Janusliebe
andere Pläne.»
Carry stieß zitternd den Atem aus. «Und, dürfte ich Näheres erfahren?», fragte
sie heiser.
«Ich will dich heiraten.» Lawrence unterbreitete ihr den Plan ohne große
Emotionen. «Wir sprachen bereits einmal darüber. Du erinnerst dich bestimmt.
Eigentlich wollte ich an diesem vertrackten Wochenende alles mit dir besprechen,
aber dann kam diese unselige Nacht, und danach ...» Er schwieg einen Augenblick,
aber Carry konnte sein Lächeln förmlich spüren. «Nun, ich musste meine Enttäu-
schung darüber mit einer Flasche Whisky hinunterspülen. Als ich endlich wieder
zu mir kam, warst du bereits abgereist.»
«Du kennst meine Adresse und meine E-Mail-Adresse, Telefon- und Handy-
nummer weiß Vincent auswendig. Außerdem bin ich fast immer im ‹Chronicle›
zu erreichen.»
«Ja.» Lawrence nickte in der Dunkelheit. «Aber ich wollte uns beiden etwas
Zeit zum Nachdenken geben – oder besser, zum Erholen. Es erschien mir nicht
ratsam, dich gleich wieder mit meinen Heiratsplänen zu überfallen nach dem ver-
unglückten ... na, du weiß schon.»
«Gott, sei doch nicht so schrecklich dramatisch!», fiel ihm Carry ins Wort.
«Sag mir lieber, aus welchem Grund du ausgerechnet mich heiraten willst. Bisher
habe ich irgendwie den Eindruck, dass es auch jede x-beliebige Frau sein könnte.»
Sie lachte spöttisch. «Sag jetzt nur nicht, weil ich die Einzige bin, die es in dem
schrecklichen Bonbonzimmer ausgehalten hat.»
Lawrence seufzte. «Ganz so blödsinnig, wie du anzunehmen scheinst, sind
meine Gründe nicht», widersprach er gekränkt. «Außerdem, das Zimmer wurde
nach Anraten meiner Sekretärin eingerichtet. Sie meinte, Pink und Rüschen wür-
den allen jungen Frauen gefallen.»
«Schick sie zum Geschmacksberater», antwortete Carry abweisend. «Jetzt sag
mir endlich, wie du auf die hirnrissige Idee kommst, dass wir zusammenpassen?»
«Weil du zaubern kannst», antwortete Lawrence leise.
Carry lauschte erstaunt dem zärtlichen Klang seiner Stimme.
«Nur du kannst mich von meinem Ehrgeiz, dieser Sucht nach Erfolg heilen,
und nur bei dir habe ich das Gefühl, am Leben zu sein.»
Im nächsten Moment war die Zärtlichkeit verschwunden, Lawrence strahlte
wieder die kühle Distanz aus, die Carry an ihm kannte.
«Es ist ein Geschäft», erklärte er sachlich. «Du schenkst mir deine jugendliche
Frische, deinen Optimismus, und ich gebe dir dafür einen Teil meiner irdischen
Güter.»
«Aha», machte Carry trocken. «Das hört sich unheimlich interessant an. Gibt
es sonst noch ein, zwei Gründe, die mich vollends überzeugen?»
Lawrence lachte befreit in der Annahme, am Ziel zu sein.
«Aber ja!» Er veränderte seine Sitzposition, sodass er Carry besser ansehen
konnte. «Du hast keine Angst. Wenn ich mal schlechte Laune habe, traust du dich,
mir zu widersprechen, und du bist nicht ausschließlich hinter meinem Geld her.
Ideale Voraussetzungen für eine Ehe, findest du nicht?»
Carry rutschte in den äußersten Winkel des Wagens, um Lawrence’ Zugriff zu
entgehen. Enttäuscht ließ er die Hand sinken.
«Es sind ideale Voraussetzungen, um in eine Irrenanstalt eingewiesen zu wer-
den», erklärte sie ihm wütend. «Dort findest du für weniger Geld einen guten The-
rapeuten, der dich von deinen Manien heilt.»
Die Ampel an der 17th, Ecke Champa, schaltete von Grün auf Gelb. Vorsichtig
tastete Carry nach dem Türgriff, während sie zu Lawrence schielte, der beleidigt in
den Polstern lehnte.
«Behalte deine irdischen Güter für eine anständige Therapie. Ich will nichts
davon haben. Aber vor allem will ich dich nicht haben!»
Harrison bremste. Carry stieß die Tür auf. «Gute Nacht, Lawrence, und viel
Glück auf der Suche nach der Frau, die in das pinkfarbene Zimmer passt!»
Damit war Carry aus dem Wagen gesprungen und schlug die Tür mit einem
nachhaltigen Knall hinter sich zu. Ehe Lawrence ihr folgen konnte, war sie im
verwirrenden Strom der Passanten untergetaucht.
———————
Sie löste sich wie ein Schatten von der Hauswand und huschte den Bürger-
steig entlang, der jungen Frau hinterher, die mit zornigen kleinen Schritten vor-
anstürmte. Die Kleine war ärgerlich. Sehr gut! Sie war ärgerlich, weil er nicht auf
ihre Spielregeln einging. Aber er hatte seine eigenen Spielregeln, das würde die
Kleine schon noch merken – vorausgesetzt, sie hatte überhaupt noch eine Chance
bei ihm.
Vielleicht war es ja vorbei?
Sie war der jungen Frau
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