Januarfluss
einer dieser Personengruppen zu gehören, sondern ich wollte Sie nur darüber informieren, damit Sie wissen, dass wir hier ein ordentliches Gästehaus betreiben. «
Aha, daher weht also der Wind. Die Frau will wissen, ob ich Geld habe. Ob ich ein Kind erwarte, obwohl ich nicht verheiratet bin, ist ihr wahrscheinlich ebenso gleichgültig wie die Frage, ob ich mich auf der Flucht befinde.
» Wie beruhigend, Dona Eufrásia « , kommentiere ich mit einem ironischen Grinsen. » Seien Sie versichert, dass Sie in mir eine ruhige, saubere und anständige Mieterin haben werden. Ich bin neu in der Stadt, ich bin auf der Suche nach einer Stellung als, äh⦠Kindermädchen. Und wenngleich meine finanziellen Mittel begrenzt sind, so bin ich doch nicht völlig mittellos. Wie viel, sagten Sie, beträgt die wöchentliche Miete für das Zimmer, Mahlzeiten inbegriffen? «
Abermals taxiert die Alte mich von Kopf bis FuÃ. Was sie sieht, dürfte sie verwirren. Ich trage zwar ein Kleid und Schuhe, denen man ansieht, dass sie von höchster Qualität sind und sehr teuer waren, aber meine Sachen sind schmutzig und durchgeschwitzt und mein Haar ist zerzaust. Alles, was ich an Gepäck habe, ist mein kleiner Beutel, und auch der ist nicht gerade ein schlagkräftiger Beweis für meine Behauptung, neu in der Stadt zu sein. Einen kleinen Koffer hätte das angehende Kindermädchen schon besitzen können. Aber dazu äuÃere ich mich nicht.
» Ich würde Ihnen, weil Sie eine so nette junge Frau sind und weil Sie hier ja sonst niemanden haben, einen Sonderpreis machen « , sagt Dona Eufrásia. » Sagen wir, 6Mil-Réis die Woche. «
Ich bin sprachlos. Das kommt mir viel zu billig vorâ für 6Mil-Réis bekomme ich nicht einmal ein paar hübsche Handschuhe. Allerdings muss ich zugeben, dass ich die Preise von Handschuhen sehr genau kenne, im Gegensatz zu denen von Pensionszimmern.
Ich nicke. Allmählich wird meine Erschöpfung so stark, dass ich mir nicht einmal mehr die Mühe machen will, das Zimmer vorher in Augenschein zu nehmen. Hauptsache, ich kann mich jetzt hinlegen.
» Sehr schön « , sagt Dona Eufrásia. » Ãhm, zahlbar im Voraus. «
Abermals nicke ich. So viel Bargeld habe ich. Ich krame in meinem Beutel, fördere meine feine, bestickte Geldbörse zutage und reiche ihr das Geld.
» Vielen Dank « , sagt sie und lässt ihren Blick auf meiner Geldbörse verweilen. Verflixt, man sieht dem guten Stück an, dass es sehr kostbar ist und ganz sicher nichts, was eine alleinstehende junge Frau von bescheidener Herkunft besitzen würde. Ich muss vorsichtiger sein. » Dann folgen Sie mir jetzt bitte « , fordert Dona Eufrásia mich auf, » ich bringe Sie auf Ihr Zimmer. «
Während wir die schmale, steile Treppe hinaufsteigen, erklärt sie mir alles Wesentliche in knappen Worten: » Keine Herrenbesuche. Frühstück um sieben Uhr, Abendessen ebenfalls um sieben. Der Abort befindet sich hinter dem Haus. Sie erhalten von mir drei Schlüssel, einen für den Hauseingang, einen für den Hinterausgang sowie einen für Ihre Kammer. Verlieren Sie einen davon, muss ich Ihnen dafür 500Réis berechnen. Wäschewechsel einmal in der Woche. Wenn Sie wünschen, dass Ihre Kleidung gewaschen wird, kann ich mich darum kümmern. Ich habe eine sehr zuverlässige und preisgünstige Wäscherin. «
» Sehr schön « , bringe ich hervor. » Wo gibt es Wasser? «
» Eine Waschschüssel steht auf Ihrem Zimmer, den Krug fülle ich alle drei Tage. Sollten Sie mehr Wasser benötigen, können Sie den Krug im Hinterhof auffüllen, dort gibt es eine Pumpe. Und wenn Sie ein Bad benötigen sollten: Es kostet 300Réis mit kaltem und 1000Réis mit warmem Wasser. «
Ein Mil-Réis für ein heiÃes Bad? Das ist unverschämt. Aber ich enthalte mich eines Kommentars und stapfe stumm hinter der erstaunlich beweglichen Dona Eufrásia die Treppe hinauf.
Das Zimmer liegt unter dem Dach. Die Luft darin ist so heià und stickig, dass ich fast in Ohnmacht falle. Es ist winzig klein und nur mit dem Nötigsten möbliert: ein schmales Bett, ein kleiner Holztisch mit einem Stuhl, ein alter Kleiderschrank mit schief hängenden Türen, ein Nachttischchen mit einer Petroleumlampe. Auf dem Tisch, der aus rohem Holz zusammengezimmert ist und der jede Menge Kerben und Flecken
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