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Janusliebe

Janusliebe

Titel: Janusliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Mier
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lauschen,
der schon wieder von seiner Pfadfindergruppe erzählte.
Sie spürte mehr, als dass sie es sah, wie sich Lawrence langsam näherte. Er ging
direkt hinter dem Kellner her, der die Gruppe anführte. Carry musste noch nicht
einmal hinsehen, um zu wissen, dass Lawrence wieder blendend aussah.
Sie fühlte den Blick seiner Augen, spürte, wie sie sie zwingen wollten, den
Kopf zu wenden, aber Carry stemmte sich innerlich mit aller Kraft dagegen und
    zwang sich dazu, Robby zu lauschen, der ihr eben anschaulich den Bau einer Blät-
terhütte schilderte.
«Sehr interessant», lobte Carry und wunderte sich darüber, dass ihre Stimme
überhaupt funktionierte. «Und das Ganze bastelt ihr tatsächlich ohne Nägel, Stri-
cke und Alleskleber?»
Robby sah sie einen Moment irritiert an, lachte dann aber.
«Ja, ohne technische Hilfsmittel, nur mit dem, was wir im Wald oder am
Strand finden.»
«Aha.» Carry atmete erleichtert auf. Lawrence war vorbeigegangen und nahm
einige Tische entfernt in einer Nische Platz. Offensichtlich handelte es sich bei
seiner Verabredung um ein reines Geschäftsessen, denn einer der grau melierten
Herren öffnete unverzüglich einen Aktenkoffer, kaum dass alle Platz genommen
hatten, und entnahm ihm einen dicken Ordner.
Carry sah rasch fort und richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf ihren Be-
gleiter. Aber ihre Ruhe war dahin. Die widersprüchlichsten Gefühle stritten in
ihrer Brust, lieferten sich einen erbitterten Kampf, den zuletzt der Zorn gewann.
Lawrence hatte sie gesehen, dessen war Carry sich hundertprozentig sicher.
Schließlich spürte sie selbst jetzt noch seine Blicke auf ihrer Haut. Aber er war
nicht an ihren Tisch gekommen, hatte nicht einmal ein «Hallo, Carry!» für sie üb-
rig gehabt. Wenn das kein Beweis für seine erkalteten Gefühle war, wie, so fragte
sie sich, mochte er wohl mit Menschen umgehen, die ihn überhaupt nicht interes-
sierten? Erfroren sie in seiner Nähe?
Aber gut! Sie knirschte mit den Zähnen. Wenn Lawrence ihr zeigen wollte,
dass er nichts mehr für sie empfand, dann würde sie ihm beweisen, dass sie ihn
schon längst vergessen hatte!
Jawohl, abgeschrieben, gestrichen, vergessen und für tot erklärt! Lawrence M.
Carlson, wer war das noch?
Mit boshafter Freude wandte sie sich Robby zu und legte ihm die rechte Hand
auf den Arm.
Er unterbrach seine langwierigen Berichte und sah sie erstaunt an.
«Ich ... äh ...» Der Blick aus Carrys Augen brachte ihn so durcheinander, dass er
anfing zu stottern. «Ich ... Sollen wir bestellen?»
«Gern.» Carry verlieh ihrer Stimme einen rauchig-sündigen Klang, der schon
bei Lawrence einiges bewirkt hatte, und Robby errötete prompt. Hastig winkte er
einem vorübereilenden Kellner.
Während des ausgezeichneten Menüs taute Robby langsam auf. Carry vermu-
tete, dass er sein Glück anfangs gar nicht hatte fassen können und sich nur lang-
sam an die Idee gewöhnen musste, nun endlich am Ziel seiner Wünsche zu sein.
    Wie sie ihn später wieder von dieser Idee abbringen sollte, war ihr jetzt noch ein
Rätsel, aber im Allgemeinen neigte Robby nicht dazu, Schwierigkeiten zu machen.
Es würde nicht so schwer werden, ihm zu erklären, dass sie sich durch den Sekt
und die Umgebung in einer etwas zu ausgelassenen Stimmung befunden hatte,
die inzwischen leider wieder verflogen war.
So flirtete Carry auf Teufel komm raus mit dem armen Robby, dem vor Aufre-
gung glatt der Appetit verging. Ab und zu warf sie dabei einen verstohlenen Blick
zu Lawrence’ Tisch. Er schien jedoch in das Gespräch mit seinen Geschäftspart-
nern vertieft. Es war ihm nicht anzumerken, ob ihn das Geschehen um sich herum
interessierte oder ob ihn Carrys kleine Inszenierung sonderlich beeindruckte.
Lawrence schien nur Augen und Ohren für seine Geschäfte zu haben. Ärger-
lich wandte Carry sich an Robby und strich ihm sacht über das blonde Wuschel-
haar. Diese Geste beflügelte ihn zu einem raschen Kuss auf ihre Lippen, den Carry
aus Wut über Lawrence’ Desinteresse heftig erwiderte.
Die Dame zwei Tische weiter räusperte sich und hüstelte vernehmlich, wohl
um das Paar darauf aufmerksam zu machen, dass sie dessen Benehmen nicht
schätzte. Carry schenkte ihr ein unschuldiges Grinsen, als sie sich von Robby zu-
rückzog, worauf die Dame hastig nach ihrer Kaffeetasse griff.
«Sollen wir nicht irgendetwas anderes unternehmen?», schlug Robby hoff-
nungsvoll vor, als er wieder atmen konnte. «Ich fühle mich

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