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Janusliebe

Janusliebe

Titel: Janusliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Mier
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die Realität des Wohnzimmers
zurück. Jetzt erst hörten sie das aufgeregte Klopfen an der Wohnungstür. Hastig
rollte sie sich unter ihm hervor, schlüpfte in den Morgenmantel, der auf dem Tep-
pich lag, und zog die Tür einen Spalt weit auf.
«Ist Ihnen nicht gut?», erkundigte sich die ältere Dame, die erst in der vergan-
genen Woche in das Apartment nebenan gezogen war.
    «Nein, nein», erwiderte SIE und lächelte. «Es ist alles in Ordnung. Ich hatte
den Fernseher nur etwas laut gestellt. Verzeihen Sie bitte.»
«Na gut.» Die Frau musterte sie misstrauisch. «Dann gute Nacht.»
«Gute Nacht», sagte sie und schloss die Tür.
Er hatte sich inzwischen aufs Sofa gesetzt. Nackt, wie er war, mit einem breiten
Grinsen auf den schönen Lippen.
«Kleine Lügnerin», neckte er sie und zog sie auf seine Knie.
«Hätte ich sagen sollen, dass wir eben den tollsten Fick der ganzen Woche hat-
ten?», kicherte sie und schmiegte ihre Wange an sein Gesicht.
«Nein, besser nicht», murmelte er. Seine Hände streiften den Seidenmantel
über ihre Schultern. Bewundernd sah er ihre Brüste an, die unter seinen Blicken
zu erblühen schienen. «Die Dame wäre vielleicht noch neidisch geworden.»
Sie lachte, dann küsste sie ihn. Vergessen war die Frau des Geschäftsfreundes,
die ihm nachstellte. Vergessen das niedliche Puppengesicht, mit dem sie ihn gese-
hen hatte. Vergessen IHRE ganzen Komplexe, die sie seit ihrer Kindheit mit sich
herumschleppte.
Sieh her, Mutter, ich bin glücklich. Ich habe gerade mit einem Mann geschla-
fen und ich hatte SPASS dabei! Ja, rauf dir nur die Haare, fall auf die Knie und bete
um mein Seelenheil, ich werde es trotzdem immer wieder tun. Heute, morgen,
übermorgen – vielleicht sogar dreimal am Tag. Und ich werde es genießen, so wie
ich es eben genossen habe. Und dabei werde ich jedes Mal auf dich und deine ver-
logenen, bigotten Moralansichten spucken. Ich spucke darauf, ja, und ich spucke
auf dich! Fick dich, du alte Lügenhexe!
Mit einem kleinen, bösen Lächeln auf den Lippen schlief sie in seinen Armen
ein.
———————
Daphne war von jetzt auf gleich der Appetit vergangen. Und das wollte etwas
heißen! Sie, die ewig Hungrige, die an keinem Hot Dog, an keinem Hamburger-
Stand vorbeigehen konnte, brachte mit einem Mal keinen Bissen mehr hinunter.
Ja, sie ging sogar so weit, ihren Teller mit Rührei und Speck weit von sich zu schie-
ben, und zwar mit einer derart angewiderten Miene, dass Carry lachen musste.
«Du tust gerade so, als hätte Lawrence DIR einen Heiratsantrag gemacht», ki-
cherte sie belustigt.
Daphne warf ihr einen pikierten Blick zu.
«Das würde mich in der Tat genauso erschüttern», erwiderte sie spitz. «Nach
allem, was Vincent mir erzählt hat, war ich eher davon ausgegangen, dass Lawrence
dir den Hals umdreht. Aber nicht, dass er vor Bewunderung den Verstand verliert.»
    Nach Vincents Schilderung musste Lawrence einen bühnenreifen Wutanfall
bekommen haben, nachdem sein jüngerer Bruder vor ihm eine umfassende Beich-
te abgelegt hatte. Schnaubend wie ein aufgestachelter Stier war Lawrence zuletzt
aus seinem Büro gestürmt, mit der massiven Drohung auf den Lippen: «Ich werde
diesem kleinen Biest zeigen, was geschieht, wenn man einen Lawrence Michael
Carlson verarscht!»
Das hatte so gefährlich geklungen, dass Vincent umgehend seine Verlobte an-
gerufen hatte, die allerdings keine Möglichkeit mehr fand, Carry vorzuwarnen.
Heute Morgen beim Frühstück wollte Daphne nun endlich die Warnung an Carry
weitergeben («Verdammt, Carry, kannst du nicht wenigstens mal ab und zu deine
Mailbox abhören? Die Nachrichten darauf stapeln sich darin bestimmt mindestens
so hoch wie die Weihnachtspost in der Denver-Central-Poststation!»), aber zu ih-
rem großen Erstaunen hatte sie stattdessen erfahren, dass die Gefahr an Carry vor-
beigezogen war. Und das in einer Form, die wirklich kein Mensch erwartet hatte.
«Und, wirst du Lawrence’ Heiratsantrag annehmen?», erkundigte sich Daph-
ne neugierig, nachdem sie den ersten Schock überwunden hatte.
Carry starrte nachdenklich in ihre Kaffeetasse, als könnte sie dort die Antwort
auf Daphnes Frage ablesen.
Sie selbst hatte sich noch gar nicht damit beschäftigt. Nachdem sie gestern
Nacht nach Hause gekommen war, war sie so müde gewesen, dass sie es gerade
noch geschafft hatte, kurz unter die Dusche zu springen, bevor ihr die Augen
zugefallen waren. Und als sie heute Morgen nach

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