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Januarfluss

Januarfluss

Titel: Januarfluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ana Veloso
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feine Senhorita wie du das alles hier « , er weist mit dem Arm auf unsere direkte Umgebung, » in Kauf nimmt, nur um nicht wieder nach Hause zu müssen? «
    Â» Wer sagt dir, dass ich abgehauen bin? «
    Â» Ich will Antworten, keine blöden Fragen. «
    Â» Also schön. Ich bin geflüchtet, weil ich ein Gespräch meiner Eltern mitangehört habe. Sie wollen mich mit einem Widerling verheiraten, der Geld hat. Weil sie selbst kurz vor dem Ruin stehen. « Wie einfach die Wahrheit sein kann, schießt es mir durch den Kopf, und in wie wenige Worte sie passt.
    Â» Das ist alles? «
    Â» Wie, reicht das denn nicht? «
    Â» Du hast gelauscht und… «
    Â» Ich habe nicht gelauscht. Ich habe durch Zufall mitgehört. «
    Â» Wie auch immer. Du hast das also erfahren und spontan beschlossen, nach Rio zu flüchten. Wozu? «
    Gute Frage, denke ich. Wozu? Was bringt mir mein » Ausflug « , wenn ich früher oder später doch wieder in meinem Elternhaus lande und den Tatsachen ins Auge blicken muss? Ich senke den Blick, denn ich schäme mich für meine eigene Dummheit, für meine kindische Reaktion.
    Â» Na, sag schon. Ich beiß auch nicht « , ermuntert Lu mich.
    Â» Ich… Es kommt mir auf einmal so töricht vor. «
    Â» Wir alle machen mal Fehler. «
    Eine sehr wahre Einsicht. Allerdings hört es sich bei Lu so an, als habe er eigentlich sagen wollen: Ihr anderen macht alle mal Fehler, ich nicht. Er starrt mich durchdringend an, diesmal sehen seine goldfarbenen Augen lauernd aus wie die eines Krokodils, das scheinbar träge im Wasser liegt und auf Beute wartet.
    Â» Du verstehst das nicht. Wenn man dich mit einem Kerl wie Dom Fernando verheiraten wollte… «
    Â» Was? « , schreckt er hoch.
    Â» Versetz dich bitte in meine Lage. Ich bin gerade fünfzehn geworden, und ich habe mir mehr vom Leben versprochen, als an der Seite eines Scheusals dahinzukümmern. «
    Â» Dom Fernando, sagst du? «
    Â» Ja, Dom Fernando de Leite Soares. Kennst du ihn etwa? «
    Lu hebt die Schultern, was alles und nichts heißen kann. Es spielt natürlich überhaupt keine Rolle, ob er ihn kennt oder nicht, für mich zählt einzig, dass ich ihn gut genug kenne, um zu wissen, dass ich ihn auf keinen Fall heiraten werde.
    Lus Blick schweift ab und verharrt an einem unbestimmten Punkt im Wald. Er ist in Gedanken plötzlich ganz weit fort, das sehe ich ihm an.
    Es ist vielleicht nicht der beste Zeitpunkt, um Lu nun all meine Fragen zu stellen, aber ich versuche es trotzdem.
    Â» So, ich habe dir geantwortet. Jetzt bist du dran. «
    Er schaut auf, doch sein Blick trifft den meinen nicht, obwohl er mir direkt in die Augen sieht. Er wirkt in sich gekehrt und grüblerisch. Dann senkt er den Blick wieder und stochert mit einem Stöckchen in der Feuerstelle herum, um die Glut so zu verteilen, dass das Feuer schnell erlischt. Schließlich gibt er sich einen Ruck, als müsse er sich gewaltsam in die Gegenwart zurückholen.
    Â» Ich schätze, wir sollten bald aufbrechen. Wir reden später. «
    Â» Was heißt denn › wir ‹ ? « , frage ich. » Davon, dass du mich zu meiner Verabredung begleitest, war nie die Rede. «
    Â» Du solltest da nicht allein hingehen, es ist garantiert ein Hinterhalt. «
    Â» Warum sollte Gustavo mich in eine Falle locken wollen? Er ist vermögend, also braucht er die Belohnung nicht. «
    Â» Alle Reichen wollen immer noch mehr Geld. Außerdem: Wenn er so reich ist, warum hat er dir dann nicht gestern schon etwas Geld gegeben? «
    Â» Woher weißt du, dass ich ihn gestern gesehen habe? « , fahre ich ihn an.
    Abermals bedenkt Lu mich nur mit einem Schulterzucken.
    Ich seufze resigniert. » Er hatte gestern kein Bargeld im Haus. «
    Lu schnaubt verächtlich. » Hat er das gesagt, ja? Er ist ein Lügner. «
    Das geht zu weit. Wie kann ein Dieb, ein heimatloser Strolch, ein Streuner wie Lu sich anmaßen, Gustavo einen Lügner zu nennen?
    Â» Reg dich nicht auf « , kommt Lu meiner erbosten Antwort zuvor. » Ich sag nur, wie’s ist. Aber wenn du mir nicht glauben willst, können wir den Spieß ja umdrehen und Gustavo eine Falle stellen. «
    Â» Wie das? «
    Â» Er wird davon ausgehen, dass du an die Tür kommst und ihn zu sprechen wünschst. Statt seiner wird dich aber die Polizei empfangen. «
    Â» Niemals! «
    Â» Sollen wir nicht

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