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Januarfluss

Januarfluss

Titel: Januarfluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ana Veloso
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Tisch, vor sich je eine pinga, und sehen mich erwartungsvoll an. Sie scheinen schon auf meine Rückkehr gewartet zu haben– dabei war ich nur wenige Minuten fort.
    Â» Setz dich, Senhorita « , fordert Lu mich auf.
    Angélica wirft ihm einen missmutigen Blick zu. Ich schätze, es gefällt ihr nicht, dass er mich » Senhorita « nennt, auch wenn es nur ironisch gemeint ist.
    Â» Wir müssen mit dir reden. «
    Ich hole mir einen Becher mit Wasser und setze mich zu ihnen. Die beiden verfolgen jede meiner Bewegungen so genau, dass ich mir vorkomme wie jemand, der etwas ausgefressen hat und nun eine Standpauke über sich ergehen lassen muss. Albern, ich weiß, denn im Grunde ist es doch Lu, der etwas verbrochen hat, und nicht umgekehrt.
    Â» Ja? « , fordere ich ihn zum Reden auf.
    Â» Wir möchten dich um einen Gefallen bitten. «
    Â» So? « Ich bin sehr gespannt, was das für ein Gefallen sein könnte. Mein Geld haben die beiden ja bereits und sie könnten sich mit der Belohnung noch viel mehr davon holen. Es muss sich um etwas anderes handeln. Aber mir fällt beim besten Willen nichts ein, womit ich den beiden von Nutzen sein könnte. Immerhin habe ich jetzt rund zwei Wochen lang tagtäglich erfahren müssen, wie nutzlos ich bin– sodass ich es inzwischen schon selbst glaube. Mein Selbstbewusstsein hat großen Schaden genommen.
    Â» Du bist eine feine weiße Senhorita « , erklärt Lu.
    Â» Danke. Das wusste ich bereits. «
    Lu geht auf meinen launigen Kommentar gar nicht ein. » Und als solche hast du Zugang zu Kreisen, in die unsereiner gar nicht reinkommt. «
    Â» Richtig. «
    Â» Es wäre für uns aber von Vorteil, wenn wir bei gewissen Gelegenheiten jemanden vor Ort hätten, der für uns mithört und mitsieht. «
    Â» Ich soll spionieren? «
    Â» Wenn du es so nennen willst, ja. «
    Â» Wir möchten « , meldet sich nun auch Angélica zu Wort und legt wie zufällig ihre Hand auf die von Lu, » dass du Beweise sammelst, die uns helfen, die Verbrecher dingfest zu machen. «
    Â» Welche Verbrecher? « , frage ich.
    Â» Zum Beispiel diesen Fernando « , antwortet Lu, ohne mir in die Augen zu sehen. Er steht auf und wandert langsam, aber unruhig im Raum auf und ab, wie eine Raubkatze hinter Gittern. Er sieht auch genau so aus, seine gelblichen Augen gleichen diesmal denen eines Tigers. Ich glaube zu wissen, dass er aufgestanden ist, um seine Hand Angélicas zu entziehen, ohne diese dabei zu brüskieren. Vielleicht hat er aber auch wirklich so viel Anstand, sich für diesen ungeheuerlichen Vorschlag zu schämen. Ausgerechnet Dom Fernando!
    Â» Du weißt, dass ich… « , setze ich an.
    Â» Ja. Genau deshalb ja. Es wird auch dir nützen, Isabel. Wenn wir beweisen können, dass dieser Unmensch gegen Gesetze verstößt, wenn wir ihn vielleicht sogar hinter Gitter bringen können, dann kannst du wieder nach Hause zurückkehren. Mit einem solchen Mann wollen deine Eltern dich gewiss nicht verheiraten. «
    Â» Ich soll also « , fasse ich die unsinnige Idee zusammen, » Kontakt zu Dom Fernando aufnehmen, um keinen Kontakt mehr mit ihm haben zu müssen? «
    Das Paradoxe dieses Vorschlags scheint den beiden gar nicht so ins Auge zu springen wie mir, denn sie nicken nur ernst. Ich dagegen spüre, wie ein hysterisches Kichern in mir aufsteigt. » Also ungefähr so « , fahre ich an Lu gewandt fort, » wie du stiehlst, um irgendwann nicht mehr stehlen zu müssen? Und du « , hier nicke ich Angélica zu, » deinen Körper verkaufst, um dich in Zukunft nicht mehr prostituieren zu müssen? « Mein Gelächter ist kein bisschen fröhlich, sondern bitter. Gleich wird es in Weinen umschlagen, das fühle ich. Wie können sie mir das nur antun? Mit welchem Recht verlangen sie ein solches Opfer von mir?
    Â» So in etwa « , bestätigt Lu.
    Â» Und wenn ich nicht mitmache? «
    Â» Na ja, dann sähen wir uns gezwungen, dich der Polizei auszuliefern und… «
    Â» …die Belohnung zu kassieren « , ergänzt Angélica. » Das hätten wir meiner Meinung nach sowieso längst tun sollen. «
    Â» Um deine Meinung hat dich aber keiner gefragt « , fährt Lu sie an.
    Â» Nach meiner fragt ja auch niemand « , sage ich, in einem falschen tröstenden Ton, zu Angélica.
    Wir alle schweigen einen Augenblick und sehen uns

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