Janusliebe
wolltest?»
Carry ließ sich erschöpft gegen das Holz der Türfüllung sinken.
«Weil du mir dann gar nicht erst zugehört hättest» Ihre Stimme klang spröde
vor Müdigkeit. «Wenn ich wirklich zu dir gesagt hätte ‹Tut mir Leid, aber ich bin
nicht von der Agentur, sondern ich komme, um Sie von den charakterlichen Qua-
litäten meiner Freundin zu überzeugen›, hättest du mich doch glatt vor die Tür
gesetzt.»
«So hast du lieber die gescheite Aushilfe gespielt und nebenbei gleich eine net-
te Story für deine Zeitung mitgenommen.»
Carry starrte ihn entgeistert an, dann winkte sie ab.
«Glaub doch, was du willst.» Es war ihr auf einmal tatsächlich egal, was Law-
rence dachte. «Es gefällt dir anscheinend, in allem und jedem das Schlechte zu
sehen. Warum soll ausgerechnet ich mich darum bemühen, dein Weltbild zu än-
dern? Daphne und Vincent werden auch ohne deine Zustimmung heiraten.»
«Sollen sie!», fauchte Lawrence gekränkt. Er baute sich vor Carry auf und sah
sie aus zusammengekniffenen Augen an. «Was mich viel mehr interessiert, ist, ob
du die Dinge, die du gestern zu mir gesagt hast, ernst gemeint hast?»
Carry nickte stumm.
«Dann bist du die richtige Frau für mich.» Es klang ganz sachlich, so, als hätte
Lawrence gerade die Herstellungskosten eines neuen Pumpenmodells kalkuliert
und als rentabel eingestuft.
Mit einem Schlag war Carry hellwach und starrte ihn entgeistert an.
Lawrence lachte angesichts ihrer Reaktion.
«Ja, du bist die Richtige! Du hast Mut, gibst nicht gleich klein bei und besitzt
genügend Humor, um mit meinen Mängeln und Macken fertig zu werden. Ich bin
sicher, dass wir ein wunderbares Team abgeben und ich in unserer Ehe eine Menge
von dir lernen kann.»
Carry starrte ihn immer noch an wie einen Geist, der urplötzlich aus einer Rit-
ze im Asphalt herausgewachsen war. Erst als Lawrence vorsichtig die Arme aus-
streckte, um sie an sich zu ziehen, kam wieder Leben in Carrys vor Schreck steifen
Körper.
Mit zorniger Empörung schlug sie ihm auf die Finger und funkelte ihn wü-
tend an.
«Jetzt weiß ich es genau. Du bist verrückt!», fauchte sie wie eine gereizte Katze.
«Geh sofort zum Arzt, schnell, bevor dein Verstand überhaupt nicht mehr zu ret-
ten ist.» Lawrence ließ sich nicht einschüchtern.
«Nein, meine Liebe. Ich gehe morgen früh zum MLB und beantrage unsere
Eheschließung. In spätestens vier Wochen sind wir verheiratet.»
«Eher friert die Hölle ein.» Fordernd streckte Carry die Hand aus. «Gib mir end-
lich meinen Schlüssel, du Spinner. Ich bin müde, ich will schlafen und ich will
dich vor allen Dingen nicht heiraten. Ich will überhaupt niemals heiraten. Ich will
nur endlich in mein Bett!»
«Ist ja schon gut.» Lawrence legte seine Hand auf ihren Mund, um nicht die
Aufmerksamkeit der schlafenden Nachbarn auf sich zu lenken. «Psst, sei ganz
ruhig. Wir reden morgen weiter. Du bist jetzt zu übermüdet, um meinen Antrag
richtig bewerten zu können. Hier.»
Er griff in die Manteltasche und reichte Carry den Schlüsselbund.
«Leg dich schön hin und schlaf dich aus. Morgen bereden wir dann alles in
Ruhe. Ich rufe dich in der Redaktion an.»
«Untersteh dich!» Carry riss ihm den Bund aus der Hand und umklammerte
ihn wie eine Waffe. «Viola bringt es fertig, mich mit einer Reportage über dein
Privatleben zu beauftragen. Das wird dir sicher nicht gefallen.»
«Du hörst sowieso mit diesem Job auf», erklärte Lawrence vergnügt. «Ich will
nicht, dass meine Frau Tag und Nacht hinter Stars und Politikern herrast, während
ich allein zu Hause sitze. Lauf lieber hinter unseren Kindern her. Wenn sie dein Tem-
perament erben, wirst du vollauf damit beschäftigt sein, sie zu domestizieren.»
Er beugte sich vor und drückte der völlig verblüfften Carry einen Abschieds-
kuss auf die kalte Wange. Ehe sie recht begriff, was da geschah, hatte er sich schon
wieder aufgerichtet und strebte mit langen Schritten seinem Wagen zu.
«Ich heirate keinen Mann, der mich zur unbezahlten Haushaltshilfe machen
will!», schrie Carry ihm, endlich erwacht, hinterher. Aber das schien Lawrence
schon nicht mehr zu hören. Beschwingten Schrittes eilte er über den Parkplatz,
ohne sich noch einmal nach Carry umzusehen, die zitternd von der Gewalt der
unterschiedlichen Emotionen, die auf sie einstürmten, an der Tür stand.
Gleich darauf saß er in seinem Wagen und fuhr davon. Stille senkte sich über
die schlafende
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