Januarfluss
lieber auf Nummer sicher gehen und es ausprobieren? Ich helfe dir. «
Warum nicht?, denke ich bei mir. Schaden kann es auf keinen Fall. Und wenn ich erst Geld und moralische Unterstützung von Gustavo erhalten habe, kann Lu sich von mir aus zum Teufel scheren. Ich nicke.
» Und wenn ich recht behalte, hilfst du mir dann auch bei etwas? « , fragt Lu.
» Und was sollte das sein? «
» Tust duâs oder nicht? Es ist bestimmt nichts Verwerfliches. «
» Von mir aus « , stimme ich zu.
Es fällt mir nicht schwer, dieses Zugeständnis zu machen. Ich weià ja, dass dieser Fall nicht eintreten wird. Gustavo würde mir niemals so in den Rücken fallen.
Nie im Leben.
14
Schräg gegenüber von Gustavos Haus befindet sich ein kleiner Platz, auf dem ein hübscher runder Kiosk mit schmiedeeisernen Verschnörkelungen steht. Dieses Zeitungshäuschen ist heute, am Sonntag, geschlossen, aber es ist ideal, um sich dahinter zu verstecken und dennoch einen guten Blick auf das Haus zu haben. Auf Lus Anweisung hin halte ich mich nun also hinter dem Kiosk verborgen und verfolge mit angehaltenem Atem das Geschehen.
Der Plan sieht vor, dass Lu sich als Botenjunge ausgibt, der Gustavo eine Nachricht von Senhorita Isabel überreichen will. In dieser Nachricht habe ich geschrieben, dass Gustavo bitte zum Largo do Machado, einem Platz zwei Blocks von seinem Haus entfernt, kommen möge. Wenn er meiner Bitte Folge leistet, wird er in wenigen Minuten quer über die StraÃe gehen müssen, wo wir ihn gut im Auge behalten können. Wenn Gustavo die Polizei verständigt hat, so nun Lus Argumentation, wird diese ihm mit ein wenig Abstand folgen, sodass wir sie von unserem Beobachtungsposten aus sehen können.
» Wenn Gustavo aber nun doch allein zum Largo do Machado geht, dann werde ich nicht am Treffpunkt sein « , habe ich eingewandt.
» Nicht so schlimm. Dein Gustavo kann ein paar Minuten warten. AuÃerdem kannst du ihn auch auf seinem Rückweg abfangen. «
Dem hatte ich nichts entgegenzusetzen, sodass ich in Lus Plan eingewilligt habe und nun hier zitternd in der Hitze stehe und das Geschehen aus halbwegs sicherer Entfernung verfolge.
Der Portier will Lu zunächst abwimmeln, doch dieser setzt sich durch und wird vorgelassen. Ich sehe ihn hinter dem Portier in Richtung Haus gehen, mehr kann ich von hier aus nicht erkennen. Das ist aber auch gar nicht nötig, stelle ich kaum eine Minute später fest, denn Lu verlässt das Grundstück bereits wieder. Er schlendert betont langsam über die StraÃe und bückt sich, um irgendetwas aufzuheben. Dann spricht er einen Passanten an, der in seine Jackentasche greift und Lu Feuer gibt. Aha, denke ich, Lu wird einen Zigarrenstummel aufgelesen haben, den er nun raucht. Weshalb er das tut, warum er nicht zu mir kommt und wieso er so herumtrödelt, ist mir unbegreiflich. Ich bin kurz davor, aus dem Schatten hinter dem Kiosk hervorzutreten und Lu zur Rede zu stellen. Er muss doch wissen, dass ich vor Neugier schier vergehe.
Lu bummelt lässig weiter in die falsche Richtung, fröhlich seinen ekelhaften Zigarrenstummel qualmend. Es muss ein guter Ãberlebensinstinkt oder auch der Schatten eines Zweifels an Gustavos Vertrauenswürdigkeit sein, der dafür sorgt, dass ich in meinem Versteck verharre. Bisher hatte Lu immer einen guten Grund für seine merkwürdige Handlungsweise und es muss auch diesmal so sein. Er wird mich ja kaum hier vergessen haben, und wahrscheinlich brennt auch er darauf, mir alles haarklein zu berichten, was in Gustavos Haus vorgefallen ist. Also warte ich ab.
Lu ist gerade um die StraÃenecke gebogen, als ich zwei Männer in Gehröcken sehe, die eilig das Grundstück von Gustavos Familie verlassen und dieselbe Richtung wie Lu einschlagen. Sie sehen nicht aus wie Polizisten, sondern mehr wie Sonntagsspaziergänger, aber das ist vielleicht nur Tarnung. Die beiden Männer haben offensichtlich vor, Lu unauffällig zu folgenâ bestimmt in der Hoffnung, dass er sie zu mir führt. Wenn dem so sein sollte, dann hätte Lu recht mit seiner Vermutung, dass Gustavo mich verraten hat. Mein Gott!
Aber es kommt noch schlimmer. Gustavo tritt nun ebenfalls auf die StraÃe. Er sieht sich um, als halte er Ausschau nach Verfolgern, dann stapft er los. Vermutlich begibt er sich auf den Weg zu dem Treffpunkt, den ich in meiner Nachricht vorgeschlagen habe. Wenige Sekunden nach
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