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Januarfluss

Januarfluss

Titel: Januarfluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ana Veloso
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scheint es, als würde die ohnehin schon bleierne Stille im Hof noch schwerer werden. Alle halten den Atem an, sogar Dom Fernando gerät für einen Moment aus der Fassung.
    Â» Gehen Sie wieder ins Haus, Senhorita Isabel. Das hier ist nichts für eine junge Dame. «
    Â» Das ist auch nichts für einen Kavalier wie Sie. «
    Â» Rein, sagte ich. « Er verliert die Kontrolle über sich. Wenn er nun auch schon mit mir in diesem Ton redet, dann verheißt das nichts Gutes für den armen Mann in den Fesseln. Ich trete näher an den Ausgepeitschten heran und stelle fest, dass es der Butler ist. Ausgerechnet der mordomo ! Es ist schockierend, den so gepflegten Mann mit seinem vornehmen Auftreten hier halb nackt und halb tot zu sehen, mit schmerzverzerrtem und schweißüberströmtem Gesicht.
    Â» Was hat er verbrochen? « , frage ich Dom Fernando. » Ich bin sicher, dass sich die Sache auch ohne Peitsche regeln lässt. «
    Â» Das geht Sie nichts an. Und jetzt verschwinden Sie. Ich habe hier eine lästige Pflicht zu erledigen. Wenn ich es nicht tue, dann werden mir die Neger in kürzester Zeit auf der Nase herumtanzen. «
    Â» Hat er etwas gestohlen? « , frage ich. Ein übler Verdacht kriecht in mir hinauf, beißt sich in meinen Eingeweiden fest wie ein bösartiges Tier. Mir wird schlecht.
    Dom Fernando antwortet mir nicht, er hat die Geduld mit mir verloren. Er holt aus und lässt die Peitsche mit voller Kraft auf den Rücken des armen Mannes niedersausen. Haut platzt auf, Blut spritzt, ein Röcheln ist zu hören und ein leises Schluchzen aus den Reihen der unfreiwilligen Zuschauer.
    Â» Still! « , brüllt Dom Fernando. » Ihr Negerpack könnt euch euer Geheul sparen, der Kerl hat es sich selbst eingebrockt. «
    Jetzt, da Dom Fernando sein wahres Gesicht zeigt, verstehe ich endlich, warum Lu ihn nur noch den » Schuft « nennt. Es ist eigentlich noch zu harmlos. Der Mann ist eine Bestie. Jetzt holt er erneut aus und in seinem Gesicht sind Zorn, Unbeherrschtheit und die Lust am Quälen zu erkennen. Es ist widerwärtig.
    Ich will dazwischengehen, um einen weiteren Peitschenhieb zu verhindern, doch Dom Fernando ist in eine Art Raserei verfallen, sodass er den Störenfried, also mich, wütend mit der Peitsche wegscheuchen will. Doch er kann seine vom Hass entfesselten Kräfte nicht mehr zügeln, sodass mich der Hieb unbeabsichtigt trifft.
    Einen Augenblick lang bekomme ich keine Luft mehr. Obwohl es ein Hieb war, der weder gut gezielt noch besonders fest war, spüre ich einen brennenden, höllischen Schmerz, der mich in die Knie gehen lässt. Ich blicke sprachlos auf meine Schulter. Das Kleid ist dort wie mit einer Schere durchtrennt, Blut quillt hinaus. Es ist der Gipfel der Demütigung. Ich empfinde die Erniedrigung als beinahe noch schmerzhafter als die Wunde, die der Schuft mir zugefügt hat. Das Unglaublichste aber ist, dass der Widerling sich nicht einmal entschuldigt oder mir wieder auf die Beine hilft. Er zuckt nur mit den Achseln und sagt mit arroganter Miene: » Ich hatte Ihnen doch deutlich zu verstehen gegeben, dass Sie ins Haus gehen sollen, oder etwa nicht? Bin ich nur von halsstarrigen Dummköpfen umgeben? «
    Das, finde ich, setzt dem Ganzen nun endgültig die Krone auf. Jemandem, der bereits am Boden liegt, noch einen letzten Tritt zu verpassen, in diesem Fall einen verbalen Tritt, das ist das Niedrigste und Schäbigste, was man tun kann. Dieses Nachtreten habe ich schon immer verabscheut, spätestens aber seit mein Cousin Carlos vor vielen Jahren einmal meinen Hund Gordo nach einem Unfall mit dem Schuh angestupst hat, um zu sehen, ob er noch lebte. Als es so aussah, als sei Gordo tot, hat Carlos ihm noch einmal kräftig in die Rippen getreten. Ich musste mich damals übergeben– obwohl dieser Tritt Gordo wahrscheinlich das Leben rettete. Er gab nämlich einen kläglichen Schmerzenslaut von sich, der bewies, dass noch Leben in ihm steckte, sodass wir ihn schließlich retten konnten.
    Ich rappele mich aus eigener Kraft auf. Als ich vor » Dom « Fernando stehe, dem ich nie wieder das kleinste bisschen Respekt entgegenbringen werde, flüstere ich: » Sollte es etwa um die fantastische Summe von 70Mil-Réis gehen? «
    Er sieht mich angewidert an, als sei ich eine zertretene Kakerlake, doch kurz glaube ich Unsicherheit in seinem Blick aufflackern zu sehen.
    Â» Sollte dem

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