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Jane True 02 - Meeresblitzen

Titel: Jane True 02 - Meeresblitzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Peeler
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einem Kaninchen, das sich kratzt. »Er ist Idiot. Aber Familie … Hat er dich nass gemacht?«
    »Nein«, erwiderte ich eifrig und achtete darauf, nicht zu erschaudern, während sich mein durchnässtes Oberteil gegen die Stuhllehne drückte.
    »Gut. Nur ich darf hier nassmachen. Ha!«
    Grizzie zuckte entschuldigend mit den Schultern, und Salim fing an, meinen Kopf von allen Seiten in Augenschein zu nehmen. Er beäugte meine Haare, stocherte hinein und zog daran herum. Grizzies und mein Blick trafen sich im Spiegel, und ich versuchte, sie daran zu erinnern, dass sie jetzt dran war. Sie grinste.
    »Jane will mein Geheimnis wissen, Salim.«
    Ich machte ein langes Gesicht, denn ich konnte nicht fassen, dass sogar Grizzies Friseur ihr Geheimnis kannte, während ich, eine ihrer besten Freundinnen, ahnungslos war. Aber offenbar stimmte es, was man über Friseure und Gynäkologen sagt, nämlich dass sie alles über ihre Kundinnen und Patientinnen wissen.
    »Ha!«, bellte Salim wieder und begann wie wild mit beiden Händen meine rechte Kopfhälfte zu bearbeiten.
    »Soll ich’s ihr sagen?«
    »Hmm…« Der haarige, kleine Mann zuckte mit den
Schultern und fing an, an meiner linken Kopfseite herumzufummeln.
    »Wo soll ich anfangen?«
    »Erst Geld … «, sagte er kryptisch, während er mit seinen Patschehändchen meine Haare auf beiden Seiten an meinen Kopf drückte und uns beide im Spiegel betrachtete, bevor er endlich von mir abließ und nach seiner Schere griff.
    »Dann Sex!«, fuhr er fort, während er bedrohlich in der Luft herumfuchtelte.
    »Dann Liebe!«, fügte er abschließend hinzu und machte sich über meinen Haarschopf her. Ich wäre beinahe in Ohnmacht gefallen.
    Ströme, Sturzbäche, Fluten von Haar wirbelten um mich herum durch die Luft, und Grizzie begann zu erzählen.
    »Das Geld ist tatsächlich ein guter Einstieg«, räumte sie ein. Offensichtlich bereitete sie sich darauf vor, weit auszuholen.
    »Ich bin als keine der Frauen geboren worden, die du kennst, Jane. Weder als Grizzie noch als Dusty. Ich wurde als Amelia Vanderbilt Bathgate geboren. Amelia ist der Name meiner Großmutter mütterlicherseits und mein zweiter Vorname.«
    Ich riss sprachlos die Augen auf, zum einen wegen dem, was Grizzie mir über ihre Herkunft erzählte, und zum anderen deshalb, weil ich buchstäblich in einem Meer aus meinen eigenen Haaren saß. Langsam begann ich zu fürchten, dass Salims »Trockenschneide-Technik« darin enden würde, dass er mir eine Glatze verpasste.
    »Ja, diese Vanderbilts. Aber meine Bathgate-Verwandtschaft hielt sie insgeheim für vulgär. Für Neureiche eben,
aber solche, die so reich auch wieder nicht waren. Immerhin sorgten die Bathgates für das »pur« in »Puritaner«. Sie standen am Steuer der May flower . Sie stellten die Kohle bereit, die die Gesichter der Boston Tea Party schwärzte. Die Tinte, mit der die Unabhängigkeitserklärung unterzeichnet wurde. Das Lampenöl, das Paul Revere auf seinem berühmten Ritt nach Lexington und Concorde den Weg leuchtete, wo er die Einwohner vor den herannahenden britischen Truppen warnte.«
    Mir blieb vor Staunen der Mund offen stehen. Ich hatte mit allen möglichen schockierenden Dingen aus Grizzies für gewöhnlich schockierendem Mundwerk gerechnet… aber ich war nicht darauf vorbereitet gewesen, zu erfahren, dass sie eine echte Tochter der Amerikanischen Revolution war.
    Grizzie ignorierte meine erstaunte Reaktion und fuhr mit ihrer Erzählung fort. »Als die Bostoner Gesellschaft ihr zu wenig puritanisch wurde, zog meine Familie nach Chicago, um noch einmal von vorne zu beginnen, in einer Stadt, deren soziales Milieu sie noch per Handauslese bestimmen konnten. Das taten sie dann auch, und sie überwachten es mit eiserner Hand, bis die Stadt zu einer Größe anschwoll, die selbst sie nicht mehr kontrollieren konnten. Aber bis dahin waren die Bathgates praktisch Chicago. Zumindest hinter den Kulissen…«
    »Wieso?«, fragte ich bloß. Was ich meinte war, wie war es dazu gekommen, dass sie dort wegging? Warum war sie weggegangen? Besonders, wo sie offenbar aus einer Familie stammte, die sowohl in der Bostoner Gesellschaft als auch in der Politik so bekannt war, dass selbst ich, die
ich im letzten Winkel der Ostküste lebte, von ihr gehört hatte?
    »Das ist ganz einfach, Jane. Als eine Bathgate geboren zu sein, ist nicht so toll, wie man vielleicht meinen würde. Ich wurde in eine Welt der Privilegien geboren. Und der totalen Unwissenheit. Versteh mich nicht

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