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Janusliebe

Janusliebe

Titel: Janusliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Mier
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dafür.»
«Das ist aber sehr schlecht für dich», lächelte Carry entwaffnend. «Du weißt
sicherlich, dass solche Kinderkrankheiten im Erwachsenenalter besonders unan-
genehm sind. Was willst du tun, wenn du einmal Kinder hast und dich bei ihnen
ansteckst?»
«Mir erst gar keine anschaffen», erklärte Lawrence ruppig, aber im nächsten
Moment verstummte er.
«Kinder», murmelte er, versonnen in Carrys Augen blickend. «Weißt du, dass
ich eigentlich doch gerne Kinder hätte?»
«Ohne Liebe?» Sie runzelte skeptisch die Stirn.
«Du gibst wohl nie auf?», erkundigte sich Lawrence lächelnd.
«Nicht, wenn ich von einer Sache überzeugt bin», erwiderte Carry fest. «Dann
gleiche ich tatsächlich einem Terrier, der sich verbeißt. Das ist zwar manchmal
ziemlich unbequem, aber ich kann es nicht ändern.»
Mit einer ruckartig wirkenden Bewegung griff Lawrence nach der Flasche und
entkorkte sie geschickt. Erst als das Getränk vor ihnen in den Gläsern perlte, nahm
Lawrence den Faden wieder auf.
«Wahrscheinlich bist du tatsächlich eine wohltuende Ausnahme. Quasi ein
Exot zwischen all den angepassten Biedermännern und Frauen. Aber in Sachen
Liebe wirst du mich nicht von meiner Meinung abbringen.»
    «Das will ich auch gar nicht», entgegnete Carry trocken. «Alles, was ich möch-
te, ist, dass du mehr Verständnis für die Menschen aufbringst, die nicht so denken
wie du. Nur weil du dich noch nie verliebt hast, muss das nicht bedeuten, dass es
anderen Leuten genauso ergeht. Bist du nie auf die Idee gekommen, dass vielleicht
du die große Ausnahme bist?»
«Nein», wies Lawrence den Verdacht so heftig von sich, dass Carry misstrau-
isch wurde. Sie kam aber nicht mehr dazu, nachzuhaken, denn Lawrence ergriff
sein Glas und hielt es ihr entgegen.
«Auf unsere Bekanntschaft», sagte er lächelnd.
«Auf unsere Bekanntschaft», erwiderte Carry, konnte sich jedoch nicht ent-
halten, mit leisem Spott hinzuzufügen: «Und vielleicht die erste rein platonische
Freundschaft in meinem Leben, die ich mit einem Mann führe. Es wird eine voll-
kommen neue Erfahrung sein.»
Zufrieden registrierte sie Lawrence’ schmerzhaftes Zusammenzucken, das ihr
verriet, dass sie gerade genau die richtige Stelle an seinem wunden Punkt ange-
piekst hatte.
Während des ausgezeichneten Menüs, das Carry mit gesundem Appetit ver-
speiste, drehte sich die Unterhaltung um allgemeine Dinge. Zu ihrer beider Erstau-
nen stellte sich dabei heraus, dass sie auf vielen Gebieten die gleichen Interessen,
Vorlieben oder Meinungen hatten. Allerdings nahm sich Carry die Zeit, sie zu
pflegen, während Lawrence sie, wie er sagte, aus beruflichen Gründen meistens
vernachlässigte.
Er kam sich reichlich hinterwäldlerisch vor, als Carry über Theaterstücke
sprach, die er zwar liebte, aber bereits seit ewigen Zeiten nicht mehr gesehen
hatte. Inzwischen waren sie mindestens ein Dutzend Mal neu inszeniert worden
und manchmal war Lawrence nicht einmal sicher, ob er und Carry dasselbe Stück
meinten.
Anders sah es in der Literatur aus. Da konnte er mithalten und eifrig disku-
tieren. Trotzdem spürte er immer deutlicher, wie wenig er von den Dingen des
täglichen Lebens wusste.
«Du vergräbst dich viel zu sehr in deiner Arbeit», hatte sein Arztfreund Ri-
chard Cline, besorgt über den Rand seiner goldgefassten Brille blinzelnd, noch vor
wenigen Tagen zu Lawrence gesagt. «Himmel noch mal, Lawry, das Leben besteht
doch nicht nur aus Arbeit und Pflichten! Man muss auch ab und zu Spaß haben!
Geh endlich mal aus, ins Theater, in ein Restaurant, Bowling spielen, was weiß
ich. Wenn du nicht aufhörst, wie ein Kuli zu ackern, nur um noch mehr Geld zu
scheffeln, wirst du eines Tages aussehen wie Dagobert Duck.»
    Wie Recht Richard mit seinen Worten doch hatte! Das wurde Lawrence klar,
während er hier mit Carry saß.
Und noch eines wurde ihm bewusst, so klar und deutlich, dass er vor der Er-
kenntnis erschrak.
Im Grunde lebte er schon lange nicht mehr!
Hastig griff Lawrence nach seinem Glas, um den Kloß in seinem Hals wegzu-
spülen, der ihn urplötzlich würgte und ihm das Atmen schwer machte. Aber es
half nichts, das beklemmende Gefühl blieb.
Er war tot! Innerlich gestorben an einer Krankheit, die Ehrgeiz hieß. Gab es für
ihn überhaupt noch eine Rettung?
Sein Blick fiel auf Carry, die gerade genussvoll an einem Hähnchenschenkel
knabberte. Ihre Freude und das Vertrauen in das Leben waren ihre Stärken. Sie
verkroch

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