Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

J.D.SALINGER Neun Erzählungen

Titel: J.D.SALINGER Neun Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
Vom Netzwerk:
Schauspielerin, Schrift s tellerin , Psychoana l ytikerin , dem rundum verdammten ungewürdigten Star - Genie in New York. Lieber Gott, das ist ja so komisch, ich könnte mir die Kehle durchschneiden. Madame Bovary an der Columbia Extension School. Madame – «
    »Wer?«, fragte der grauhaarige Mann etwas verärgert.
    »Madame Bovary belegt einen Kurs in Fernsehkritik. Gott, wenn du wüsstest, wie – «
    »Schon gut, schon gut. Du siehst doch sicher, dass das zu nichts führt«, sagte der grauhaarige Mann. Er drehte sich um und machte der jungen Frau ein Zeichen, zwei Finger am Mund, dass er eine Zigarette wollte. »Erstens«, sagte er in den Hörer, »bist du für einen verflucht intelligenten Kerl ungefähr so taktlos, wie es nur menschenmöglich ist .« E r richtete sich auf, sodass die junge Frau hinter ihm an die Zigaretten kam. »Das ist mein Ernst. Das zeigt sich in deinem Privatleben, das zeigt sich in deinem – «
    »Grips. O Gott, das bringt mich um! Großer Gott! Hast du je gehört, wie sie jemanden beschreibt – einen Mann, meine ich? Irgendwann mal, wenn du nichts zu tun hast, dann tu mir den Gefallen und sag ihr, sie soll dir einen Mann beschreiben. Jeden Mann, den sie sieht, beschreibt sie als schrecklich attraktive Das kann der älteste, popeligste, schmierigste – «
    »Schon gut, Arthur«, sagte der grauhaarige Mann scharf. »Das führt doch zu nichts. Zu gar nichts .«
    E r bekam von der jungen Frau eine angezündete Zigarette. Sie h atte zwei angezündet. »Ach, nebenbei bemerkt«, sagte er und stieß den Rauch durch die Nasenlöcher aus, »wie ist es heute bei dir gelaufen?«
    »Was?«
    »Wie ist es heute bei dir gelaufen?«, wiederholte der grauhaarige Mann. »Wie ist die Verhandlung ausgegangen?«
    »Lieber Gott! Keine Ahnung. Beschissen. Ungefähr zwei Minuten, bevor ich mein Plädoyer halten will, lässt dieser Anwalt des Klägers, Lissberg, so ein verrücktes Zimmermädchen mit einem Haufen Bettlaken als Beweis antanzen – alle voller Wanzenflecken. Lieber Gott!«
    »Und was dann? Hast du verloren?«, fragte der grauhaarige Mann und zog an der Zigarette.
    »Weißt du, wer der Richter war? Dieser Scheiß - Vittorio. Was dieser Kerl gegen mich hat, das möchte ich mal wissen. Ich kann kaum den Mund aufmachen, schon fällt er über mich her. Mit so einem Kerl kann man nicht vernünftig reden. Unmöglich.«
    Der grauhaarige Mann drehte den Kopf, um zu sehen, was die junge Frau machte. Sie hatte den Aschenbecher genommen und stellte ihn gerade zwischen sie. »Dann hast du also verloren, oder was?«, sagte er in den Hörer.
    »Was?«
    »Ich sagte: Hast du verloren?«
    »Ja. Ich wollte es dir schon erzählen. Auf der Party hatte ich bei dem Lärm keine Gelegenheit dazu. Glaubst du, der Junior geht an die Decke? Nicht dass es mich einen Dreck schert, aber was meinst du? Glaubst du das?«
    Mit der linken Hand formte der grauhaarige Mann die Asche seiner Zigarette am Rand des Aschenbechers. »Ich glaube nicht, dass er unbedingt an die Decke geht, Arthur«, sagte er ruhig. »Alles spricht aber unbedingt dafür, dass er n icht eben überglücklich sein wird. Weißt du, wie lange wir uns mit diesen drei blöden Hotels befasst haben? Der alte Shanley selbst hat das ganze – «
    »Ich weiß, ich weiß. Der Junior hat es mir bestimmt fünfzig Mal erzählt. Es ist eine der schönsten Geschichten, die ich in meinem ganzen Leben gehört habe. Na gut, dann habe ich den verdammten Prozess also verloren. Erstens war es nicht meine Schuld. Erst piesackt mich Vittorio, dieser Irre, den ganzen Prozess hindurch. Dann verteilt dieses schwachköpfige Zimmermädchen Laken voller Wanzen – «
    »Niemand sagt, dass es deine Schuld ist, Arthur«, sagte der grauhaarige Mann. »Du hast mich gefragt, ob der Junior an die Decke geht. Ich habe dir einfach eine ehrliche – «
    »Ich weiß – das weiß ich . … Ich weiß auch nicht. Was sol l ’s. Vielleicht geh ich ja eh wieder zur Army. Hab ich dir davon schon erzählt?«
    Der grauhaarige Mann hatte den Kopf zu der jungen Frau gedreht, vielleicht, um ihr zu zeigen, wie geduldig, ja stoisch seine Miene war. Doch die junge Frau bekam es nicht mit. Sie hatte gerade mit dem Knie den Aschenbecher umgestoßen und fegte die verschüttete Asche nun rasch mit den Fingern zu einem kleinen Aufnehmhäufchen zusammen; sie hob den Blick eine Sekunde zu spät. »Nein, Arthur«, sagte er in den Hörer.
    »Ja. Könnte sein. Weiß noch nicht. Natürlich bin ich nicht wild darauf, und

Weitere Kostenlose Bücher