Jane True 02 - Meeresblitzen
dir gemacht?«, fragte ich sanft.
Er blickte auf und sah mir in die Augen. Sein Blick war gequält. Wenn er vorher schon verletzlich gewirkt hatte, dann sah er jetzt völlig am Boden zerstört aus.
»Frag besser, was sie nicht mit mir gemacht haben.
Einiges war wie die Untersuchungen, die auch schon vorher an mir vorgenommen worden waren, aber anderes wurde, glaube ich, nur gemacht, um mich zu quälen. Da war dieser eine Arzt… er war der erste, der kein Mensch war. Nicht der letzte, aber der erste. Durch ihn begriff ich, dass ich nicht allein war. Er nannte sich ›der Heiler‹ und sonst nichts. Ich weiß nicht, was er war, und für die Menschen sah er wohl ganz normal aus. Aber er wandte bloß seine Aura an, denn er war alles andere als normal. Er sah ein bisschen aus wie … eine Echse.«
Vielleicht ein Kobold? , dachte ich und fragte Conleth nach mehr Details.
»Wie schon gesagt, er hatte etwas Reptilienhaftes. Seine Nase war irgendwie flach und schlangenartig, und er hatte fast am ganzen Körper schuppige Haut. Nur sein Gesicht bestand aus Menschenhaut, und auch seine Augen sahen menschlich aus. Seine Hände waren auch die eines Menschen, allerdings hatte er regelrechte Krallen…« Conleth verstummte und wischte sich die Handflächen an seiner Jeans ab, als versuche er, sich von schlechten Erinnerungen zu reinigen. Er wirkte jetzt völlig in sich gekehrt und sprach genauso zu sich wie mit mir. Unterdessen versuchte ich, mir darüber klarzuwerden, was dieser Heiler genau gewesen sein könnte. Wen hatte ich schon getroffen, der aussah wie eine Echse?
Vielleicht ein Nahual, der versuchte, ihm Angst zu machen? Und dann stieß mein Hirn auf das Offensichtliche. Oder ein Koboldhalbling…
»Er war noch schlimmer als die Frau mit ihrem Lieblingspsycho. «
»Verstehe«, sagte ich besänftigend, denn Con wurde langsam wieder unruhig. Und seine Unruhe nahm die Form von winzigen Feuerbällen an, die aus ihm herausgeschleudert wurden und unkontrolliert durch den Raum stoben. Ich zog rasch ein bisschen Wasser aus der Luft, um einen Funken zu löschen, der auf meiner Jeans gelandet war. Ich nahm an, dass er die Leute, von denen er sprach, bei seiner Flucht getötet hatte, also sagte ich: »Du hast sie erledigt, als du entkommen konntest, oder?«
Con sah mich finster an. »Nein. Die Frau war an diesem Tag nicht da und der Heiler auch nicht. Anfangs war er oft da, aber später wurde er wohl befördert.« Cons Stimme wurde so kalt wie seine Augen. »Er hat seine Arbeit wirklich gut erledigt«, sagte er verächtlich. »Er stand auf Schmerz. Er hat Sachen gemacht…« Conleth verstummte erneut, und ich wusste, dieses Schweigen würde er so leicht nicht brechen.
»Du hast Schlimmes durchgemacht«, sagte ich, um ihm aus der Klemme zu helfen, indem ich ihn wissen ließ, dass er gar nicht mehr zu sagen brauchte.
Aber so nahm Con es nicht auf. Er sah mich scharf an, und seine Elementarkraft loderte in einer hellen, heißen Stichflamme auf.
»Was zum Teufel weißt du denn schon, Jane?«
Ich blinzelte, irritiert von seiner plötzlichen Wut. Schließlich waren mein Entführer und ich bis hierhin recht gut miteinander ausgekommen.
»Dein Leben war doch nichts weiter als ein Spaziergang. Was weißt du denn bitte schon von Schmerz? Von Demütigungen? « Conleth erhob sich und kam bedrohlich auf mich zu.
»Con, ich wollte nicht…«
»Nein, Jane, verdammt! Okay, dein Freund ist gestorben, und deine liebevolle Mutter ließ dich in der Obhut deines liebevollen Vaters zurück. Okay, du warst sogar eine Zeit lang in einem richtigen Krankenhaus, wo deine Familie und deine Freunde die ganze Zeit ein sorgsames Auge auf dich hatten… Was zur Hölle weißt du bitte schon von Leid?« Conleth Stimme wurde immer lauter und die Hitze, die er pulsierend verströmte, immer stärker.
»Du hast Recht«, sagte ich beschwichtigend. »Es tut mir leid…«
»All der Scheiß, den sie mir am Ende angetan haben, Jane…« Seine Stimme brach, und seine Flammen erloschen und enthüllten Schultern, die im Schmerz der Erinnerung erschlafft waren. Aber sein schwacher Moment währte nicht lang, sein Feuer loderte wieder auf, und er machte noch einen Schritt auf mich zu.
»Ich dachte, wir könnten Freunde sein, Jane, aber wahrscheinlich kannst du mich einfach nicht verstehen. Vielleicht bist du ja doch genauso wie alle anderen. Was weißt du denn schon, verdammt?«, rief er erneut und streckte seine flammende Hand nach mir aus.
Ich wich zurück und
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