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Jane True 02 - Meeresblitzen

Titel: Jane True 02 - Meeresblitzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Peeler
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angestammten Platz wie Pferde in ihren Boxen.

    »Es ist wunderschön, Ryu.«
    »Ich dachte mir, dass dir das gefällt«, erwiderte er an das Brückengeländer gelehnt. »Hattest du nicht gesagt, du erinnerst dich noch aus deiner Kindheit daran?«
    Ich lächelte. Als er zum zweiten Mal nach Rockabill gekommen war, gleich nach dem ganzen Drama am Hof der Alfar vor einigen Monaten, hatte ich ihm von einem Familienausflug nach Boston erzählt, vor Jahren, als meine Mutter noch bei uns war. Eine Unterhaltung, an die sich Ryu nicht nur zu erinnern schien, sondern die er sogar in seine Pläne für meinen Besuch hatte einfließen lassen. Es war unglaublich süß von ihm, aber ein Teil von mir verfluchte diese Sensibilität. Denn das war genau der Mist, der mich dazu brachte, mich ernsthaft in den Vampir zu verlieben, und das war viel zu kompliziert, um es in Worte zu fassen.
    »Ja, ich war erst fünf oder so, also habe ich keine besonders klare Erinnerung mehr daran. Und vielleicht sind es nicht einmal meine eigenen Erinnerungen, sondern nur die, die ich von den Fotos von damals habe. Wir sind nach Boston gefahren in dem Jahr, bevor meine Mutter wegging, und ich mag die Vorstellung, dass ich mich noch daran erinnern kann.«
    Ich ging zu ihm hinüber und lehnte mich übers Geländer, so dass ich aufs Wasser und den Pavillon schauen konnte, wo die Boote festgemacht waren.
    Er betrachtete mich schweigend, während ich versuchte, mir vorzustellen, wie ich als kleines Mädchen auf derselben Brücke stand und die Hand von einem Mann und einer Frau hielt. Die Frau würde bald fortgehen, und von da an
würde mein Leben nie mehr so sein wie zuvor, aber in jenem Augenblick damals musste ich glücklich gewesen sein.
    Ryu strich mir das Haar hinters Ohr und drehte sich um, so dass wir Hüfte an Hüfte nebeneinander standen und in dieselbe Richtung übers Wasser blickten.
    »Jane«, sagte er. »Ich will dich etwas fragen. Du musst nicht gleich antworten, und wir müssen auch noch gar nichts deswegen unternehmen. Ich will nur, dass du darüber nachdenkst. «
    Ich wandte mich ihm zu und sah ihm ins Gesicht. Ich hatte ihn noch nie so ernst gesehen.
    »Es ist nur so, dass ich es mag, wenn wir zusammen sind. Ich mag uns , Punkt. Ich bin gern mit dir zusammen, habe dich gern in meiner Nähe…« Ryu verstummte nervös und fing an, am Träger meines Oberteils herumzunesteln. Sein Finger fuhr meinen Bizeps nach. »Du fühlst dich richtig an. Wir fühlen uns richtig an. Ich weiß, du sprichst nicht gern über diese Dinge…« Sein Finger setzte federleicht seinen Weg meinen Unterarm entlang fort, aber als er meine Hand nehmen wollte, blieb er aus Versehen an meinem Armband hängen. Als er die Hand zurückzog, löste es sich.
    »Mist, sorry«, sagte er, als wir uns beide gleichzeitig hastig bückten, um es aufzuheben, und mit den Köpfen zusammenstießen. Wir lachten verlegen und rieben uns die Stirn.
    »Ich hebe es auf, warte«, sagte ich. Das Armband hatte meiner Mutter gehört. Ich wollte es nicht verlieren.
    Das rettete mir das Leben. Gerade als ich mich hingekniet hatte, um zu meinen Füßen nach dem Armband zu tasten, rollte eine Feuerwand von links aus der Dunkelheit direkt über unsere Köpfe hinweg.

    Ryu hatte keine Witze über seine magischen Reflexe gemacht. Seine Schilde waren schon in dem Moment oben, als uns das erste Kribbeln des Zaubers erreichte, einen Bruchteil einer Sekunde bevor das Feuer kam. Unglücklicherweise mussten seine Reflexe auch für mich herhalten, denn ich schien diese Lektion komplett verpasst zu haben. Als die Explosion uns traf, war ich nur knapp von den Rändern seines Schildes verdeckt, was den größten Teil des Feuers abhielt. Ansonsten wäre ich noch im selben Augenblick gut durchgeschmort gewesen. Aber sein Schild konnte die pure Kraft hinter den Flammen nicht ganz abfedern.
    Ich konnte gerade noch nach dem Schmuckstück greifen, als ich auch schon durch die Luft geschleudert wurde. Ich erinnere mich weder daran, wie ich gegen den Pfeiler der Laterne prallte, der mich davon abhielt, im See zu landen, noch daran, wie ich auf den Betonboden der Brücke stürzte. Aber ich erinnere mich an den Schmerz und an den Rauch.
    Ich erinnere mich auch noch daran, wie mir durch den Kopf schoss, dass ich besser mal meine Reflexe trainieren sollte, und zwar ein bisschen pronto.

KAPITEL 5

    A ls ich langsam wieder zu Bewusstsein kam, standen Ryus polierte Gucci-Stiefeletten zu beiden Seiten meiner Taille, während er

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