J.D.SALINGER Neun Erzählungen
habe – Du weißt, was ich meine. Ich weiß auch nicht. Oder ich denke an – lieber Gott, ist das pein lich – , ich denke an dieses verdammte Gedicht, das ich ihr geschickt habe, ganz am Anfang, als wir miteinander gegangen sind. › Rosenrot ich bin und weiß, Hübsch mein Mund, die Augen grün ‹ . Lieber Gott, ist das peinlich – das hat mich mal an sie erinnert . Sie hat gar keine grünen Augen – sie hat Augen wie verdammte Muscheln , Herrgott – aber trotzdem hat es mich an sie erinnert … ich weiß auch nicht. Was soll das Gerede? Ich verlier den Verstand. Leg doch auf, warum legst du nicht auf? Im Ernst.«
Der grauhaarige Mann räusperte sich und sagte: »Ich habe nicht die Absicht aufzulegen, Arthur. Ich hätte nur ein – «
»Einmal hat sie mir einen Anzug gekauft. Von ihrem eigenen Geld. Hab ich davon erzählt?«
»Nein, ich – «
»Sie ist einfach zu Tripler’s rein, glaube ich, und hat ihn gekauft. Ich war nicht mal dabei. Ich meine, sie hat ein paar verdammt nette Züge. Das Komische daran war, dass er mir gar nicht übel gepasst hat. Ich musste ihn nur ein klein wenig im Schritt enger machen und kürzen lassen die Hose. Ich meine, Joanie hat schon ein paar verdammt nette Züge.«
Der grauhaarige Mann horchte noch einen Moment. Dann drehte er sich abrupt zu der jungen Frau um. Der Blick, den er ihr, wenn auch nur kurz, zuwarf, teilte ihr voll und ganz mit, was am anderen Ende der Leitung plötzlich geschah. »Also, Arthur. Hör zu. Das bringt doch nichts. Im Ernst. Hör jetzt zu. Ich sage das in aller Aufrichtigkeit. Willst du dich nicht ausziehen und ins Bett gehen wie ein braver Junge? Und dich entspannen? Bestimmt ist Joanie dann auch in ungefähr zwei Minuten da. Du willst doch wohl nicht, dass sie dich so sieht? Wahrscheinlich kommen auch die blöden Ellenbogens mit ihr reingeschneit. Du willst doch nicht, dass diese ganze Blase dich so sieht, oder ?«
E r horchte. »Arthur? Hörst du mich?«
»Gott, ich halte dich die ganze Nacht wach. Alles, was ich mache, geht – «
»Du hältst mich nicht die ganze Nacht wach«, sagte der grauhaarige Mann. »Denk doch so was nicht. Ich habe dir schon mal gesagt, im Durchschnitt schlafe ich vier Stunden die Nacht. Was ich aber gern täte , wenn das menschenmöglich wäre, ich würde dir gern helfen, Junge .«
E r horchte. »Arthur? Bist du noch dran?«
»Ja. Ich bin dran. Hör zu. Ich habe dich jetzt eh die ganze Nacht wach gehalten. Könnte ich nicht auf ein Glas zu dir kommen? Würde das gehen?«
Der grauhaarige Mann richtete sich auf, legte sich die freie Hand flach auf den Kopf und sagte: »Du meinst, jetzt?«
»Ja. Ich meine, wenn es dir recht ist. Ich bleib auch nur kurz. Ich möchte mich nur gern irgendwo hinsetzen und – ich weiß auch nicht. Wär dir das recht?«
»Ja schon, aber der Punkt ist, ich finde, du solltest das nicht machen, Arthur«, sagte der grauhaarige Mann und ließ die Hand vom Kopf sinken. »Ich meine, von mir aus kannst du wirklich gern kommen, aber ich finde ehrlich, du solltest jetzt abwarten und dich entspannen, bis Joanie angetanzt kommt. Ganz ehrlich. Am besten ist es doch, wenn du da bist, wenn Joanie angetanzt kommt. Stimmt’s oder hab ich recht?«
»Ja. Ich weiß auch nicht. Ich schwör’s bei Gott, ich weiß es nicht.«
»Tja, aber ich, ganz ehrlich«, sagte der grauhaarige Mann. »Sieh mal. Leg dich doch jetzt einfach ins Bett und entspann dich, und später, wenn dir danach ist, rufst du mich an. Ich meine, wenn dir nach Reden ist. Und mach dir keine Sorgen . Das ist die Hauptsache. Hörst du? Machst du das jetzt?«
»Na gut.«
Der grauhaarige Mann hielt den Hörer noch eine Weile ans Ohr, dann ließ er ihn auf die Gabel sinken.
»Was hat er gesagt?«, fragte die junge Frau ihn sofort.
Er nahm seine Zigarette aus dem Aschenbecher – das heißt, wählte eine aus einer Ansammlung gerauchter und halb gerauchter Zigaretten. Er zog daran und sagte: »Er wollte auf ein Glas herkommen.«
»Gott! Was hast du gesagt?«, fragte die junge Frau.
»Hast du doch gehört«, sagte der grauhaarige Mann und sah sie an. »Du hast es doch gehört. Oder ?«
E r drückte die Zigarette aus.
»Du warst wunderbar. Ganz großartig«, sagte die junge Frau und musterte ihn. »Gott, ich komme mir ganz mies vor!«
»Tja«, sagte der grauhaarige Mann, »eine harte Situation. Ich weiß nicht, wie großartig ich war.«
»Das warst du. Du warst wunderbar«, sagte die junge Frau. »Ich bin schlapp . Ich bin absolut
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