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Januarfluss

Januarfluss

Titel: Januarfluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ana Veloso
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Dom Fernando gar nicht zugetraut.
    Als die Kutsche vor der Treppe hält, eilt sofort ein Diener in Livree herbei, der mir die Tür der Kutsche öffnet, mir hinaushilft und mich höflich begrüßt. Er kennt mich gar nicht, doch er weiß, wann er es mit einer jungen Dame von guter Herkunft zu tun hat und wie er sich ihr gegenüber zu verhalten hat. Inzwischen ist auch an der Haustür ein Dienstbote erschienen, ein mordomo mit versteinerter Miene, wie sie für seinen Berufsstand angemessen ist.
    Â» Herzlich willkommen, Senhorita. Wen darf ich melden? «
    Â» Isabel de Oliveira. «
    Â» Bitte treten Sie ein. « Er weist mit seinem Arm in die Eingangshalle und lässt mir den Vortritt.
    Innen werde ich gleich von einem Dienstmädchen empfangen, das mir den Sonnenschirm abnimmt und mir einen Platz auf der Sitzbank sowie eine Erfrischung anbietet. Dankend nehme ich an. Ich bin froh, dass mir ein solcher Empfang zuteilwird, und danke Lu im Stillen für seine Menschenkenntnis. In einer anderen Aufmachung wäre ich hier ganz anders behandelt worden, und das wusste er ganz genau. Wenn es nach mir gegangen wäre, wäre ich nämlich in meiner Ausreißerinnen-Garderobe hier aufgekreuzt, um Mitleid zu erregen. » Eine hübsche Frau erregt bei den Reichen aber noch mehr Mitleid « , hat Lu gesagt. Ob er recht behält, wird sich bald zeigen.
    Â» Dom Fernando wird gleich für Sie da sein « , erklärt mir der mordomo. Zwar hatte ich bisher noch gar nicht um ein Gespräch mit Dom Fernando ersucht, aber da er hier allein lebt, abgesehen von all den Sklaven, scheint es ja offensichtlich zu sein, dass ich mit dem Hausherrn sprechen will.
    Im Inneren des Hauses herrscht dieselbe zurückhaltende Eleganz wie draußen. Die Möbel und die Gemälde in der Halle sind von erlesener Qualität, aber nicht aufdringlich. Der Boden aus schwarz-weiß karierten Fliesen ist blank poliert, eine Vase auf einer Anrichte ist mit frischen Blumen gefüllt. Alles atmet Wohlstand und das Selbstverständnis von altem Geld. Nur Neureiche übertreiben es mit dem Prunk, ererbter Reichtum hat es meist nicht nötig, damit zu prahlen.
    Und dann kommt er die geschwungene Treppe hinab. Dom Fernando. Da ist er, der Feind– und sieht so freundlich aus. Er lächelt mich an. Seine Erscheinung ist tadellos. Er ist wie aus dem Ei gepellt, als habe er sich gerade auf einen offiziellen Termin vorbereitet. Ob er immer so gut gekleidet ist?
    Als er am Fuß der Treppe ankommt, strahlt er mich an. » Senhorita Isabel! Was für eine außergewöhnlich gelungene Überraschung. « Er tritt mit ausgebreiteten Armen auf mich zu, offenbar will er mich mit Wangenküsschen begrüßen. Ich zwinge mich zu einem ebenfalls frohen Gesicht. Obwohl bisher alles nach Plan läuft und Dom Fernando beileibe nicht wirkt wie ein Bösewicht, läuft es mir kalt den Rücken hinunter. Ich hatte ganz verdrängt, wie anzüglich seine Blicke und wie unangenehm seine Berührungen sein können.
    Â» Kommen Sie, gehen wir in den Salon « , sagt er nach den Begrüßungsküsschen, die tatsächlich eine Spur zu lang dauerten und ein wenig zu intim waren.
    Ich selbst habe noch keine Silbe von mir gegeben. Ich hatte erwartet, dass er mich gleich mit Fragen überfallen würde, aber das tut er nicht. Vielleicht ist er so diskret und wartet damit, bis wir im Salon und unter vier Augen sind.
    Ich nehme Platz auf einem Sessel, er setzt sich mir schräg gegenüber auf ein Sofa.
    Â» Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten? Einen Cognac oder einen Armagnac? «
    Ich schüttle den Kopf. » Nein, danke. Dom Fernando, sicher fragen Sie sich… « , beginne ich mit meiner auswendig gelernten Erklärung, doch er lässt mich nicht ausreden.
    Â» Natürlich frage ich mich das, mein schönes Kind. Aber wir wollen doch nichts überstürzen, nicht wahr? Sie sollen sich hier erst richtig wohl fühlen, bevor Sie mich mit Ihrer zweifellos amüsanten Geschichte unterhalten. « Er sieht mich forschend an. » Oder ist sie nicht amüsant? «
    Wieder schüttele ich den Kopf. » Nun, leider nicht. Möchten Sie, dass ich wieder gehe und ein anderes Mal wiederkehre, wenn ich etwas Vergnügliches berichten kann? « Das kam spontan, es war in Lus und meinem Plan nicht vorgesehen, dass ich Dom Fernando gleich am Anfang mit solchen Frechheiten verprelle.
    Aber er

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