J.D.SALINGER Neun Erzählungen
Zwergterrier, der der Frau aus Kanada gehört. Wahrscheinlich wirst du es mir nicht glauben, aber manche kleine Mädchen stupsen den kleinen Hund mit Ballonstöckchen. Sharon aber nicht. Sie ist nie gemein oder unfreundlich. Deswegen mag ich sie so gern.«
Sybil schwieg.
»Ich kaue gern an Kerzen«, sagte sie schließlich.
»Wer mag das nicht?«, sagte der junge Mann und machte sich die Füße nass. »Huu, ist das kalt .«
E r ließ das Gummifloß fallen. »Nein, warte noch kurz, Sybil. Warte, bis wir ein wenig weiter drin sind.«
Sie wateten hinein, bis das Wasser Sybil an die Taille ging. Dann hob der junge Mann sie hoch und legte sie bäuchlings auf das Floß.
»Trägst du nie eine Bademütze oder so was?«, fragte e r.
»Nicht loslassen«, befahl Sybil. »Halt mich jetzt ja fest.«
»Miss Carpenter. Bitte. Ich weiß, was ich zu tun habe« , sagte der junge Mann. »Halt du nur nach Bananenfischen Ausschau. Heute ist der ideale Tag für Bananenfische.«
»Ich seh keine«, sagte Sybil.
»Das ist verständlich. Sie haben sehr eigentümliche Gewohnheiten. Sehr eigentümliche .«
E r stieß das Floß weiter. Das Wasser ging ihm nicht ganz bis zur Brust. »Sie haben ein sehr tragisches Leben«, sagte er. »Weißt du, was sie tun?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Also, die schwimmen in ein Loch, wo es viele Bananen gibt. Wenn sie hinein schwimmen , sind sie ganz gewöhnliche Fische. Aber kaum sind sie drin, führen sie sich auf wie die Schweine. Also, ich habe Bananenfische gesehen, die sind in ein Bananenloch geschwommen und haben achtundsiebzig Bananen gefressen .«
E r schob das Floß und dessen Passagier einen halben Meter näher zum Horizont. »Und dann sind sie so fett, dass sie natürlich nicht mehr aus dem Loch rauskommen. Passen nicht mehr durch die Tür.«
»Nicht zu weit raus«, sagte Sybil. »Was passiert dann mit ihnen?«
»Was passiert mit wem?«
»Den Bananenfischen.«
»Ach, du meinst, nachdem sie so viele Bananen gefressen haben, dass sie nicht mehr aus dem Bananenloch rauskommen?«
»Ja«, sagte Sybil.
»Also, gern sage ich es dir nicht, Sybil. Sie sterben.«
»Warum?«, fragte Sybil.
»Na, die kriegen Bananenfieber. Das ist eine schreckliche Krankheit.«
»Da kommt eine Welle «, sagte Sybil nervös.
»Die ignorieren wir. Die schneiden wir«, sagte der j unge Mann. »Zwei Snobs .«
E r packte Sybil an den Knöcheln und drückte sie runter und nach vorn. Das Floß schob sich über den Wellenkamm. Das Wasser machte Sybils blonde Haare nass, aber ihr Schrei klang vergnügt.
Als das Floß wieder waagerecht lag, wischte sie sich mit der Hand eine flache, nasse Haarsträhne von den Augen und berichtete: »Gerade habe ich einen gesehen.«
»Was hast du gesehen, mein Schätzchen?«
»Einen Bananenfisch.«
»Mein Gott, nein!«, sagte der junge Mann. »Hatte er Bananen im Maul?«
»Ja«, sagte Sybil. »Sechs.«
Plötzlich hob der junge Mann einen von Sybils nassen Füßen hoch, die über den Rand des Floßes hingen, und küsste ihn auf den Spann.
»He!«, sagte die Besitzerin des Fußes und drehte sich um.
»Selber he! Wir gehen jetzt raus. Hast du genug?«
»Nein!«
»Tut mir leid«, sagte er und stieß das Floß Richtung Ufer, bis Sybil abstieg. Den Rest der Strecke trug er es.
»Wiedersehen«, sagte Sybil und rannte ohne Bedauern Richtung Hotel.
Der junge Mann schlüpfte in den Bademantel, zog das Revers fest zu und stopfte das Handtuch in die Tasche. Er nahm das glitschig nasse Floß und klemmte es sich unter den Arm. Allein stapfte er durch den weichen, heißen Sand zum Hotel.
Im Untergeschoss des Hotels, wo die Badenden auf Wunsch der Direktion hineingehen sollten, stieg eine Frau, Zinksalbe auf der Nase, mit dem jungen Mann in den Fahrstuhl.
»Wie ich sehe, schauen Sie auf meine Füße«, sagte er zu ihr, als die Kabine sich in Bewegung gesetzt hatte.
»Wie bitte?«, sagte die Frau.
»Ich sagte, wie ich sehe, schauen Sie auf meine Füße.«
»Wie bitte? Zufällig schaue ich auf den Fußboden«, sagte die Frau, den Blick auf die Kabinentür.
»Wenn Sie auf meine Füße schauen wollen, brauchen Sie es nur zu sagen«, sagte der junge Mann. »Aber machen Sie es nicht so verdammt heimlich.«
»Lassen Sie mich bitte aussteigen«, sagte die Frau rasch zu der jungen Frau, die den Aufzug bediente.
Die Aufzugtüren gingen auf, und die Frau stieg aus, ohne sich noch einmal umzudrehen.
»Ich habe zwei normale Füße, ich sehe nicht den mindesten verdammten Grund, dass
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