Jax
fühle ich mich auch deshalb so verbunden mit ihnen. Sie jagen hier unten die Ratten, ich die Rebellen.« Er räuspert sich. »Habe gejagt …«
Langsam streiche ich über das Fell. Es fühlt sich weich an, der Körper des Tieres ist warm. Sofort steht die Katze auf und reibt ihr Köpfchen an meinem Knie.
»Sie mag dich«, sagt Jax und seine Stimme klingt eine Nuance tiefer. »Aber wir sollten uns nicht zu lange an einem Ort aufhalten.« Er drückt auf sein Handycom, um die Position der Warrior zu überprüfen, bevor er aufsteht und mich auf die Beine zieht. Das Licht erlischt, und ich finde mich in seinen Armen wieder. Fest drückt er mich an seinen harten Körper.
»Wir sind gleich da«, flüstert er an meinen Lippen.
Mein Herz macht einen Satz. Will er mich küssen?
»Ich bringe dich jetzt in Sicherheit und gehe allein weiter.«
Nein, er will sich verabschieden. Mein Magen ballt sich zusammen. »Ich komme mit dir.«
»Sam, es ist zu …« Bevor er weitersprechen kann, küsse ich ihn. Wenn er mich schon verlassen will, möchte ich noch einmal seine weichen Lippen genießen, ihn schmecken und fühlen. Ich lasse meine Hände an seinen gestählten Oberarmen auf und ab gleiten und reibe mich an ihm. Dabei rast mein Puls. So bin ich nicht, aber ich will nicht, dass er geht. Ich brauche diesen Krieger, diesen Mann! Seinen Schutz und die Gefühle, die er in mir auslöst. Ich kann nicht mehr ohne ihn sein.
»Bitte, nimm mich mit«, flehe ich, während er mich hungrig küsst.
»Ich bringe dich nur in Gefahr«, murmelt er.
»Mehr in Gefahr sein als jetzt kann ich doch gar nicht. Ich fühle mich nur an deiner Seite sicher.«
Abrupt hört er auf mich zu küssen, hält mich aber weiterhin fest. »Du hast zu viel Vertrauen in mich. Du kennst mich nicht, Sam. Ich will meine Rache. Ich will Blut fließen sehen. Du wirst mich … hassen.«
Mein Herz verkrampft sich. Hat er Angst, dass ich ihn verachte? Empfindet er womöglich doch etwas für mich? »Mein Leben wurde komplett umgekrempelt, Jax. Ich bin nicht mehr Dr. Samantha Walker, sondern nur noch eine Sklavin mit einer Nummer. Ich bin ganz unten angekommen, habe nichts mehr zu verlieren außer mein Leben. Und dieses Leben hat keinen Wert mehr für mich. Das Regime hat mir alles genommen und dich mir geschenkt. Es hat uns auf bestialische Weise zusammengeführt und miteinander verbunden. Ich möchte mich deiner Sache anschließen und kämpfen, weil ich sonst nichts habe, wofür es sich zu kämpfen lohnt. Lass mich dir helfen, und wenn ich nur mit Worten kämpfe und deine Wunden versorge.«
Als ich ende, höre ich für viele Sekunden bloß Jax’ Atemzüge und das entfernte Tropfen von Wasser, bevor er sagt: »In dir steckt definitiv eine Kämpferin.«
»Dann nimmst du mich mit?«, frage ich hoffnungsvoll. Aufgeregt beiße ich auf meine Unterlippe.
Ich höre ein Schmunzeln aus seiner Stimme, als er antwortet: »Ich nehme dich mit, weil du mich ja sonst doch so lange nervst, bis ich Ja sage.«
»Danke.« Vor Glück werden meine Beine so weich, dass ich Jax fest umarme.
Er hält mich für einen Moment, und lässt mich viel zu bald los. Seine Stimme klingt streng. »Ich werde trotzdem allein das Planquadrat aufsuchen.« Als ob das sein letztes Wort ist, nimmt er mich an der Hand und zieht mich hinter sich her durch die Dunkelheit.
Mein letztes Wort ist in dieser Sache noch nicht gesprochen, aber das ist mir gerade egal, denn ich habe erreicht, dass ich bei ihm bleiben darf, und das ist im Moment das Wichtigste.
***
»Du bleibst hier, bis ich zurückkomme, verstanden?« Jax drückt mir die Taschenlampe in die Hand. »Falls ich in zehn Minuten nicht wieder bei dir bin, wartest du, bis die Nacht hereinbricht, schleichst dich nach oben und suchst Mark auf. Wenn er wirklich loyal ist, ist er der Einzige, der dir dann noch helfen kann.«
»Du wirst zurückkommen«, antworte ich, trotzdem wiederhole ich im Geiste ununterbrochen den Zahlencode, der mich aus dem Untergrund bringt: 3 – 25 – 92 – 7 – 60. »Ich bin so nervös, dass ich die Kombination bestimmt vergesse. Allein deswegen musst du wiederkommen.«
Ich höre ihn im Dunkeln tief durchatmen. »Also bleib schön hier. Bis gleich.« Er drückt mir einen flüchtigen Kuss auf die Wange, dann kriecht er aus dem Rohr.
Jax hat mich einige Meter tief in ein Nebenrohr gebracht, das so niedrig ist, dass ich nicht darin stehen kann. Da in der Stadt an Wasser gespart wird, bekomme ich immerhin keine
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