schnauben bestand seines aus Feuer. »Wie auch immer, ich dachte, sie würden sich um mich sorgen, weil ich es nun mal nicht anders kannte. Aber keiner tat es wirklich. Ich war doch nichts weiter als ein Versuchskaninchen für sie, ein Experiment. Sie hielten mich nur bei Laune, weil sie dann ihre Tests besser an mir durchführen konnten. Und weil ich sie, obwohl ich das damals noch nicht wusste, alle in die Luft hätte jagen können.«
Ich nickte, und er malte sich vermutlich aus, wie das »Indie-Luft-Jagen« ausgesehen hätte.
»Und was passierte dann, als das Labor sich veränderte? «
Er schwieg eine Weile, um sich zu sammeln. Ich wartete und vertrieb mir die Zeit damit, meine Stirn zu runzeln und zuzusehen, wie das getrocknete Blut auf meine Jeans rieselte.
»Es ging ganz schleichend, passierte erst im Laufe der Zeit«, erzählte er schließlich zögernd. »Erst kamen andere Krankenschwestern. Dann andere Ärzte. Und am Ende war nichts mehr, wie es vorher gewesen war. Sogar Silver wurde gefeuert. Erst dann wurde mir so richtig klar, wie viel Glück ich vorher hatte.«
»Was haben sie mit
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