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Janusliebe

Janusliebe

Titel: Janusliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Mier
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heute so glücklich,
dass ich die ganze Nacht durchtanzen könnte oder ...»
Er ließ den Rest des Satzes unvollendet, aber seine Blicke sagten Carry deut-
lich, was er lieber tun würde als tanzen.
«Eine tolle Idee», tat sie begeistert. «Im ‹Blue Dragon› läuft eine Nonstop-
Discoshow. Das ist sicherlich das Richtige für uns. Ich hätte große Lust, mich mal
wieder so richtig auszutoben.»
«Dann auf ins Getümmel!» Robby zwinkerte ihr fröhlich zu, während er dem
Kellner winkte, um die Rechnung zu begleichen.
———————
Als sie wenig später Arm in Arm das Lokal verließen, spürte Carry Lawrence’
Blicke im Rücken. Sie brannten förmlich auf ihrer Haut, schienen sie durchbohren
zu wollen. Aber sie widerstand der Versuchung, sich nach ihm umzudrehen. Zu
spät, mein Lieber, du hast deine Chance gehabt, dachte sie grimmig, während sie
neben ihrem Begleiter ins Entrée ging, das wie der Speisesaal in rotem Plüsch und
Messing gehalten war.
Während Robby an der Garderobe ihre Mäntel holte, trat Carry an den großen
Spiegel, um ihr Make-up zu überprüfen. Das Mädchen, das ihr aus dem goldenen
    Stuckrahmen entgegensah, erschien ihr fremd und irgendwie überreizt. Dunkle
Augen glühten in einem rotfleckigen Gesicht, das von einer wilden Haarmähne
umrahmt wurde. Der Mund wirkte verkrampft, so als wollte er lieber zubeißen
als lächeln, und selbst die Sommersprossen, die sonst zu Carrys Ärger vorwitzig
leuchteten, schienen verblasst zu sein.
Du siehst aus wie ein kleiner, wütender Foxterrier, dachte sie ironisch.
Genau in diesem Augenblick tauchte ein zweites, äußerst verärgert wirkendes
Gesicht neben ihr in dem goldenen Rahmen auf.
Carry konnte ihr eigenes Erschrecken beobachten, das sich auf ihrem Antlitz
abzeichnete, während sie in Lawrence’ zornige Augen blickte, die jetzt die Farbe
des sturmgepeitschten Meeres hatten.
«Hallo, Lawrence.» Während sie die wenigen Worte stammelte, wich alle Far-
be aus ihren Wangen, bis ihr Gesicht in reinstem Lakenweiß leuchtete, in dem die
Augen wie im Fieber glühten.
«Wohin gehst du mit dem Milchgesicht?» Lawrence verzichtete auf alle Höf-
lichkeitsfloskeln. Er steuerte lieber direkt auf sein Ziel los.
Carry wandte sich von ihrem gespenstischen Spiegelbild ab und drehte sich
um. Lawrence’ Körper ragte wie eine unüberwindliche Mauer vor ihr auf. Sie
konnte sein herbes Eau de Cologne riechen. Ein Duft, der Carry sofort an die ver-
gangenen Zärtlichkeiten erinnerte, die sie einander geschenkt hatten.
Ein leichtes Schwächegefühl bemächtigte sich ihrer, gegen das sie kaum an-
kämpfen konnte. «Wohin gehst du?», fragte Lawrence noch einmal, Zorn in der
Stimme. Carry zuckte zusammen. Sie versuchte, einen Schritt von ihm fortzuge-
hen, aber Lawrence’ Rechte schoss blitzartig vor und umklammerte ihren Oberarm,
sodass Carry erschreckt aufschrie. Der Schmerz machte ihr Gehirn wieder frei.
«Was fällt dir ein, mich so zu behandeln?»
«Und was fällt dir ein, dich mit einem milchgesichtigen Stoppelhopser her-
umzutreiben?», fuhr er sie an. «Lass den noch ein paar Jahre im Sandkasten und
verwirre ihn nicht mit verbotenen Erwachsenenspielen.»
Carry versuchte, an Lawrence vorbei ins Entrée zu schielen. Zu ihrer Erleich-
terung stellte sie fest, dass sich nur wenige Gäste in dem großen Raum aufhielten,
die sich nicht für das streitende Paar interessierten.
«Robby ist kein Kind mehr», widersprach sie störrisch. «Er ist ein hervorragen-
der Journalist ...»
«Ich kenne ihn», fuhr Lawrence unwirsch dazwischen. «Kolumnenschreiber
und Fähnlein Fieselschweif bei irgendeinem Pfadfindertrupp. Du musst ihn mir
nicht schmackhaft machen, denn ich wünsche keine nähere Bekanntschaft, und
die deine ist mit dem heutigen Datum beendet.»
    Lawrence’ Griff hatte sich während seiner Rede etwas gelockert. Carry nutzte
die Gelegenheit und riss sich mit einer heftigen Bewegung von ihm los.
«Ich bin nicht dein Bruder», erinnerte sie ihn mit leiser Stimme, um keine
neugierigen Blicke auf sich zu lenken. «Du hast absolut kein Recht, mir meine
Freunde zu diktieren. Ich tue noch immer das, was mir gefällt, und ich liebe, wen
ich will, ohne mir vorher deinen göttlichen Rat einzuholen.»
«Guten Abend, Mister Carlson, Carry, hier, dein Mantel.» Robby war, unbe-
merkt von den beiden, herangetreten. In seiner typisch arglosen Art roch er nicht
den Ärger, der in der Luft lag.
Mit treuherzig

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