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Januskopf

Januskopf

Titel: Januskopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Schmöe
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Wald?«
    »Der Hagel knockt Sie aus, wenn Sie da rauslaufen«, rief Hardo gegen den Wind. »Warten wir noch. Wenigstens einen Moment. Es kann gleich wieder nachlassen.«
    Sie standen unter einer Buche, deren Stamm so dick war, dass mindestens drei Männer von Hardos Kaliber gebraucht würden, um ihn umfassen zu können. Das fühlte sich beruhigend an, und vor dem Hagel waren sie geschützt, aber Katinka fror im Wind. Sie wusste, dass es Irrsinn war, stehen zu bleiben und darauf zu warten, dass der Blitz einschlug.
    »Ist Ihnen kalt?«
    Sie winkte ab.
    »Hardo, mir gefällt das nicht. Wenn der Blitz uns nicht erschlägt, kriegen wir einen Ast über die Birne gezogen.«
    Er antwortete nicht, seine Augen scannten die Wiese und die Bäume weit weg. Irgendwo dort hinten verlief die Straße nach Königsberg.
    »Ein Motorrad«, murmelte er. »Ein Motorrad?«
    Der nächste Blitz raste gleißend hell zur Erde. Katinka schrie auf und klammerte sich an Hardo fest. Seine beruhigenden Worte gingen im Brüllen des Donners unter. Die Hagelklumpen machten Regentropfen Platz, groß wie mit der Schöpfkelle verspritzt. Gischt wehte zu ihnen herüber. Katinka sah auf die Wiese hinaus. Zum dritten Mal an diesem Tag roch sie die Gefahr.
    »Hauen wir ab, Hardo!«, flehte sie ihn an. »Das wird nichts hier.«
    »Warten Sie.« Er fuhr unter dem nächsten Donnerschlag zusammen. »Es ist noch nicht über uns ... Palfy!«
    Katinka riss sich los, rannte wie ein Hase unter den Bäumen hervor und über die Wiese. Ihre Turnschuhe rutschten auf dem glitschigen Boden weg, sie fing sich und jagte weiter. Kaum bemerkte sie den Regen, der sie in Sekunden durchnässte wie eine Dusche. Hinter sich hörte sie Hardo rufen. Keuchend setzte sie über einen Graben und lief weiter. Hagelkörner spritzten auf. Sie glitt aus und stürzte bäuchlings in das nasse Gras. Hinter sich hörte sie ein Schnaufen und Hardos lautes Schimpfen gegen das Röhren des Donners.
    »Katinka, sind Sie von allen guten Geistern verlassen?«
    Etwas Schweres ging neben ihr zu Boden. Zeitgleich mit einem neuen Donnern, tosend wie das Ende der Welt. Hardo. Er lag halb über ihr. Sie drehten sich um und blickten zum Waldrand zurück.
    Das Dröhnen, als die Buche barst, war grauenvoll. Im gleißenden Licht schien es, als bäume sie sich auf im Kampf um ihr Leben. Dann stürzte der mächtige Stamm um, in Zeitlupe, beleuchtet von den Blitzen wie ein Hollywoodsternchen im Blitzlichtgewitter der Pressefotografen. Dumpf prallte der Baum auf die Erde.
    »Mein Gott«, stöhnte Hardo. Katinka wollte sich aufrichten, aber er zog sie zurück ins nasse Gras.
    »Warum brennt sie nicht?«, schrie Katinka gegen den Wind.
    »Es gießt wie aus Eimern«, gab er zurück. »Falls Sie es schon vergessen haben.«
    Tatsächlich hatte sie es vergessen, ausgeblendet, doch nun dröhnte das Rauschen des Regens in ihren Ohren, ihre Zähne klapperten, und ihr Körper wollte die Nässe wegzittern. Hardos Hände auf ihren Schultern fühlten sich warm an, obwohl auch er völlig durchnässt war.
    »Sehen Sie die Scheune dort hinten?«, rief er gegen den Wind.
    »O.k.«, stimmte Katinka zu. »Bis dahin schaffen wir es.«
    Sie warteten den nächsten Blitz ab und rannten los. Hardo blieb dicht hinter Katinka. Sie konnte kaum rechtzeitig abbremsen und stützte sich mit den Händen an der Scheunenwand ab.
    »Hoffentlich ist die Tür offen«, keuchte sie.
    Ein rostiges Vorhängeschloss baumelte lose am Riegel.
    »Sperrmüll«, brummelte Hardo.
    »Ist das Hausfriedensbruch?«, fragte Katinka, ein Kichern unterdrückend.
    Hardo scheuchte sie hinein und knallte die Tür zu. Katinka blinzelte gegen das dämmrige Licht. Oben auf dem Boden duftete das erste Heu des Jahres. Unten lagen Strohballen herum und Werkzeuge. Weiter hinten in der Düsternis stand ein Pflug. Die Wärme des Tages hing noch im Raum.
    »Gott sei Dank«, seufzte Katinka und setzte sich auf einen Strohballen. »Ich hasse Gewitter.«
    Hardo ließ sich neben ihr nieder.
    »Also ist es amtlich. Auch Katinka Palfy hat mal Angst. Wenigstens vor Gewittern.«
    Sie boxte ihn in die Seite.
    »Machen Sie sich nicht lustig. Außerdem ist mir kalt.«
    »Stimmt. Ihre Zähne klappern«, sagte Hardo. Er stand auf und durchforstete die Scheune.
    »Was machen Sie da?«
    »Man kann überall nützliche Dinge finden.«
    Er kam mit zwei Pferdedecken zurück. Sie steckten voller Strohhalme und toter Fliegen und stanken nach Katze. Hardo schüttelte sie mehr schlecht als recht aus und

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