Jane True 02 - Meeresblitzen
geschürzten Lippen. Tracy schien den Atem anzuhalten. Schließlich nickte Grizzie abrupt.
»Also gut, Jane, nach all den Jahren schulde ich dir die Wahrheit. Und ich hatte sowieso schon längst mit dir darüber reden wollen. So schlagen wir gleich zwei Fliegen mit einer Klappe. Also hol deine Jacke.«
Überrascht tat ich, was sie sagte, und ging hinter ihr her zum Auto. Ich konnte es nicht glauben, dass Grizzie mir endlich ihr größtes Geheimnis verraten würde. Die Frage war nur …
Würde ich mit der Wahrheit auch umgehen können?
Der haarige Mann beäugte mich lüstern, seine vollen Lippen verzogen sich zu etwas, das wohl ein verführerisches Lächeln sein sollte. Ich wich einen Schritt zurück.
»Salim, das ist Jane. Ihre Haare sind der Horror. Hilf ihr.«
Salim ließ seinen Blick genüsslich über Grizzie schweifen. Dann sah ich, wie er ihn noch über eine andere vorbeigehende Kundin schweifen ließ. Anschließend schweifte er auch noch über sein eigenes Bild im Spiegel, und bei dieser Gelegenheit zog er merklich seine Wampe ein. Erst dann
ließ er sich dazu herab, uns wieder seine Aufmerksamkeit zu schenken.
»Darling, natürlich, ich helfe deiner kleinen Freundin.« Sein Blick glitt wieder über mich. »Oh ja, eine Stunde mit Salim, und sie wird eine echte Schönheit sein.«
Salims kehliger Akzent klang nach Wüstenhitze, süßem Tee, von samtäugigen Frauen eingeschenkt, und nach Sex. Tonnenweise irre scharfem Sex. Was kein Pappenstiel war, wenn man berücksichtigte, dass er keine zehn Zentimeter größer war als ich mit meinen nicht mal einen Meter sechzig und vermutlich genauso breit.
Ein Flokati an Brusthaaren quoll aus seinem halb aufgeknöpften Hemd. Am Hals gingen sie praktisch nahtlos in ziemlich lange Bartstoppeln über und sprangen dann sorgfältig frisiert in dicken, pechschwarzen Wellen aus seinem Kopf.
»Darling, deine Haar… es ist… etwas unglücklich. Aber Salim machen es schön. Kennst du Technik von Salim?«
Ich schüttelte unbeholfen den Kopf. Ich hatte nicht gewusst, dass da auch noch eine »Technik« mit im Spiel war.
»Erst schneiden ich dich nass. Dann schneiden ich dich trocken«, sagte Salim und blickte mir dabei tief in die Augen. »Bist du schon mal trocken geschnitten worden?«
Ich hatte keine Ahnung, was er meinte, aber ich hatte das ungute Gefühl, er sprach nicht bloß von Haaren. Ich antwortete mit einer zweideutigen, kreisenden »Vielleicht ein Nicken, vielleicht ein Schütteln«-Kopfbewegung.
Salim klatschte unvermittelt in die Hände, und ich zuckte erschrocken zusammen. »Heute schneiden ich dich
trocken. ALFRED!«, brüllte er, was mich beinahe zu Tode erschreckte.
Ein großer Mann mit teigigem Gesicht schlurfte zu uns herüber, sichtlich verängstigt von dem haarigen Tyrannen, der vor mir stand.
»Alfred. Nimm Jane. Bereite sie für mich vor.«
Ich könnte schwören, dass Alfred sich tatsächlich verbeugte, bevor er sich mit einem freundlichen, wenn auch leicht geplagt wirkenden Lächeln zu mir wandte und mit einer Kopfbewegung auf eine Reihe von Waschbecken im hinteren Bereich des Salons wies. Ich folgte ihm, froh darüber, dass es sich bei meiner »Vorbereitung« bloß um eine Haarwäsche zu handeln schien. Denn zu diesem Zeitpunkt war ich mir nicht mehr sicher, ob Salim meinen Wunsch nach einem neuen Haarschnitt nicht vielleicht missverstanden hatte und mir stattdessen eine Kostprobe seiner speziellen sexuellen Belästigungsbehandlung angedeihen lassen wollte.
Vermutlich konnte ich mich glücklich schätzen, dass ich nicht zu einem Kosmetiktermin hier war.
Alfred ging mit seinen riesigen Händen unbeholfen, wenn auch behutsam ans Werk, und er schaffte es dabei, meinen ganzen Rücken nass zu machen. Da ich Angst hatte, Salim könnte Alfred vor meinen Augen schlagen, gelobte ich, das Geheimnis um meine feuchte Haut mit ins Grab zu nehmen. Schließlich wurde ich dorthin zurückgebracht, wo mich Salim hinter einem leeren Friseurstuhl stehend bereits erwartete. Grizzie, deren lilafarbener Catsuit sich eng an ihren chirurgisch perfektionierten Körper schmiegte, räkelte sich in dem Stuhl gleich daneben.
Als Alfred mich übergab, bellte Salim ihm etwas in einer fremden Sprache zu, und der große Mann hastete davon.
»Mein Cousin. Aus dem Libanon«, informierte Salim mich, während er mich auch schon in Plastik wickelte und anfing, wie wild meinen Stuhl hochzupumpen, indem sein dickes, kleines Beinchen sich so schnell auf und ab bewegte wie bei
Weitere Kostenlose Bücher