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Januarfluss

Januarfluss

Titel: Januarfluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ana Veloso
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erlauben. «
    Ich habe keine Lust, mich zu rechtfertigen. Ganz kurz flackert in meinem Gedächtnis die Erinnerung an Gordo auf, einen Mischlingshund, den ich mehr als jedes andere Wesen auf der Welt geliebt habe. Lu versteht das nicht. Wenn ich ihm erklären wollte, dass bei Gordos Tod eine Welt für mich zusammenbrach, würde er mich auslachen oder verhöhnen. Für ihn ist ein Hund ein Nutztier, das zum Viehhüten oder zum Schutz von Haus und Hof eingesetzt wird und dessen Stellenwert nur geringfügig über dem eines Huhns liegt. Für mich war Gordo ein Gefährte, ein Freund, ein Verbündeter, ein Familienmitglied.
    Â» Du kriegst ja ganz feuchte Augen « , stellt Lu fest, Besorgnis in der Stimme. » Hab ich was Falsches gesagt? «
    Â» Nein. « Ich schüttele die Erinnerung ab und konzentriere mich auf das Hier und Jetzt. » Also, was soll ich deiner Meinung nach jetzt tun? «
    Â» Bleib dran. Halt Augen und Ohren offen. Immer, wenn der Schuft auf Bela Vista ist, hat er ein krummes Geschäft am Laufen. Vielleicht erwischst du ihn ja auf frischer Tat. « Dann verändert sich sein Blick, von mitfühlend zu streng. » Und leg um Himmels willen das Geld zurück. Ich glaube, es ist eine Falle. «
    Â» Ich habe es nur gut gemeint. Du kannst das Geld doch sicher sinnvoll verwenden. «
    Â» Trotzdem. Tu es bitte. «
    Â» Na schön, wenn du meinst. «
    Â» Und wenn du schon dabei bist, kannst du auch gleich mal einen Blick in das Testament werfen. Würde mich mal interessieren, wem der Schuft alles vermachen will. «
    Â» Der Umschlag, auf dem Testament steht, ist aber verschlossen. «
    Â» Hm. « Lu grübelt. » Sieh mal nach, vielleicht lässt er sich ja irgendwie unauffällig öffnen. Oder gib ihn Rosa, die kennt sich aus mit so was. «
    Â» Ich weiß nicht, ob es das Risiko wert ist, nur um deine Neugier zu befriedigen. «
    Er geht auf meine spitze Bemerkung gar nicht ein, sondern starrt in die Ferne und sagt, irgendwie geistesabwesend: » Wir werden sehen. «
    Meine Stute Liberdade wird unruhig und gibt uns damit das Signal, dass es Zeit wird, uns zu trennen.
    Â» Ich muss los. Und du solltest auch nicht allzu lange fort von Bela Vista bleiben, nachher schöpft der Schuft noch einen Verdacht. Er erfährt nämlich alles, wirklich alles, von seinen Sklaven. Wenn du irgendetwas Interessantes finden solltest, leg es hier hinein. « Dabei weist er auf die kleine Höhle im Baum. » Und… sei vorsichtig. «
    Â» Ja « , sage ich und verdrehe die Augen, als hätte mir meine Mutter einen überflüssigen Rat gegeben.
    Â» Ich meine es ernst. «
    Â» Ich auch. «
    Â» Also dann… « Er steht mit baumelnden Armen vor mir und weiß nicht so recht, wie er sich zum Abschied verhalten soll.
    Ich weiß es ebenso wenig. Ich spüre, dass eine Umarmung angebracht wäre, aber mir fällt es genauso schwer wie ihm, mich dazu zu überwinden.
    So vertraut unser Umgang miteinander ist, so sehr fühle ich manchmal auch die große Distanz zwischen uns. Werden wir immer Fremde bleiben?
    Ich hoffe, dass es nicht so sein wird. Er hat etwas an sich, das es mir unmöglich macht, ihn nicht zu mögen. Und es ist sicher nicht allein das gute Aussehen.

25
    Der Rest des Tages ist vor allem mit Kleideranproben gefüllt. Rosa und Mia schleppen einen Teil der Garderobe der verstorbenen Dona Margarita auf mein Zimmer und haben ihre Freude daran, sich zu überlegen, wie man aus den unmodischen Kleidern etwas Hübsches zaubern kann. Die meisten Sachen passen mir recht gut, man muss sie nur ein wenig kürzen und in der Taille ein bisschen raffen. Mit neuen Ziernähten, Samtbändern oder Satinschleifen könnten einige der Kleider tatsächlich wieder zu gebrauchen sein.
    Â» Dürfen wir das überhaupt? « , frage ich die beiden Sklavinnen. » Es wird doch einen Grund dafür geben, dass Dom Fernando die Sachen aufbewahrt hat. «
    Â» Nein, er hat alles uns Sklavinnen überlassen, wie das so üblich ist « , sagt Mia und erntet dafür einen strafenden Blick von Rosa.
    Â» Ach, und warum habt ihr die Kleider nicht für euch genommen und sie umgearbeitet? «
    Beide schauen betreten zu Boden.
    Â» Was? « , hake ich nach.
    Â» Es ist so, dass wir… « , beginnt Mia, wird aber sofort von Rosa unterbrochen.
    Â» Wir kannten Dona Margarita. Es fällt uns

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