Jax
Julius, mit ihm hatte er Funkkontakt. Außerdem möchte Sonja ein gutes Wort für dich einlegen. Sie ist hier aufgewachsen und scheint bei vielen Leuten beliebt zu sein. Auf sie werden sie hören. Ich werde auch aussagen, nur bezweifle ich, dass eine ehemalige Bürgerin von White City viel zu melden hat.«
Jax senkt den Blick. »Wenn es Julius nicht schafft …«
»… werden sie dich wahrscheinlich erschießen«, setze ich mit erstickter Stimme hinzu und verdränge die schrecklichen Bilder, die sich sofort in meinem Kopf auftun. Die Resurer hassen die Warrior-Soldaten.
Plötzlich nähern sich Schritte und ich wirbele herum. Der Wachmann kommt zurück. »Die Besuchszeit ist um.«
»Ich hol dich da raus, Jax, versprochen!« Ich gebe ihm noch einen flüchtigen Kuss, bevor die Wache das Türchen schließt.
***
Jul erwacht einfach nicht. Seit zwei Tagen liegt er im Koma, und ich kann nichts mehr für ihn tun. Sein Körper muss nun allein damit fertigwerden und zwar schnell, denn es fehlt hier an so vielem. Zum Glück gibt es noch Wasser, daher konnte Schwester Amy ein paar Tropfbeutel mit Kochsalzlösung füllen, damit Juls Körper wenigstens nicht austrocknet.
Die Krankenstation umfasst fünfzig Betten, die beinahe immer belegt sind, wie Dr. Nixon mir erzählt hat. Er ist erst seit einem Jahr in Resur und lebte früher an der Küste, in der ehemaligen Stadt Los Angeles. Doch dort sind sie weniger organisiert, Plünderungen und Gewalt sind an der Tagesordnung. Die schlimmen Zeiten stehen ihm noch ins Gesicht geschrieben: Es wirkt fast so grau wie sein Haar und ist mit Falten durchzogen, obwohl er noch keine vierzig Jahre alt ist. Er sitzt neben mir an Juls Bett und hört dessen Herz ab. Julius hat einen Verband auf dem Kopf und sieht aus, als würde er schlafen. Doch plötzlich zucken seine Lider.
»Ich glaube, er wacht auf!« Sofort stehe ich neben Jul. »Julius, hörst du mich?«
»Durst«, wispert er.
Dr. Nixon und ich lächeln uns an. Ich fülle Wasser in eine Schnabeltasse und lege sie an Juls Lippen. »Mach vorsichtige Schlucke, Jul. Jetzt wird alles gut, du hast es geschafft.«
»Was wird gut? Wo bin ich? Was ist passiert?«, fragt er, nachdem er getrunken hat. Sein Blick wandert zwischen Dr. Nixon und mir hin und her. »Wer sind Sie?«
Ich zucke zusammen, mein Magen verkrampft sich. »Erkennst du mich nicht mehr? Ich bin Samantha. Jax und ich haben dich durch den Tunnel nach draußen gebracht.«
»Tunnel?«
»Amnesie«, sagt Dr. Nixon und ich nicke.
»Hoffentlich nur vorübergehend.« Ich wende mich wieder an Jul. »Du bist in den Outlands, in Sicherheit.«
Seine Augen werden groß. »Bin ich verstrahlt?«
»Nein, alles ist gut, das Leben ist außerhalb wieder möglich. Woran kannst du dich erinnern?« Ich vermeide es, nach seinem Namen zu fragen, damit niemand seine wahre Identität erfährt, doch Jul sag: »Dad hat Mum töten lassen.« Seine Augen füllen sich mit Tränen.
Oh Gott, er hat die letzten Lebensjahre vergessen! »Alles wird gut, Jul. Deine Erinnerungen werden zurückkehren.« Das hoffe ich zumindest. »Und dann wirst du alles verstehen.«
»Warum sagen Sie immer Jul zu mir? Mein Name ist Andrew. Andrew Pearson. Das weiß ich ganz sicher.«
Dr. Nixon steht auf. »Dann werde ich veranlassen, dass man diesen Namen ins Ankunftsverzeichnis einträgt.«
»Nein!« Ich eile ums Bett herum und ziehe Dr. Nixon zur Seite. »Bitte nicht, oder Jul kommt ins Gefängnis.«
Noch mehr Falten erscheinen auf seiner Stirn.
»Darf ich an Ihre Schweigepflicht appellieren?«
»Natürlich«, antwortet er, und ich erzähle ihm die ganze Wahrheit. Dass Julius eigentlich der Sohn eines Regime-Mitgliedes ist, sich aber den Rebellen anschloss und sogar ihr Anführer geworden ist.
»Er wird nicht mehr zurück können, um verdeckt zu operieren. Er fehlt seit zwei Tagen. Er ist ein guter Junge und hat so viel für diese Stadt und ihre Menschen getan. Er verdient keine Strafe.« Alles sprudelt nur so aus mir hervor, bis Dr. Nixon lächelnd meinen Arm drückt. »Ich werde nichts sagen. Versprochen.«
»Danke.« Das erleichtert mich ein wenig, doch die Sorge um Jax ist geblieben. Jul kann nicht aussagen. Noch nicht. Ich hoffe so sehr, dass er sich bald an alles erinnern kann.
Kapitel 10 – Entscheidungen
Juls Amnesie hat sich nicht gebessert. Ich bin am Boden zerstört und mache mir unentwegt Vorwürfe: Nur meinetwegen wurde er so schwer verletzt.
Sonja konnte den Bürgermeister
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