Jay: Explosive Wahrheit (German Edition)
rüttelte an ihrem Entschluss, ihn auf Distanz zu halten. Eine freundschaftliche Beziehung war möglich, mehr aber auch nicht. Das würde er einsehen müssen. Sie verdrängte lieber den Gedanken, dass er es gewesen war, der den Kuss unterbrochen hatte, ehe sie … verflixt, was hatte Jay nur an sich, dass ihre Vernunft sich ständig eine Auszeit nahm?
Ein weiterer Grund fügte sich nahtlos an ihre Liste von Punkten, die dagegen sprachen, sich auf Jay einzulassen: Sie hatte die Nähe und seine kleinen Neckereien viel zu sehr genossen. Wenn sie sich erst einmal daran gewöhnt hatte, wäre der Verlust viel schmerzlicher, als wenn sie von vornherein strikte Grenzen definierte.
Unliebsame Erinnerungen an ihre Schulzeit stiegen in ihr auf. Sie tastete nach dem Kaffeebecher, ohne den schützenden Kokon der Decke zu verlassen, aber es war zu spät. Sie sah die Bilder wieder vor sich. Das vergebliche Hoffen auf eine Einladung zu einer Geburtstagsfeier. Die Partys, über deren Vorbereitung stundenlang aufgeregt geredet wurde und zu denen sie nie eingeladen worden war. Ihre Mutter, die ihr erklärte, dass sie eben anders war als die normalen Kinder.
Sie hatte früh lernen müssen, sich vor Enttäuschungen zu schützen und sich mit dem zufriedenzugeben, was sie hatte. Ihr war es gelungen, Jay von ihren operativen Fähigkeiten zu überzeugen und eine vernünftige Basis zu den Teammitgliedern aufzubauen. Das war mehr, als sie noch vor einigen Tagen zu hoffen gewagt hatte, deshalb wäre es albern, jetzt zu glauben, dass daraus noch mehr entstehen konnte. Männer wie Jay legten sich nicht fest. Warum auch? Mit seinem Aussehen und seinem lässigen Auftreten lagen ihm die Frauen zu Füßen. Was sollte er da mit einer Frau wie ihr? Sie war für ihn höchstens eine nette Abwechslung.
Mit einem Ruck wurde ihr die Bettdecke weggezogen und sie sah in Jays lachende, blaue Augen. Sämtliche vernünftigen und wohlüberlegten Vorsätze verflogen.
»Ich hatte dich gewarnt. Hoch mit dir. Ich habe Brötchen aufgebacken. Noch sind sie warm, und es ist ein Rest Honig da. Wenn du in einer Minute nicht in der Küche bist, werde ich andere Saiten aufziehen.« Die Augenbrauen zusammengezogen, sah er sie gespielt grimmig an, und sie musste lachen. »Was? Du nimmst mich nicht ernst? Na warte, du hast wohl noch nie vom bösen Wolf gehört, der sich das Dornröschen geschnappt hat.«
»Das war Rotkäppchen, du Banause.«
Er strich über ihre Haare. »Stimmt, wie konnte ich das vergessen. Dann los, Rotkopf, die Zeit läuft.« Er fletschte drohend die Zähne und gab ein tiefes Knurren von sich.
Elizabeth seufzte innerlich. Es war aussichtslos. Wie sollte sie ihm widerstehen, wenn er sie mit seiner guten Laune ansteckte, mit seinen Frechheiten zum Lachen brachte und dabei auch noch zum Anbeißen aussah? »Es wird Zeit, dass einige uralte Märchen neugeschrieben werden. Wenn du nicht möchtest, dass sich Rotkäppchen den Wolfspelz als Trophäe an die Wand nagelt, lässt du mich jetzt in Ruhe aufstehen.«
»Nichts anderes versuche ich seit einer halben Ewigkeit, Beth. Du hast noch Zeit für eine kurze Dusche. Soll ich dir einige Minuten sparen und deinen Rücken einseifen?«
Die Versuchung wurde übermächtig, ihm den leeren Kaffeebecher an den Kopf zu schmeißen oder ihn alternativ auf das Bett zu zerren.
Grinsend wich er zur Tür zurück. »Schade, du weißt mich heute Morgen einfach nicht zu schätzen.«
Das stimmte nicht, sie hatte einige Ideen, was sie mit ihm anstellen konnte, doch die passten leider weder zu ihrem engen Zeitplan noch zu ihren gefassten Entschlüssen.
Jays freundliche, aber professionelle Art verschaffte Elizabeth eine kurze Atempause. Mit ihm war es wie mit einer Diät: Morgens fielen die besten Vorsätze leicht, aber im Laufe des Tages wurde die Versuchung immer größer, diese über Bord zu werfen.
Während Jay seinen Wagen durch die Stadt Richtung Flughafen steuerte, schien er mit den Gedanken bei ihren Ermittlungen zu sein. Wenn er sprach, dann stellte er kurze, knappe Fragen, die sie ebenso beantwortete.
Als sich sein Handy meldete, und er rasch auf das Display blickte, war seine Anspannung mit Händen greifbar. Ehe er den Anruf annahm, legte er einen Finger auf die Lippen, und Elizabeth signalisierte sofort ihr Einverständnis.
Sie verstand über die Freisprechanlage die tränenerstickte Stimme der Anruferin kaum, aber dann begriff sie den Zusammenhang. Es war Lorraine, Clives Frau, deren Haus gerade von
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