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J.D.SALINGER Neun Erzählungen

Titel: J.D.SALINGER Neun Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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«
    »Haben Sie auch in der Flugzeugfabrik gearbeitet?«, fragte Ginnie.
    »Gott, ja. Jahre und Jahre und Jahre. Reden wir bitte nicht darüber.«
    »Haben Sie auch ein schwaches Herz?«
    »Um Himmels willen, nein. Toi, toi, toi .« E r klopfte dreimal auf die Armlehne seines Stuhls. »Ich habe die Konstitution eines – «
     
    Als Selena hereinkam, stand Ginnie rasch auf und ging ihr auf halbem Weg entgegen. Selena hatte ihre Shorts gegen ein Kleid getauscht, was Ginnie normalerweise geärgert hätte.
    »Entschuldige, dass ich dich habe warten lassen«, sagte Selena, »aber ich musste warten, bis Mutter aufwachte . … Hallo Eric.«
    »Hallo, hallo!«
    »Ich will das Geld sowieso nicht«, sagte Ginnie, und zwar so leise, dass sie nur von Selena zu hören war.
    »Was?«
    »Ich hab nachgedacht. Schließlich bringst du ja die Tennisbälle und so weiter mit, die ganze Zeit. Das hab ich vergessen.«
    »Aber du hast doch gesagt, weil ich nichts dafür bezahlen müsste – «
    »Bring mich zur Tür«, sagte Ginnie und ging voraus, ohne sich von Eric zu verabschieden.
    »Aber ich dachte, du hast gesagt, du wolltest heute Abend ins Kino und du brauchtest das Geld und so weiter!«, sagte Selena im Flur.
    »Ich bin zu müde«, sagte Ginnie. Sie bückte sich und nahm ihre Tennissachen. »Hör zu. Ich ruf dich nach dem Abendessen an. Machst du heute Abend was Besonderes? Vielleicht kann ich ja vorbeikommen.«
    Selena machte große Augen und sagte »Okay«.
    Ginnie öffnete die Wohnungstür und ging zum Fahrstuhl. Sie drückte auf die Klingel. »Ich habe deinen Bruder kennengelernt«, sagte sie.
    »Ehrlich? Ist das nicht ein komischer Kerl?«
    »Was macht er überhaupt?«, fragte Ginnie beiläufig. »Arbeitet er oder so?«
    »Er hat gerade gekündigt. Daddy will, dass er wieder aufs College geht, aber er will nicht.«
    »Warum denn nicht?«
    »Keine Ah nung. Er findet sich zu alt und so weiter.«
    »Wie alt ist er denn?«
    »Keine Ah nung. Vierundzwanzig.«
    Die Fahrstuhltür ging auf. »Ich ruf dich später an!«, sagte Ginnie.
    Draußen wandte sie sich nach Westen Richtung Lexington, um dort den Bus zu nehmen. Zwischen Third und Lexington griff sie in die Manteltasche nach ihrer Geldbörse und fand die Sandwichhälfte. Sie zog sie heraus und senkte schon den Arm, um das Sandwich auf die Straße zu werfen, stattdessen aber steckte sie es wieder in die Tasche. Einige Jahre zuvor hatte sie drei Tage gebraucht, um das Osterküken wegzuwerfen, das sie tot in den Sägespänen auf dem Boden ihres Mülleimers gefunden hatte.
     
     
     
     
     
    DER LACHENDE MANN
     
    1928 , da war ich neun, gehörte ich mit höchstem Korpsgeist einer Organisation an, die Komantschen - Klub hieß. An jedem Schultag wurden fünfundzwanzig von uns Komantschen nachmittags von unserem Häuptling vor dem Jungenausgang der Public School 165 in der 109th Street nahe der Amsterdam Avenue abgeholt. Dann drängelten und rempelten wir uns in den umgebauten Bus des Häuptlings, der uns (gemäß seiner finanziellen Abmachung mit unseren Eltern) zum Central Park fuhr. Während des übrigen Nachmittags spielten wir, wenn die Witterung es zuließ, Football, Fußball oder Baseball, je nach Saison (was aber locker gehandhabt wurde). Regnete es, ging der Häuptling mit uns ausnahmslos ins Museum of Natural History oder ins Metropolitan Museum of Art.
    An Samstagen und den meisten nationalen Feiertagen holte uns der Häuptling schon morgens bei unseren diversen Häusern ab und fuhr uns in seinem schrottreifen Bus aus Manhattan hinaus in die vergleichsweise weiten Flächen des Van Cortlandt Park oder der Palisades. Stand uns der Sinn nach richtigem Sport, fuhren wir zum Van Cortlandt, wo die Spielfelder Normgröße hatten und wo zur gegnerischen Mannschaft kein Kinderwagen und auch keine gereizte alte Dame mit Stock gehörten. Hatten wir uns Kampieren in unseren Komantschen - Kopf gesetzt, ging’s rüber in die Palisades, und wir machten auf spartanisch. (Ich weiß noch, wie ich mich an einem Samstag irgendwo i n dem unübersichtlichen Gelände zwischen dem Linit - Plakat und dem westlichen Ende der George Washington Bridge verlaufen hatte. Ich behielt allerdings die Ruhe. Ich setzte mich einfach in den majestätischen Schatten einer riesigen Reklametafel und klappte, wenn auch weinerlich, meine Lunchbox auf, halb im Vertrauen, dass der Häuptling mich finden würde. Der Häuptling fand uns immer.)
    In den Stunden, in denen der Häuptling von den Komantschen befreit war,

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