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Januskopf

Januskopf

Titel: Januskopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Schmöe
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stieg aus, streckte ihren Rücken und ging ein paar Schritte den Feldweg entlang. Dumpf und feucht drückte die Luft gegen ihre Lungen. Unruhig schweiften ihre Blicke über die Hügel. Das düstere Licht goss Schatten auf das Gras. Wolken, unförmig wie Geschwülste, klebten am Himmel. Wieder Donner, diesmal weit weg. Die Reichsburg lag nun fast im Dunkeln. Katinka legte den Kopf in den Nacken und sah in den Himmel.
    Sie hörte den Schuss nicht sofort. Er mischte sich mit einem dröhnenden Donnerschlag. Irritiert sah sie sich um. Konnte es hier ein Jagdgebiet geben? Noch ein Schuss. Der klang nah. Sie sah zu ihrem Auto. Unschuldig stand es auf seinen drei intakten Reifen an der Straße. Katinka runzelte die Stirn. Instinktiv ging sie auf den Käfer zu. Langsam. Bis der nächste Schuss dröhnte. Sie warf sich auf den Boden. Die Schüsse kamen von der anderen Straßenseite. Ihr Wagen parkte genau in der Schusslinie. Katinka kniff die Augen zusammen. Sie konnte niemanden sehen, aber dort drüben gab es genug Sträucher und Knicke in den Hügeln, hinter denen ein Schütze sich verbergen konnte.
    Die Erkenntnis traf sie wie ein Kolbenschlag: Er schießt auf mich.
    Nachdenken!, befahl sie sich. Sie kullerte in den Graben neben dem Weg und wiederholte, was sie über Schusswaffen wusste. Zwischen ihr und dem günstigsten Versteck drüben auf dem Hügel lagen mindestens hundert Meter. Vielleicht ein paar mehr. Keine Distanz für eine Pistole. Eher für ein Gewehr. Ein Jagdgewehr möglicherweise. Die meisten Modelle, daran erinnerte sie sich, besaßen Fünf-Schuss-Magazine. Dreimal hatte ihr Angreifer geschossen. Sie musste ihn dazu bringen, noch zweimal abzudrücken. Dann würde er nachladen müssen, und sie hätte Zeit für einen Sprint. Ihre Beretta würde ihr nichts nützen. Die Distanz war zu groß. Wenn der Schütze geübt war, brauchte er nicht lange, um das Magazin zu wechseln. Katinka verdrehte sich den Hals. Eine halbe Minute würde ihr reichen, um bis zum Waldrand zu rennen. Vielleicht schoss er auch gar nicht auf sie. Vielleicht bildete sie sich das alles ein. Hatte keine Schüsse gehört, sondern Donner. So wie jetzt gerade. Angespannt sah sie zum Himmel. Die letzten blauen Flecken waren zugezogen, der Wind frischte auf.
    Probieren, dachte Katinka, ging schon immer über Studieren. Sie richtete sich auf und kroch aus dem Graben. Trat auf den Weg und machte ein paar Schritte. Je länger sie ihm die Möglichkeit gab, zu zielen, desto größer war die Gefahr, dass er sie traf. Er. Oder sie. Katinka duckte sich, rannte ein Stück und richtete sich wieder auf. Das Gleiche in die andere Richtung. Tauchte durch den Graben auf das Feld daneben. Ein Schuss krachte. Sie fiel auf den Bauch, rollte sich zur Seite, sprang auf, lief. Schlug einen Haken. Noch ein Schuss.
    Jetzt. Katinka spurtete los, zählte die Sekunden, während ihr Herz hämmerte und stampfte und ihre Beine hart im Rhythmus ihrer keuchenden Atemzüge über den Feldweg trommelten. Als sie den nächsten Schuss hörte, war sie nahe genug an den Bäumen, um sich zu Boden zu werfen und in ihren Schatten zu kriechen.
    Sie hockte sich kurz hin, nach Luft schnappend, lief dann gebückt noch tiefer in den Wald. Donner eskortierte den folgenden Schuss. Noch drei hat er, dachte Katinka, während sie schwer atmend Hardos Nummer wählte. Geh ran. Bitte, geh ran.
    »Uttenreuther?«
    Wenigstens ein Gebet wurde heute erhört. Sie hoffte, dass damit die Quote nicht schon erfüllt war.
    »Sie müssen vorsichtig sein«, keuchte Katinka. »Jemand ist hinter mir her. Der schießt auf mich.«
    »Wie bitte?«, explodierte Hardo lautstark und fügte eine Latte von fränkischen Flüchen an.
    »Bleiben Sie cremig«, flüsterte Katinka. »Ich kann nichts dafür. Ich glaube, er schießt mit einem Jagdgewehr. Wenn Sie mein Auto sehen, dann fahren Sie nicht weiter. Hier sind überall Feldwege. Biegen Sie irgendwo vorher ein und versuchen Sie, zum Waldrand zu kommen.«
    »Zu was für einem Waldrand, verflucht!«
    Katinka kauerte sich auf die Blätter des Vorjahres.
    »Wo sind Sie?«
    »Kurz hinter Altershausen.«
    Katinka kämpfte sich hoch.
    »Fahren Sie langsam weiter. Ich laufe jetzt am Waldrand entlang in Ihre Richtung.«
    Ein Windstoß riss an den Baumkronen. Katinka zog den Kopf ein und ging los.
    »Ich sehe hren Wagen oben an der Kuppe«, kam es kurz darauf von Hardo.
    »Dann nehmen Sie den nächstmöglichen Weg nach rechts, weg von der Straße.«
    »Scherzkeks. Hier sind keine

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