Jane True 02 - Meeresblitzen
noch einmal fachmännisch, bevor er mich für geheilt erklärte.
Ich bedankte mich bei ihm und zog meine Hand zurück. Doch bevor ich sie richtig in Augenschein nehmen konnte, hatte Ryu sie sich auch schon geschnappt.
Fürsorglich schleckte er mit der Zunge die Blutspuren daran ab und sorgte dafür, dass mir der Atem stockte. Caleb hüstelte und wandte sich ab, während der Vampir nacheinander jeden meiner Finger in den Mund nahm, daran saugte und mit seiner Zunge daran herumspielte. Schließlich leckte er auch noch behutsam die Fingerzwischenräume sauber, bis meine Hand völlig von Blut befreit war. Dann zog er mich an sich und küsste mich.
Und ich wischte meine nasse Hand verstohlen an meiner Jeans ab.
Ryus Küsse wanderten langsam von meinem Mund zu meinem Ohr, und seine leise Stimme schickte ein wohliges Schaudern über meinen Rücken. Ich war wirklich unverbesserlich; gerade wäre ich beinahe erstochen worden und schon war ich wieder total scharf auf ihn. Bestimmt wäre Hühnersuppe jetzt eher für mich angesagt als Heißer Vampir.
»Wirklich schade«, sagte er noch einmal. »Denn eigentlich hatte ich vor, dich mit nach Hause zu nehmen und zu baden.«
Ich keuchte leise, als Ryu mich hochhob und in seine Arme schloss.
»Erst unter der Dusche und dann mit meiner Zunge.«
Ich schnurrte und kuschelte mich enger an seine Brust, während er mich zu seinem Auto trug.
»Und dann… hätte ich da noch ein Messer für dich. Aber eins von der guten Sorte.«
Er schuldet uns was , erinnerte mich meine Libido nachtragend.
Und ich muss zugeben, dass meine noch immer leicht schmerzende Hand auch der Ansicht war, dass irgendeine Art der Wiedergutmachung tatsächlich angebracht war.
W ährend ich an Ryus Decke starrte, bewegte ich die Finger meiner Hand und versuchte, die Steifheit zu vertreiben, während ich mich zu begreifen bemühte, dass ich gestern Abend beinahe erstochen worden wäre. Und damit meinte ich nicht mit Ryus metaphorischem Messer, sondern wirklich abgestochen. Mit einem echten Messer.
In Wahrheit war Ryus metaphorisches Messer auch gar nicht mehr zum Einsatz gekommen. Auf halbem Weg zu ihm nach Hause hatte sich bei mir der Schock bemerkbar gemacht, und ich war leicht melancholisch geworden.
Zweimal in zwei Wochen verarztet zu werden, hatte an meinen Kräften gezehrt. Calebs Kräfte hatten die Heilaktionen zwar dirigiert, aber es war meine eigene Körperenergie, die dabei verbraucht worden war.
Und ich hatte gesehen, wie ein Messer meine Hand durchbohrte; im Allgemeinen keine besonders angenehme Erfahrung. Also hatte mich Ryu, nachdem wir bei ihm angekommen waren, gleich im Bad ins heiße Wasser verfrachtet, bis mein Zittern nachließ und die blauen Lippen verschwunden
waren. Dann hatte er mir noch allerlei Flüssigkeiten zu trinken gegeben und mich schließlich mit einer üppigen Dosis Valium ins Bett gesteckt. Ich hatte geschlafen wie ein Baby.
Vierzehn Stunden lang hatte ich mich komplett ausgeklinkt, und als ich wieder aufwachte – zum ersten Mal – war Ryu neben mir gerade in seine Vampirstarre gefallen. Abgesehen von den Fängen und davon, dass er hin und wieder ein bisschen Blut nippte, wirkte ein Vampir gar nicht sonderlich »vampirisch«. Die Schauermärchen der Menschen trafen in den meisten Dingen gar nicht zu. Aber nun schlief er so tief, dass ich verstehen konnte, warum die Legende besagte, er und seinesgleichen seien Untote, obwohl er natürlich gar nicht tot war.
Ich stand auf, schlang alles hinunter, was ich in Ryus Wohnung finden konnte, und trank einen ganzen Liter Orangensaft, während ich versuchte, nicht mehr daran zu denken, dass ich gestern beinahe abgestochen worden wäre. Dann kroch ich wieder zurück ins Bett, um noch ein bisschen mehr zu schlafen. Bald würde ich eine Runde schwimmen gehen müssen, aber erst wollte ich noch ein kleines Nickerchen halten.
Als ich zum zweiten Mal aufwachte, war es schon wieder Abend, und ich hatte das Bett für mich allein. Ich hörte, wie Ryu mit jemandem sprach, und nach einer Weile kapierte ich, dass es sich um den Typen handeln musste, der uns die Lebensmittel lieferte, die wir gestern bestellt hatten. Irgendwann wurden mir Sachen vom Lieferservice oder aus Restaurants zu viel, egal wie gut alles schmeckte. Wohlwissend, dass es langsam Zeit wurde, wieder unter die Lebenden
zurückzukehren, stand ich schließlich auf und ging ins Bad, um meine Zähne zu putzen und mir das Gesicht zu waschen. Ich versuchte auch den Willen
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