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Jane True 02 - Meeresblitzen

Titel: Jane True 02 - Meeresblitzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Peeler
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nicht vorstellen, in Kreise zurückzukehren, die an so hirnrissigen Vorstellungen festhielten. Mir war klargeworden,
dass wir als soziale Schicht einfach nur das Geld in Umlauf hielten. Und ich wollte leben .«
    Salims Bewegungen wurden langsamer, sein Geschnippel bedachter. Ich ahnte, dass er mit seinem Werk bald fertig war. Aber ich weigerte mich noch, die Augen zu öffnen. Falls ich gleich feststellen musste, dass ich aussah wie Vin Diesel, könnte ich theatralisch in Tränen ausbrechen, um ihm damit wenigstens ein paar Schuldgefühle abzuringen.
    »Also machte ich, um mir meinen Lebensunterhalt zu verdienen, allerhand verrückte Sachen. Du weißt ja, womit das endete: mit Dusty Nethers, die gegen Geld unsäglich pikante, sittenlose Akte vollzog. Es gibt Millionen von Sachen, von denen ich mir heute wünsche, ich hätte sie anders gemacht, und Tausende, die ich bereue. Aber mit Amelias Welt gebrochen zu haben, habe ich nie bereut. Niemals. Auch wenn ich manchmal als »Amelia« dorthin zurückkehre, um meinen Treuhandfond zu kontrollieren oder dem Bauch, der Amelia geboren hat, die Ehre zu erweisen.«
    »Bist du denn nicht verstoßen worden, Grizzie? Deine Familie kann doch unmöglich akzeptiert haben, wer du jetzt bist, ganz zu schweigen davon, wer du warst.«
    Grizzie lachte bitter. »Zunächst musst du verstehen, dass meine frühere Welt nur auf Schein beruht und von lauter Arschkriechern am Laufen gehalten wird. Wer also würde meiner Mutter da eine Wahrheit sagen, die sie nicht hören will? Sie würde den Überbringer der Nachricht mit dem größten Vergnügen erschießen. Und was mein Verschwinden betrifft, da will sie nicht mehr wissen, als ich ihr eben verrate. Also akzeptiert sie meine Lügen über irgendwelche Abschlüsse in Paris oder Freiwilligendienst in Afrika und
stellt keine weiteren Fragen. Außerdem bin ich als Amelia eine völlig andere Person. Eine Person, die nicht einmal du erkennen würdest, nehme ich an, Jane. Ich bezweifle, dass es viele Leute gibt, die überhaupt eine Verbindung zwischen Dusty und Amelia erkennen würden. Und auch wenn ich überglücklich wäre, wenn meine Mutter Grizelda Montague und ihre liebende Frau, Tracy, kennenlernen würde, so weiß ich doch, dass das niemals passieren wird. Jedenfalls bin ich froh, dass Dusty ad acta gelegt wurde. Von ›Crystal‹ oder ›Tyler‹ möchte ich gar nicht reden; die waren ein einziges Desaster. Aber jetzt kann ich die meiste Zeit über einfach ich sein: Grizzie.«
    Ich schlug die Augen auf und bemerkte, dass ich noch immer ihr zugewandt dasaß. Sie lächelte mich an, und für eine winzige Sekunde sah ich all die Frauen, die in Grizzie zu einem komplexen Gewebe aus Erfahrungen verwoben waren. Dann lösten sie sich wieder zu der Frau auf, die ich kannte, die sich in einem Friseurstuhl räkelte, genau wusste, wo sie hingehörte und tiefe Zufriedenheit ausstrahlte. Ich musste die Tränen unterdrücken.
    Okay, ich gebe zu, es war teilweise auch deshalb, weil ich einen Blick auf die Berge von schwarzem Haar erhaschte, die sich am Boden um meinen Stuhl herum häuften.
    »Wie?«, fragte ich und versuchte die drohende Gefahr, die von einem Blick in den Spiegel ausging, auszublenden. »Wie hast du Grizzie kennengelernt?«
    Meine Freundin lächelte. »Nichts leichter als das. Wir haben uns einfach gefunden. Ich lernte sie kennen, als es mir ziemlich schlecht ging. Ich befand mich in einem ›schlechten Umfeld‹, wie es im Talkshow-Jargon heißen würde. Ich
wollte wirklich raus aus der Branche, wusste aber nicht wie. Ich wollte auf keinen Fall wieder als ›Amelia‹ leben, aber alle meine anderen Identitätskonstrukte waren beinahe genauso katastrophal, bloß auf andere Art. Dann traf ich Tracy. Und sie hat mich gesehen. Ich meine, so wie ich wirklich bin. Ich weiß, das klingt jetzt total kitschig, aber es ist die Wahrheit.« Grizzie wurde rot. »Ich schaute in ihre Augen, und da war ich.«
    Ich hatte gerade zu einer Frage angesetzt, da hob Salim meinen Kopf, glotzte mich an und grunzte zufrieden. Er wirbelte meinen Stuhl zum Spiegel herum und drückte mir einen weiteren Spiegel in die Hand, damit ich mich von allen Seiten betrachten konnte.
    Ich schnappte überrascht nach Luft, ehrfürchtig. Mein Haar sah toll aus. Es war noch immer lang, fiel mir bis über die Schultern, aber die verbrannte Stelle wurde nun durch den raffinierten Schnitt getarnt. Salim hatte es sogar geschafft, dass sich mein fast herausgewachsener Pony gut einfügte, so

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