Januarfluss
nicht in Anspruch nehmen müssen, denn ich hoffe, dass diese, äh, Angelegenheit bald geregelt sein wird. «
» Wenn Sie meine Hilfe benötigen, um in dieser mysteriösen Sache voranzukommen, sagen Sie es nur. Ich stehe Ihnen jederzeit zur Verfügung. «
» Danke, Dom Fernando. Sie sind so⦠gütig. « Ich wende meinen Blick ab, denn bei dieser Lüge kann ich ihm unmöglich in die Augen schauen. Vor Verlegenheit greife ich wieder nach meinem Glas und trinke hastig die hausgemachte Limonade, die genau nach meinem Geschmack ist, nämlich mit viel Zucker und reichlich Fruchtfleisch von Limonen.
» Sie würden jetzt sicher gern auf Ihr Zimmer gehen? « , fragt er und blickt auf die Standuhr.
» Ja. Und bitte verzeihen Sie, wenn ich Sie aufgehalten haben sollte. «
» Davon kann überhaupt keine Rede sein! « , widerspricht er, doch ich merke ihm an, dass er ungeduldig wird. Ich bin froh darüber, denn so kann sich dieses Gespräch nicht unnötig in die Länge ziehen.
Wir erheben uns und gehen in die Halle. Dort weist er eine Sklavin an, meine Tasche zu nehmen und mich in das » grüne Zimmer « zu bringen.
» Wir sehen uns zum Dinner, um acht Uhr? « , fragt er, obwohl es gar nicht als Frage gemeint ist.
» Ja, gern. Und vielen Dank noch einmal für Ihr Verständnissowie Ihre Hilfsbereitschaft. Ich darf doch mit Ihrer⦠«
» â¦Diskretion rechnen? Aber ich bitte Sie! « Er nickt mir mit einem Lächeln zu.
Als ich mit der Dienstbotin die Treppe hinaufsteige, bin ich mir seiner abschätzenden Blicke in meinem Rücken deutlich bewusst.
Das grüne Zimmer hat seinen Namen nicht von ungefähr. Zum einen bietet es einen fantastischen Ausblick auf die grünen, von Kaffeesträuchern bewachsenen Hügel rund um das Anwesen. » Bela Vista « heiÃt so viel wie » Schöne Aussicht « und von hier hat man sie wirklich. Zum anderen ist der Raum in den verschiedensten Grüntönen gehalten, die, obwohl manche vielleicht einzeln nicht miteinander harmonieren würden, als Ganzes den Eindruck von üppig grünender Natur erzeugen. Es ist ein wunderschönes Zimmer, groà und behaglich eingerichtet, mit dunkelgrünen Vorhängen, einem farngrünen Bettüberwurf, lindgrün und weià gestreiften Tapeten, smaragdgrünen Bettvorlegern und flaschengrünen Kissen. Sogar in den Bildern an den Wänden herrscht Grün als Farbe vor, es sind kolorierte Stiche von botanischen Studien. Das Himmelbett ist umgeben von hellgrünen Netzvorhängen, die gegen Moskitos schützen, dabei aber auch sehr hübsch anzusehen sind. Ich frage mich, ob Dom Fernando selbst dieses Händchen für Einrichtung hat oder ob er einen Dekorateur beauftragt hat.
» Schnell, wir haben wenig Zeit « , raunt mir da das Dienstmädchen zu, dessen Anwesenheit ich schon ganz vergessen hatte, so beeindruckt war ich von dem Raum, und so sehr bin ich bereits in meiner gewohnten Rolle als reiches Mädchen aufgegangen. Personal nimmt man nicht wahr, solange es seine Arbeit ordentlich verrichtet und sich im Hintergrund hält.
» Ich bin Rosa « , sagt sie.
» Angenehm, ich bin Isabel. «
» Ach was? « Sie verzieht die Lippen zu einem spöttischen Grinsen, und in diesem Moment erst erkenne ich die Ãhnlichkeit zwischen ihr und ihrem Bruder. Oder besser: ihrem Halbbruder.
» Du musst dich vor Dom Fernando in Acht nehmen. Er hat dir dieses Zimmer hier gegeben, weil es dem seinen am nächsten liegt. Schlieà deine Tür nachts von innen ab, oder besser noch, verkante einen Stuhl unter der Türklinke. Der Kerl ist zu allen Schandtaten fähig. «
» Er würde sich doch wohl kaum⦠«
» â¦an dir vergehen, weil du eine reiche WeiÃe bist? Das bezweifle ich. Wer würde dir schon glauben? Selbst wenn er dich schwängern würde, könnte er immer noch behaupten, dass du eine kleine Schlampe bist, die sich zuvor zwei Wochen in schlechter Gesellschaft herumgetrieben hat und die ihm nun etwas in die Schuhe schieben will. «
Ich erröte. Dieses offenherzige Gespräch über derartig schreckliche Dinge, noch dazu mit einer mir völlig fremden Person, ist mir peinlich. AuÃerdem glaube ich, dass Rosa maÃlos übertreibt. Vielleicht springt Dom Fernando mit den Sklavinnen nicht gerade zimperlich um, aber bei mir würde er seine unsittlichen Gelüste
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